Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Totalrevision des Treuhändergesetzes (TrHG) und die Abänderung weiterer Gesetze
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Der Finanz- und insbesondere der Treuhandsektor befinden sich seit geraumer Zeit in einem Transformationsprozess. Die internationalen Rahmenbedingungen im Finanzbereich haben sich besonders in den vergangenen drei Jahren markant gewandelt. Die Berücksichtigung dieser Entwicklungen und das Streben nach einer verbesserten Reputation des Finanzplatzes erfordern Anpassungen bei der Regulierung und Beaufsichtigung des Treuhandsektors. Zudem soll der seit längerem geäusserte Wunsch der liechtensteinischen Treuhändervereinigung (THV) nach einem griffigeren Disziplinarrecht erfüllt werden.
Derzeit unterstehen die Treuhänder gemäss Gesetz keiner laufenden Aufsicht durch die Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein, wohl aber der Aufsicht in sorgfaltspflichtrechtlicher Hinsicht. Zudem erfolgt die Bewilligungserteilung durch die FMA. Die Disziplinaraufsicht liegt derzeit beim Obergericht.
Die THV und die FMA haben sich auf die Implementierung einer zeitgemässen Regulierung und einer wirksamen Aufsicht verständigt. Aus diesem Anlass wurde gemeinsam von der FMA und der THV der Vernehmlassungsbericht zur Totalrevision des Treuhändergesetzes erarbeitet. Ebenso wurde der vorliegende Bericht und Antrag mit der FMA und der THV abgestimmt.
Das total revidierte Treuhändergesetz soll insbesondere dem Kundenschutz, der Stärkung des Vertrauens in den Finanzplatz, der Förderung des internationalen Marktzugangs sowie der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit dienen.
Im Zentrum der geplanten Änderungen steht eine gestärkte behördliche Aufsicht, welche die Bewilligungserteilung, die dauernde Einhaltung der Bewilligungsvoraussetzungen und die Durchsetzung der Aufsicht bis hin zum Bewilligungsentzug umfasst. Zudem sollen zur Sicherstellung der laufenden Aufsicht neu diverse Meldepflichten für die Betroffenen eingeführt werden. Die Einführung der Meldepflichten soll den Aufwand auf Seiten der Treuhänder und Treuhandgesellschaften sowie der FMA in einem vertretbaren Mass halten. Des Weiteren soll das Disziplinarwesen reorganisiert werden und neu eine Standeskommission für Disziplinarangelegenheiten zuständig sein. Durch die Neuregelung des Disziplinarwesens soll eine klare Abgrenzung zwischen der behördlichen und der disziplinarrechtlichen Aufsicht erreicht werden. Zudem ist die Schaffung einer aussergerichtlichen
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Schlichtungsstelle erwähnenswert. Dadurch soll dem Kundenschutz ausreichend Rechnung getragen und die Reputation des Finanzplatzes verbessert werden. Auch die Zusammenarbeit mit den in- und ausländischen Behörden wird im vorliegenden Gesetzesentwurf zeitgemäss geregelt und entspricht dem internationalen Standard.
Dem vorliegenden Bericht und Antrag liegt die Totalrevision des Treuhändergesetzes zu Grunde. Eine Vielzahl der bisherigen materiellen Bestimmungen sollen jedoch beibehalten werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stellen
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
Staatsanwaltschaft
Gerichte
Amt für Justiz
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Vaduz, 9. Juli 2013
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Totalrevision des Treuhändergesetzes (TrHG) sowie die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts (PGR), des Gesetzes über die Finanzmarktaufsicht (Finanzmarktaufsichtsgesetz; FMAG), des Gesetzes über berufliche Sorgfaltspflichten zur Bekämpfung von Geldwäscherei, organisierter Kriminalität und Terrorismusfinanzierung (Sorgfaltspflichtgesetz; SPG) und des Gesetzes über das Strafregister und die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen zu unterbreiten.
Das Gesetz über die Treuhänder (TrHG) in der bisherigen Fassung regelt die Zulassung zum Beruf des Treuhänders und die Berufsausübung des Treuhänders in Liechtenstein. Das Treuhändergesetz in seiner ursprünglichen Fassung wurde am 9. Dezember 1992 erlassen. Seither wurden hinsichtlich der Systematik des Gesetzes keine nennenswerten Änderungen vorgenommen. Insbesondere wurden seit Schaffung des Treuhändergesetzes keine zeitgemässen Anpassungen im Hinblick auf ein wirksames Aufsichtsregime vorgenommen. Der vorliegende Geset-
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zesentwurf entspricht einer zeitgemässen und international anerkannten Aufsicht.
Aktuell obliegt der FMA gemäss Gesetz insbesondere die Bewilligungserteilung. Zudem übt sie die Aufsicht in sorgfaltspflichtrechtlicher Hinsicht aus. Eine sogenannte laufende Aufsicht wie in anderen spezialgesetzlichen Bereichen existiert bislang nicht. Zudem sind im Gesetz bisher lediglich Erlöschenstatbestände aufgeführt. Der Widerruf und der Entzug einer Bewilligung sind dagegen nicht geregelt. Die Disziplinaraufsicht liegt aktuell beim Obergericht.
Ziel der Totalrevision ist es, die Verbesserung der internationalen Anerkennung der liechtensteinischen Treuhänder, die Stärkung des Vertrauens in die Treuhandbranche und in den liechtensteinischen Finanzplatz und den Schutz der Reputation des Finanzplatzes zu erreichen. Dafür bedarf es der Schaffung einer glaubwürdigen Regulierung und Beaufsichtigung mit dem Ziel, Missbräuche und grobe Verstösse zu verhindern.