Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Neufassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sowie die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG), des Beschwerdekommissionsgesetzes und des Gewässerschutzgesetzes
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Ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes überprüfte die EFTA-Überwachungsbehörde das bestehende Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung und kam zum Schluss, dass dieses die EWR-rechtlichen Vorgaben nicht in allen Punkten korrekt umsetzt und entsprechend zu überarbeiten ist. Mit Schreiben vom 10. Juli 2013 hat die Überwachungsbehörde den 1. Schritt des offiziellen Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht korrekter Implementierung der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) eingeleitet. Mit dem vorliegenden Gesetzesentwurf werden die mangelhaft umgesetzten Bestimmungen bereinigt und weitere EWR-bedingte Umsetzungspflichten erfüllt.
Seit Inkrafttreten des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung im Jahre 1999 konnten viele Erfahrungen mit dessen Anwendung und der Abwicklung des UVP-Verfahrens gewonnen werden. Aufgrund dieser Erkenntnisse schlägt die Regierung vor, dem Projektträger ein beschleunigtes UVP-Verfahren zu ermöglichen und gewisse Verfahrensschritte zu vereinfachen.
Die Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen verlangt die Einführung einer Betriebsbewilligung für Anlagen und Tätigkeiten mit besonders hohem Verschmutzungspotenzial. Diese Anlagen unterliegen gleichzeitig auch der UVP-Pflicht. Das UVPG soll aber wie bisher ausschliesslich ein Verfahren zur Prüfung der Umweltverträglichkeit eines Projekts bleiben und kein neues Genehmigungsverfahren beinhalten. Das Bewilligungserfordernis soll daher mit einer Abänderung des Umweltschutzgesetzes umgesetzt werden. Diese Änderung wird zugleich zum Anlass genommen, einige im USG enthaltene abfallrechtliche Bestimmungen den Erfahrungen und heutigen Erfordernissen anzupassen. Zudem soll neben der Landespolizei auch den zuständigen Gemeindeorganen ermöglicht werden, Übertretungen von Umweltschutzvorschriften im Ordnungsbussenverfahren abwickeln zu können. Dabei steht insbesondere die Ahndung des so genannten "litterings" (Wegwerfen von Abfällen im öffentlichen Raum) im Vordergrund.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur, Umwelt sowie Sport
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Betroffene Amtsstellen
Amt für Umwelt
Amt für Bau und Infrastruktur
Amt für Bevölkerungsschutz
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 20. August 2013
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Neufassung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) sowie die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG), des Beschwerdekommissionsgesetzes und des Gewässerschutzgesetzes zu unterbreiten.
Mit dem bestehenden Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), LGBl. 1999 Nr. 95, wurden die Richtlinie 85/337/EWG vom 27. Juni 1985 über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten und die Richtlinie 96/61/EG vom 24. September 1996 über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung umgesetzt. Diese beiden Richtlinien wurden zwischenzeitlich mehrmals abgeändert. Während die Richtlinie 96/61/EG mit der Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen neugefasst worden ist, wurden die Änderungen der Richtlinie 85/337/EWG mit der Richtlinie 2011/92/EU über die Umweltverträglichkeitsprüfung bei bestimmten öffentlichen und privaten Projekten (UVP-Richtlinie) kodifiziert, d.h. in einem Rechtsakt systematisch zusammengefasst.
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Mit Urteil des Europäischen Gerichtshofes zur Rechtssache C-263/08 vom 15. Oktober 2009 wurde die Vertragsverletzung eines EU-Mitgliedsstaates wegen nicht korrekter Umsetzung der UVP-Richtlinie festgestellt. Der Mitgliedstaat hatte nicht alle erforderlichen Vorschriften erlassen, damit Projekte, die gemäss UVP-Richtlinie einem Umweltverträglichkeitsprüfverfahren zu unterziehen sind, auch tatsächlich einer entsprechenden Beurteilung unterstellt werden.
In der Folge nahm die EFTA-Überwachungsbehörde dieses Urteil zum Anlass, die korrekte Umsetzung der UVP-Richtlinie 2011/92/EU durch die EFTA-Staaten zu überprüfen. Im Zuge dieser Überprüfung stellte die Überwachungsbehörde bezüglich Liechtenstein verschiedene Mängel fest. Insbesondere beanstandete sie die Umsetzung der Anhänge der UVP-Richtlinie, d.h. der darin aufgeführten Projekte. Die Überwachungsbehörde leitete am 10. Juli 2013 den 1. Schritt des offiziellen Vertragsverletzungsverfahrens (letter of formal notice) gegen Liechtenstein wegen nicht korrekter Umsetzung der UVP-Richtlinie ein.
Seit dem Erlass des UVPG im Jahr 1999 wurden verschiedene EU-Rechtsakte, welche das UVPG und das USG betreffen, ins EWR-Abkommen übernommen oder befinden sich derzeit im Übernahmeprozess. Auch die schweizerische Rechtslage hat sich seit dem Inkrafttreten des UVPG gewandelt. Die CH-Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung wurde mehrmals revidiert.
In Liechtenstein wurden seit dem Inkrafttreten des UVPG gut 50 Projekte gemäss den Bestimmungen dieses Gesetzes behandelt. Dabei wurden verschiedene Erfahrungen hinsichtlich des Verfahrensablaufs gesammelt und Optimierungspotenziale erkannt. Dazu gehören u.a.:
Nutzung moderner Kommunikationsmittel wie des Internets, das eine einfachere und bessere Beteiligung der Öffentlichkeit ermöglicht;
Vereinfachung von Verfahrensschritten, was den Aufwand verringert;
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Klare Zuständigkeitsregelungen zur Vereinfachung und Beschleunigung des Verfahrens.