Bericht und Antrag der Regierung des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gemeindegesetzes, des Volksrechtegesetzes und weiterer Gesetze
Das heutige Gemeindegesetz vom 20. März 1996, LGBl. 1996 Nr. 76 (GemG) und das geltende Gesetz über die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten (Volksrechtegesetz) vom 17. Juli 1973, LGBl. 1973 Nr. 50 (VRG), welche in den letzten Jahrzehnten punktuell angepasst wurden, entsprechen in einigen Punkten nicht mehr den Anforderungen an ein modernes Gemeinde- bzw. Volksrechtegesetz. Aus diesem Grund hat eine von der Regierung und der Konferenz der Gemeindevorsteher eingesetzte Arbeitsgruppe beide Gesetze auf deren aktuellen Änderungsbedarf hin überprüft. Die Ergebnisse zeigten, dass an der Grundstruktur des geltenden Gemeindegesetzes sowie des Volksrechtegesetzes festgehalten werden soll, dass aber sowohl ein gewisser materieller als auch organisatorischer Abänderungsbedarf besteht.
Weiters folgte die Regierung einer Anregung des Fürstlichen Landgerichtes, wonach es angezeigt war zum einen Art. 19 und 20 des Gesetzes betreffend die Abänderung des Strafrechtes, der Strafprozessordnung und ihrer Nachtrags- und Nebengesetze, LGBl. 1922/21 (Einstellung im Stimm- und Wahlrecht) zu überprüfen, und zum anderen auch die Terminologie des Art. 2 VRG (Ausschluss vom Stimmrecht) entsprechend anzupassen. Zudem ist dem Urteil des StGH 2011/23 vom 18. Mai 2011 in Bezug auf die Verfassungswidrigkeit des bisherigen Art. 2 Bst. b VRG Rechnung getragen worden.
Die Vorlage zur Abänderung des Gemeindegesetzes und des Volksrechtegesetzes sowie weiterer Gesetze weist folgende Schwerpunkte auf:
Gemeindegesetz:
Künftig können die Gemeinden individuell festlegen, ob die Beschlussfassung über den Erlass von Reglementen betreffend ortspolizeilicher Vorschriften, die Rechte und Pflichten mit Strafsanktionen begründen, in die Zuständigkeit der Gemeindeversammlung oder des Gemeinderates fällt. Diese Zuständigkeit lag bis anhin alleine bei der Gemeindeversammlung;
Damit die Initiative nicht (mehr) zum Widerruf bereits rechtskräftiger Verwaltungsakte verwendet werden kann, soll Art. 42 GemG entsprechend abgeändert werden;
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Zum einen soll die Wahl des Gemeinderates von Januar oder Februar neu im März und zum anderen der Amtsantritt der Gemeinderäte und des Gemeindevorstehers auf 1. Mai des Wahljahres festgesetzt werden, somit innerhalb von vier bis acht Wochen nach erfolgter Wahl;
Die Ausgabekompetenz der Gemeindevorsteher soll geringfügig angepasst werden indem die Mindestausgabekompetenz des Gemeindevorstehers von bisher CHF 5'000.-- auf neu CHF 10'000.-- angehoben werden soll.;
Sowohl für den Gemeindevorsteher als auch für die Kandidaten des Gemeinderates sollen die Fristen, wonach spätestens 4 Wochen vor dem Wahltag der Wahlkommission ein schriftlicher Wahlvorschlag namhaft gemacht werden muss, um 2 Wochen erweitert werden.
Volksrechtegesetz:
Dem Urteil des StGH 2011/23 vom 18. Mai 2011 in Bezug auf die aufgezeigte Verfassungswidrigkeit von Art. 2 Bst. b VRG ist Rechnung getragen und Bst. b entsprechend materiellrechtlich angepasst worden;
Abstimmungen und Wahlen sollen künftig nur noch an einem Sonntag stattfinden;
Die Stimmabgabe sowie die diesbezügliche Prüfung in Bezug auf die Wahl- und Abstimmungshandlungen sowie Sicherungsmassnahmen ist exakter formuliert worden;
Künftig sind sowohl für Wahlen als auch für Abstimmungen in den Wahllokalen Wahlzellen aufzustellen.
Zuständiges Ressort
Ressort Inneres
Betroffene Amtsstellen
Regierungskanzlei
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Vaduz, 29. Mai 2012
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gemeindegesetzes, des Volksrechtegesetzes und weiterer Gesetze zu unterbreiten.
Das heutige Gemeindegesetz sowie das Volksrechtegesetz stammen aus dem Jahre 1996 bzw. 1973. Beide Gesetze stellten die ersten umfassenden Regelungen der Gemeindeorganisation sowie der Ausübung von politischen Volksrechten in Landesangelegenheiten dar. Sie wurden zwar in den zurückliegenden Jahren (Gemeindegesetz 1997, 1998, 2004, 2007, 2008 und 2009; Volksrechtegesetz 1974, 1978, 1985, 1988, 1992, 1995, 1996, 2000, 2004 und 2008) in verschiedenen Punkten angepasst, sie entsprechen jedoch in einigen Punkten nicht mehr den heutigen Anforderungen an ein modernes Gemeinde- bzw. Volksrechtegesetz. Aus diesem Grund wurden beide Gesetze durch eine von der Regierung und der Konferenz der Gemeindevorsteher eingesetzten Arbeitsgruppe auf dessen
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aktuellen Änderungsbedarf hin überprüft und auf Grund der gewonnenen Erkenntnisse ist der vorliegende Gesetzesentwurf gemeinsam ausgearbeitet worden.