Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Rechtsanwaltsgesetzes (Grenzüberschreitende Dienstleistungserbringung)
Die Regelung in Art. 83 RAG (Art. 59 RAG alt) bestimmt, dass der dienstleistungserbringende europäische Rechtsanwalt vor Aufnahme einer Tätigkeit im Inland, seine Absicht der Rechtsanwaltskammer melden und der Rechtsanwaltskammer neben seiner Bescheinigung, dass er in seinem Herkunftsstaat rechtmässig seine Tätigkeit als Rechtsanwalt ausübt, auch den Nachweis über seine Staatsangehörigkeit und das Bestehen einer Haftpflichtversicherung gemäss den Bestimmungen im liechtensteinischen Rechtsanwaltsgesetz erbringen muss. Zudem sieht Art. 83 RAG vor, dass die vom europäischen Rechtsanwalt zu machende Meldung eine Gültigkeit von einem Jahr hat und anschliessend bei weiterer Tätigkeit erneuert werden muss.
Der EFTA-Gerichtshof hielt in seinem Urteil vom 27. November 2013 in der Rechtssache E-6/13 zu Metacom AG vs. Rechtsanwälte Zipper & Collegen fest, dass Art. 83 RAG (Art. 59 RAG alt) im Widerspruch zu Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 77/249 und Art. 36 des EWR-Abkommens steht.
Um diese vom EFTA-Gerichtshof festgestellte Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit für Rechtanwälte zu beseitigen, soll Art. 83 RAG entsprechend angepasst werden. Die Regierung beantragt, die entsprechende Gesetzesanpassung abschliessend in Behandlung zu ziehen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen/Organisationen
Gerichte
Liechtensteinische Rechtsanwaltskammer
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Vaduz, 8. April 2014
LNR 2014/497
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Rechtsanwaltsgesetzes (RAG) zu unterbreiten.
Die Beaufsichtigung der Rechtsanwälte, welche aus den anderen EWR-Staaten und der Schweiz grenzüberschreitend Dienstleistungen in Liechtenstein erbringen, war im alten Rechtsanwaltsgesetz (RAG), welches bis zum 31. Dezember 2013 in Kraft war, in Art. 59 RAG geregelt. Im Rahmen der Totalrevision des Rechtsanwaltsgesetzes im Jahr 2013 wurde die entsprechende Bestimmung neu mit inhaltlichen Ergänzungen zu Art. 83 RAG.
Die Beaufsichtigung der grenzüberschreitend tätigen Rechtsanwälte wird gemäss den gesetzlichen Bestimmungen durch die Liechtensteinische Rechtsanwaltskammer (LIRAK) wahrgenommen. Diese Kompetenz lag bereits vor der Totalrevision des RAG bei der LIRAK.
Art. 83 RAG lautet in der heute geltenden Fassung wie folgt:
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Art. 83
Beaufsichtigung
1) Der dienstleistungserbringende europäische Rechtsanwalt wird durch die Rechtsanwaltskammer beaufsichtigt.
2) Vor Aufnahme einer Tätigkeit im Inland hat der dienstleistungserbringende europäische Rechtsanwalt seine Absicht der Rechtsanwaltskammer zu melden und die folgenden Nachweise zu erbringen:
a) eine Bescheinigung, aus der hervorgeht, dass der Dienstleister die betreffende
Tätigkeit im Herkunftsstaat rechtmässig ausübt und dass ihm die Ausübung dieser Tätigkeit zum Zeitpunkt der Vorlage der Bescheinigung nicht, auch nicht vorübergehend, untersagt ist;
b) ein Nachweis über die Staatsangehörigkeit;
c) über das Bestehen einer Haftpflichtversicherung im Sinne von Art. 26.
3) Die Rechtsanwaltskammer bestätigt den Erhalt der Meldung unverzüglich. Die Bestätigung ist gegenüber Gerichten oder Verwaltungsbehörden nachzuweisen. Ohne einen solchen Nachweis haben der dienstleistungserbringende europäische Rechtsanwalt und die von ihm vertretene Partei keinen Anspruch auf Kostenersatz.
4) Die Meldung ist einmal jährlich zu erneuern, wenn der dienstleistungserbringende europäische Rechtsanwalt beabsichtigt, während des betreffenden Jahres vorübergehend oder gelegentlich Dienstleistungen im Inland zu erbringen. Weiters ist sie umgehend zu erneuern, wenn sich eine wesentliche Änderung gegenüber der bisher bescheinigten Situation ergibt.
5) Dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer obliegt es:
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a) den dienstleistungserbringenden europäischen Rechtsanwalt in Fragen der
Berufspflichten eines Rechtsanwalts zu beraten und zu belehren;
b) die Erfüllung der diesen Personen obliegenden Pflichten zu überwachen;
c) die Dienstleistungsausübung zu untersagen und gegebenenfalls die Gerichte
oder Verwaltungsbehörden darüber zu unterrichten, wenn die Voraussetzungen nach Abs. 2 nicht oder nicht mehr erfüllt sind;
d) die zuständige Stelle des Herkunftsstaats über Entscheidungen zu unterrichten
, die hinsichtlich dieser Person getroffen worden sind.