Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beschluss Nr. 78/2011 des gemeinsamen EWR-Ausschusses
(Richtlinie 2009/138/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2009 betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II))
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Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union haben im November 2009 die Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) erlassen. Die Richtlinie ist bis zum 31. Oktober 2012 in liechtensteinisches Recht umzusetzen.
Der risikoorientierte Ansatz von Solvabilität II bringt eine weitgehende Änderung der Aufsichtsprozesse und -instrumente sowie eine grundlegende Neuausrichtung bei der Berechnung der Eigenmittelanforderungen von Versicherungsunternehmen. Mit Solvabilität II werden die bisherigen europäischen Versicherungsrichtlinien aufgehoben und aus Gründen der Klarheit neu gefasst.
Zum besseren Schutz der Versicherungsnehmer beinhalten die neuen Regelungen Solvabilitätsanforderungen, welche sich an den Risiken orientieren, welchen ein Versicherungsunternehmen ausgesetzt ist. Im Gegensatz zum derzeitigen Richtlinienrecht wird die geforderte Kapitalausstattung von beaufsichtigten Versicherungsunternehmen somit stärker von der eigenen Risikostruktur abhängig gemacht. Die Berechnung der Solvenzkapitalanforderung hat unter dem neuen System aufgrund einer Standardformel oder auf der Basis eines von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden internen Modelles zu erfolgen.
Solvabilität II umfasst zudem erhöhte Anforderungen an das Governance-System von Versicherungsunternehmen. Ein wirksames Governance-System beinhaltet gemäss Richtlinie insbesondere das Risikomanagement, die Compliance-Funktion, die interne Revision und die versicherungsmathematische Funktion. Eine effektive Governance hat im Hinblick auf die Wesensart, den Umfang und die Komplexität des Unternehmens angemessen zu sein.
Eine Modernisierung und Vereinheitlichung des Berichtswesens sowie Vorschriften zur Berichterstattung und Offenlegung sowohl gegenüber der Öffentlichkeit als auch gegenüber der Aufsicht, die zu Markttransparenz und Marktdisziplin beitragen sollen, sind im Weiteren Inhalt von Solvabilität II.
Im Interesse eines reibungslos funktionierenden Binnenmarktes beinhaltet die Richtlinie zudem überarbeitete Regelungen für die Beaufsichtigung von Versiche-
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rungsgruppen. Massnahmen zur Beaufsichtigung von Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen einer Gruppe sollen den Aufsichtsbehörden eine fundierte Beurteilung der finanziellen Situation einer Gruppe ermöglichen und das neue Gruppenaufsichtssystem effizienter gestalten.
Zuständiges Ressort
Ressort Finanzen
Betroffene Behörde
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
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Vaduz, 6. September 2011
RA 2011/2183-7464
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Beschluss Nr. 78/2011 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 01.07.2011 zu unterbreiten.
Am 01.07.2011 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, die Richtlinie 2009/138/EG betreffend die Aufnahme und Ausübung der Versicherungs- und der Rückversicherungstätigkeit (Solvabilität II) in das EWR-Abkommen zu übernehmen.
Die Richtlinie sieht eine Frist bis 31. Oktober 2012 vor, innerhalb derer die Mitgliedstaaten ihre nationalen Vorschriften zu erlassen haben, um der vorliegenden Richtlinie zu entsprechen.
Anzumerken ist, dass seit Januar 2011 die von der EU gegründeten drei neuen europäischen Aufsichtsbehörden (ESAs) und ein europäischer Ausschuss für Systemrisiken (ESRB) die bisherigen Aufsichtsausschüsse ersetzen. Für den Bereich
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Versicherung und Renten ersetzt EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) den Ausschuss CEIOPS (Ausschuss der Europäischen Aufsichtsbehörden für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung). Im Zusammenhang mit der Gründung der neuen Aufsichtsbehörden hat die Europäische Kommission im Januar 2011 einen Richtlinienvorschlag angenommen: Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinien 2003/71/EG und 2009/138/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung und der Europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde (Omnibus-II-Richtlinie, KOM(2011) 8 endgültig). Der Omnibus-II-Richtlinienvorschlag beinhaltet eine Konkretisierung der Befugnisse der neuen Aufsichtsbehörden.
Im Weiteren erfolgen im Rahmen von Omnibus II Änderungen an der Solvabilität-II-Richtlinie. Zur Sicherstellung eines reibungslosen Übergangs in das neue Solvabilität II Regime soll insbesondere die Umsetzungsfrist um zwei Monate verlängert werden (31. Dezember 2012). Darüber hinaus soll die Kommission die Möglichkeit erhalten, bei Bedarf Übergangsmassnahmen in bestimmten Bereichen zu erlassen, um Marktstörungen zu vermeiden. Aufgrund des vorliegenden Entwurfes der Omnibus-II-Richtlinie, welche voraussichtlich im April/Mai 2012 in Kraft treten wird, ist daher davon auszugehen, dass sich die Umsetzungsfrist von Solvabilität II auf 31. Dezember 2012 verschieben wird.