Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Verwalter Alternativer Investmentfonds (AIFMG) und anderer Gesetze
Der Liechtensteinische Landtag hat in seiner Sitzung vom 19. Dezember 2012 das Gesetz über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) verabschiedet. Die Referendumsfrist ist ungenutzt verstrichen und die Publikation des AIFMG ist am 8. Februar 2013 (LGBl. 2013 Nr. 49) erfolgt. Das AIFMG tritt nach Art. 190 am 22. Juli 2013 vorbehaltlich Art. 189 in Kraft. Nach Art. 189 AIFMG ist es einem AIFM möglich, seinen Zulassungsantrag sowie Anträge auf Autorisierung oder Zulassung von alternativen Investmentfonds (AIF) bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) seit dem 1. April 2013 zu stellen. Die Zulassung oder Autorisierung gilt frühestens ab dem Inkrafttreten des Gesetzes (22. Juli 2013).
Das AIFMG unterstellt die Verwalter von alternativen Investmentfonds (AIFM) sowie andere Zulassungsträger (Administrator, Risikomanager, Vertriebsträger) einem Aufsichtssystem und regelt deren Tätigkeiten, unter anderem auch deren Zusammenarbeit mit anderen Dienstleistern. Es regelt aber auch die Kooperation der FMA mit anderen EWR-Aufsichtsbehörden. Gleichzeitig dient das AIFMG dem Schutz der Anleger, der Sicherung des Vertrauens in den liechtensteinischen Fondsplatz, der Stabilität des Finanzsystems und in diesem Sinne auch der Umsetzung der Richtlinie 2011/61/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8. Juni 2011 über die Verwalter alternativer Investmentfonds und zur Änderung der Richtlinien 2003/41/EG und 2009/65/EG und der Verordnungen (EG) Nr. 1060/2009 und (EU)Nr. 1095/2010 (ABl. L 174 vom 1. Juli 2011, S. 1 ff.).
Die AIFM-Richtlinie 2011/61/EU befindet sich noch im EWR-Übernahmeverfahren. Es ist nun nach längerer, intensiver Verhandlungsdauer endgültig, dass die Übernahme wider dem ursprünglichen Erwarten nicht mehr bis zum 22. Juli 2013, zu welchem das AIFMG in Kraft treten soll, abgeschlossen werden kann. Dies bedeutet, dass per 22. Juli 2013 mangels Übernahme der AIFM-Richtlinie in das EWR-Abkommen der Vorteil des sogenannten "EWR-bzw. EU-Passes" bei grenzüberschreitenden Tätigkeiten nicht zum Tragen kommt und die AIFM-Richtlinie bis dahin im Landesgesetzblatt nicht publiziert werden kann. Deshalb muss das AIFMG, welches als Umsetzungsgesetz konzipiert war, hinsichtlich aller richtlinien-bezogenen Bestimmungen, insbesondere jener, die sich auf die grenzüberschreitende Verwaltung im EWR (EU-Pass) bzw. den grenzüberschreitenden Vertrieb von AIF im Rahmen dieses EU-Passes beziehen, bis zum
6
Inkrafttreten des Übernahmebeschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses abgeändert werden. Gleichzeitig werden Anpassungen bei verschiedenen Übergangsvorschriften vorgenommen, um den Marktteilnehmern in der Zeit bis zur Übernahme der Richtlinie eine gewisse Fortführung ihrer bestehenden Geschäfte zu ermöglichen. Im Sinne von Korrekturmassnahmen erfolgen schliesslich noch Anpassungen bei Art. 30 Abs. 4 und Art. 190 Abs. 2 AIFMG. Die Abänderung des AIFMG bedingt auch die Abänderung des FMAG und anderer Gesetze, um die parallele Geltung von AIFMG und IUG während des Zeitraums bis zum Inkrafttreten des Übernahmebeschlusses des Gemeinsamen EWR-Ausschusses betreffend die Richtlinie 2011/61/EU vollständig zu gewährleisten.
7
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Amtsstellen
Stabsstelle für internationale Finanzplatzagenden
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, FMA
9
Vaduz, 7. Mai 2013
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes vom 19. Dezember 2012 über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) und anderer Gesetze an den Landtag zu unterbreiten.
Am 1. Juli 2011 wurde die Richtlinie 2011/61/EU über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFM-Richtlinie) im Amtsblatt der Europäischen Union publiziert. Die Richtlinie reguliert zum ersten Mal auf europäischer Ebene die gemeinsamen Anforderungen für die Zulassung von und Aufsicht über Verwalter alternativer Investmentfonds und schafft so einen kohärenten Regelungsrahmen für die von Verwaltern alternativer Investmentfonds ausgehenden Risiken und deren Folgen für die betroffenen Anleger und Märkte. Mit dieser Harmonisierung ist auch die Anwendung eines sogenannten "EU-Pass Systems" verbunden, welches nach einmaliger Zulassung im Herkunftsmitgliedstaat eine ungehinderte, grenzüberschreitende Tätigkeit zulässt. Die Richtlinie wurde vom EU-Gesetzgeber und
10
von Seiten der EWR-EFTA Staaten als "EWR-relevant" eingestuft. Eine Übernahme dieser Richtlinie in das EWR-Abkommen wird somit erfolgen.
Die AIFM-Richtlinie ist einer von mehreren Finanzmarktrechtsakten, der nach Errichtung des Europäischen Aufsichtssystems im Jahr 2010 erlassen wurde. Dieses Aufsichtssystem besteht aus der europäischen Bankenaufsichtsbehörde (EBA; Verordnung (EU) Nr. 1093/2010), der europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA; Verordnung (EU) Nr. 1095/2010), der Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA; Verordnung (EU) Nr. 1094/2010) und dem Europäischen Ausschuss für Systemrisiken (ESRB; Verordnung (EU) Nr. 1092/2010). Alle EU-Aufsichtsbehörden haben zum 1.1.2011 ihre Arbeit aufgenommen. Die drei EWR-EFTA Staaten finanzieren, deren Arbeit mit und die nationalen Aufsichtsbehörden - für Liechtenstein die FMA - beteiligen sich an deren Arbeit aktuell als "Beobachter". Die Kooperation der Aufsichtsbehörden der Staaten des EWR unter dem Dach der ESMA ist bisher von einer vertrauensvollen Zusammenarbeit geprägt, im Einklang mit den Zielen des EWR-Vertrags und der Finanzmarktrechtsakte.
Die AIFM-Richtlinie setzt, ebenso wie alle weiteren seit dem 1.1.2011 von der EU erlassenen Finanzdienstleistungsrechtsakte, die Existenz dieses Aufsichtssystems voraus. So verweist die AIFM-Richtlinie mehrfach auf die neue Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA). Die AIFM-Richtlinie weist der ESMA über die Verordnung (EU) Nr. 1095/2010 hinaus neue Aufgaben und Befugnisse zu, wozu koordinierende Aufgaben, Vor-Ort-Untersuchungen in den Mitgliedstaaten, die Streitschlichtung unter nationalen Aufsichtsbehörden bei grenzüberschreitenden Geschäftstätigkeiten zählen. Die ESMA kann diesbezüglich bindende Entscheidungen erlassen. Falls die nationale Aufsichtsbehörde eine Entscheidung nicht vollzieht, kann die ESMA direkt an Marktteilnehmer gerichtete Beschlüsse fassen.
11
Die Übernahme der AIFM-Richtlinie in das EWR-Abkommen verzögerte sich, weil das Übernahmeverfahren betreffend die ESMA, EBA, EIOPA und ESRB-Verordnungen ins Stocken geraten war. Dies hat zwei Gründe: Einerseits ist die Einrichtung einer Europäischen Aufsichtsstruktur mit autonomen Aufsichtsbehörden mit der Zwei-Pfeiler-Struktur des EWR-Abkommens nicht ganz einfach in Einklang zu bringen, andererseits haben Norwegen und Island aufgrund der weitreichenden Kompetenzen der neuen Aufsichtsbehörden verfassungsrechtliche Bedenken vorgebracht. Die Europäische Kommission hält jedoch an dem in den Rechtsakten verankerten Konzept einer homogenen Aufsicht und einem level-playing-field im gesamten EWR fest.
Auf Initiative Liechtensteins wurde die Übernahme der AIFM-Richtlinie Mitte 2012 von der Übernahme der Rechtsakte betreffend die neuen Europäischen Aufsichtsbehörden abgekoppelt, in der Absicht das Übernahmeverfahren so zu beschleunigen. Der dafür vorbereitete Entwurf für einen Übernahmebeschluss sah vor, dass die AIFM-Richtlinie für Liechtenstein - in Anbetracht der bereits erfolgten gesetzlichen Umsetzung - sofort ab Übernahme der AIFM-Richtlinie ins EWR-Abkommen verbindlich geworden wäre, für Norwegen und Island sollte die Anwendbarkeit bis zur Schaffung der innenpolitischen Voraussetzungen suspendiert werden. Dieser Vorschlag stellte eine pragmatische Übergangslösung bis zur endgültigen Übernahme der "Basis-Verordnungen" (ESMA-, EBA-, EIOPA-, ESRB-Verordnung) dar. Die EU-Kommission ist in der Sache grundsätzlich diskussions- und kompromissbereit, steht einem solchen Ansatz aber aus rechtlichen Gründen kritisch gegenüber und drängt auf Fortschritt und einen Abschluss der Übernahme der "Basis-Verordnungen". Im Zentrum steht dabei die Sicherung der Homogenität des Binnenmarktes. Eine rasche Übernahme der AIFM-Richtlinie ist daher nicht mehr möglich. Die Regierung und die zuständigen Behörden werden die notwendigen Schritte zu einer möglichst schnellen Übernah-
12
me sowohl der Basis-Verordnungen als auch der AIFM-Richtlinie mit höchster Priorität fortführen.