Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2012 / 30
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des Gesetzes über die Schulzahnpflege  
 
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Die bisher erzielten Erfolge der Schulzahnpflege sollen durch eine Ausweitung des Geltungsbereiches vom 4. bis zum 18. Lebensjahr in Form der Kinder- und Jugendzahnpflege weitergeführt und optimiert werden. Angesichts der sehr grosszügigen Landesbeiträge von bisher 50 %, der Sparbemühungen sowie der Tatsache, dass auf Grund der direkten Kausalität durch individuelles Verhalten Zahnschäden direkt und nachhaltig beeinflusst werden können, wird eine Reduktion der Beiträge des Landes an die Kinder- und Jugendzahnpflege auf 40 % als vertretbar angesehen.
Da bei der Mehrzahl der Artikel des geltenden Schulzahnpflegegesetzes Abänderungsbedarf besteht, sah sich die Regierung veranlasst, eine Totalrevision vorzunehmen.
Zuständiges Ressort
Ressort Gesundheit
Betroffene Amtsstelle
Amt für Gesundheit
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Vaduz, 03. April 2012
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des Gesetzes über die Schulzahnpflege an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Mit dem Gesetz über die Schulzahnpflege wurde bereits im Jahre 1964 der Grundstein für die Verbesserung der Zahngesundheit gelegt. Das derzeit geltende Schulzahnpflegegesetz stammt aus dem Jahre 1980 und hat zwischenzeitlich mehrfache Abänderungen erfahren. Sowohl der gesundheits- als auch gesellschaftspolitische Wandel waren in den letzten 40 Jahren unverkennbar. Der Schulzahnpflege resp. der zahnmedizinischen Prophylaxe wurde in Liechtenstein aus volksgesundheitlichen Gründen grosse Bedeutung zugemessen, sie erreichte ein hohes Niveau. Die Schulzahnpflege umfasste zunächst lediglich konservierende Behandlungen, der Bereich Kieferorthopädie kam zu Beginn der Achtzigerjahre dazu. Anfangs war ein sehr hoher Kariesbefall bei Kindern und Jugendlichen feststellbar.
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Im Verlaufe der Jahre wurde diverse Anpassungen im Bereich der Schulzahnpflege gemacht: Im Jahre 1994 wurden die Reihenuntersuchungen in den Schulen durch individuelle Untersuchungen in den Zahnarztpraxen ersetzt.
Im Zuge der Aufgabenentflechtung zwischen Land und Gemeinden und der damit verbundenen Abänderung des Gesetzes über die Schulzahnpflege wurde seit dem 1. Januar 2006 der bisher 50 %-ige Subventionsanteil der jeweiligen Schulträger an den Untersuchungs- und Behandlungskosten an das Land übertragen (Schulträger im Kindergarten- und Primarschulbereich waren die Gemeinden, bei den weiterführenden Schulen das Land).
Das Schulzahnpflegeheft mit Behandlungsdokumentation wurde durch ein Administrativdokument ersetzt, was eine Vereinfachung der Administration bezweckte. Mit Beginn des Schuljahres 2007/2008 wurde die administrative Zuständigkeit der Schulzahnpflege vom Ressort Bildungswesen (Schulamt) zum Ressort Gesundheit (Amt für Gesundheit) verlagert. Durch diesen Transfer wurde ermöglicht, dass der administrative Ablauf vom Zyklus des Schuljahres abgekoppelt werden kann.
In Liechtenstein werden bisher mit Eintritt in den Kindergarten alle in Liechtenstein wohnhaften Kinder von der Schulzahnpflege erfasst und für die Dauer der gesetzlichen Schulpflicht betreut. Zielsetzung ist es, für alle Kinder und Jugendlichen eine adäquate zahnärztliche Betreuung zu gewährleisten. An den anfallenden Behandlungskosten beteiligt sich das Land mit 50 %. Die verbleibenden 50 % gehen zu Lasten der Erziehungsberechtigten. Für Korrekturbehandlungen von Zahnfehlstellungen gilt dies nur unter bestimmten fallspezifischen Voraussetzungen.
Was die zahnärztliche Betreuung im Rahmen der Schulzahnpflege betrifft, sollen alle Kinder einmal pro Schuljahr zahnärztlich untersucht werden, damit eventuel-
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le Schäden an den Zähnen rechtzeitig erkannt, repariert und sinnvolle Prophylaxemassnahmen mit den Eltern besprochen werden können. Die Durchführung dieser zahnärztlichen Untersuchung sowie einer eventuell notwendigen zahnärztlichen Behandlung wird mit einem Anmeldeformular organisiert und dokumentiert.
In der Regel zu Beginn des Schuljahres erhalten die Eltern dieses Anmeldeformular zugestellt und können einen Zahnarzt mit einer Berufsausübungsbewilligung in Liechtenstein ihrer Wahl eintragen und diesen Entscheid mit ihrer Unterschrift bestätigen. Das Anmeldeformular ist beim Amt für Gesundheit abzugeben. Dort werden die Daten registriert und dann an die entsprechende Zahnarztpraxis weitergeleitet. Die Zahnarztpraxen kontaktieren nun telefonisch oder auch schriftlich die Eltern, um einen Termin für die zahnärztliche Untersuchung zu vereinbaren.
Jeder zahnärztlichen Leistung ist eine Anzahl von Taxpunkten zugeordnet. Diese Anzahl Taxpunkte wird mit dem Taxpunktwert multipliziert und ergibt so den Preis der einzelnen Leistung. Die grundsätzliche Bewertung einer Leistung mit Taxpunkten basiert auf dem Schwierigkeitsgrad und dem Zeitaufwand. Je nach Umfang und Schwierigkeitsgrad einer Behandlung sieht der Tarif für die entsprechende Leistung eine bestimmte vorgegebene Taxpunktanzahl vor.
Der für die Abrechnung der Zahnarztpraxen massgebliche Taxpunktwert gemäss der geltenden Verordnung vom 25. Oktober 1994 über Taxpunktwerte in der Schulzahnpflege wurde seit Beginn des Schuljahres 1994/95 unverändert beibehalten. Für die Abrechnung konservierender Leistungen ist seither gleichbleibend ein Taxpunktwert von CHF 3.00, für kieferorthopädische Leistungen CHF 3.20 festgelegt.
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Die anfallenden Kosten für konservierende Behandlungen sind seit Jahren stabil, für kieferorthopädische Behandlungen hingegen stark gestiegen. Im Schuljahr 2008/2009 betrug die Subvention für konservierende Zahnbehandlungen rund CHF 370'000, bei total 4'245 behandelten Schülern, was einen Durchschnittskostenbeitrag des Landes von CHF 87 pro Schüler ausmacht. Für 2'165 behandelte Schüler in der Kieferorthopädie werden die Landesbeiträge im Schuljahr 2008/2009 mit knapp CHF 721'000 beziffert, wobei der durchschnittliche Subventionsanteil des Landes folglich CHF 333 beträgt. Im Vergleich hierzu machte der Landesbeitrag im Schuljahr 2000/2001 knapp CHF 481'444 - unter Zugrundelegung von 1831 Behandlungsfällen - aus, woraus effektive Pro-Kopf-Kosten von CHF 263 resultierten.
Dank der konsequenten Durchführung, der Effizienz und Zweckmässigkeit der Organisation der liechtensteinischen Schulzahnpflege sowie der zweifelsohne beachtlichen Finanzierungsbeiträge des Landes kann durchaus von einer Erfolgsgeschichte gesprochen werden. Erhebungen im Jahre 1999 haben ergeben, dass der Kariesbefall bei Schülern von 1977 bis 1997 um 75 % gesunken ist. Dies übertraf bei weitem das Ziel der WHO für das Jahr 2000. Seither ist eine Entwicklung auf gleich hohem Niveau feststellbar.
Durch das Zusammenspiel verschiedener aufeinander abgestimmter Massnahmen (zahnschonende Ernährung, Prophylaxe, verbesserte Mundhygiene, gezielte Fluoridanwendung und regelmässige mindestens jährliche Zahnarztuntersuchungen) konnten sehr positive Effekte auf die Zahngesundheit der schulpflichtigen Kinder erreicht werden.
Situation der Schulzahnpflege in der Schweiz
Die Schulzahnpflege in der Schweiz zeigt in den meisten Kantonen, so auch in unseren Nachbarkantonen, folgendes Grundgerüst:
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Die Durchführung liegt bei den Gemeinden, sie tragen auch den grössten Teil der anfallenden öffentlichen Kosten.
Die Gemeinde bestimmt einen oder mehrere Schulzahnärzte, bei dem/ denen die schulpflichtigen Kinder zu einer jährlichen Untersuchung aufgeboten werden. Diese Kosten übernimmt die Gemeinde. Die Eltern können diese Untersuchung auch bei einem von ihnen bestimmten Privatzahnarzt machen lassen, sie müssen die Kosten dann selbst tragen.
Die Kosten für eine eventuell notwendige Behandlung, und zwar konservierende und kieferorthopädische, müssen gänzlich von den Eltern getragen werden, auch wenn diese Behandlung beim Schulzahnarzt durchgeführt wird (Ausnahme: Sozialhilfefälle).
Fehlstellungsanomalien, die als Geburtsgebrechen akzeptiert sind, werden von der IV übernommen; von der Krankenkasse jene Krankheiten des Kauorgans, welche gemäss des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) zu übernehmen sind. (Dies gilt auch für Liechtenstein, wobei sich die Kriterien bei der IV leicht von jenen der Schweiz unterscheiden. Bezüglich des KVG gelten die gleichen Kriterien).
Die Gemeinde bestimmt Schulzahnpflegehelferinnen, welche in den einzelnen Schulklassen in einem bestimmten Turnus Lektionen über Zahnpflege erteilen, sowie mit den Kindern das richtige Zähneputzen einüben. (In Liechtenstein sind beim Amt für Gesundheit zwei Schulzahnpflegehelferinnen mit insgesamt 30 Stellenprozenten angestellt, welche einmal jährlich in den Kindergärten und Primarschulklassen über richtige Ernährung, Zahnpflege sowie Fluoridanwendung aufklären).
Aus Kostengründen wird die Unterstützung der Schulzahnpflege durch die öffentliche Hand in der Schweiz reduziert.
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Im Vergleich dazu unterstützt das Modell der liechtensteinischen Schulzahnpflege mit seiner Kostenbeteiligung offenkundig viel weitergehender eine individuelle zahnmedizinische Betreuung der Schulkinder.
Situation der Schulzahnpflege in Österreich
Das Krankenversicherungsgesetz in Österreich, in welchem zum Teil auch Zahnbehandlungen eingeschlossen sind, unterscheidet sich grundlegend von der Situation in Liechtenstein. Es besteht bislang auch kein strukturiertes und flächig organisiertes Schulzahnpflegemodell nach Schweizer Vorbild, so dass bis jetzt eine Orientierung dorthin nicht stattgefunden hat.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2012 / 343
Landtagssitzungen
26. April 2012
Stichwörter
Schul­zahn­pfle­ge­setz, Totalrevision