Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Bezüge der Mitglieder der Regierung, der Gerichtshöfe und der Kommissionen
(Neuregelung der Entschädigung der nebenamtlichen Richter und der Ad-hoc-Richter)
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Die Regierung plant, verschiedene Reorganisationsprojekte im Bereich der Justizverwaltung durchzuführen. Eines dieser Projekte betrifft die Neuregelung der Entschädigung der nebenamtlichen Richter und der Ad-hoc-Richter, welche Gegenstand dieses Bericht und Antrags der Regierung ist.
Aufgrund der nur rudimentär vorhandenen gesetzlichen Grundlage wurden die Entschädigungen der nebenamtlichen Richter bislang jeweils mit Landtags- bzw. Regierungsbeschluss festgesetzt und in der Praxis teilweise analog auf Ad-hoc-Richter angewendet. Dies führte zu uneinheitlichen und unübersichtlichen Entschädigungsregelungen bei den Gerichten.
Mit der gegenständlichen Vorlage wird für die betroffenen Richter eine einheitliche und nachvollziehbare Entschädigungsregelung geschaffen. Damit wird einem langjährigen Regelungsbedürfnis in diesem Bereich entsprochen und Rechtssicherheit geschaffen. Welche Entschädigung im Einzelfall als angemessen erscheint, kann seitens des Gesetzgebers nur schwer festgelegt werden. Deshalb sollen künftig die Präsidenten bzw. Vorsitzenden der Gerichte die Angemessenheit von Entschädigungen für getätigte Aufwendungen beurteilen und die konkreten Entschädigungssätze im Rahmen der den Gerichten zur Verfügung stehenden jährlichen Kredite (Budgets) festsetzen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Stellen
Staatsgerichtshof
Verwaltungsgerichtshof
Oberster Gerichtshof
Obergericht
Landgericht
Stabsstelle Finanzen
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Vaduz, 29. April 2014
RA 2014/497
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Bezüge der Mitglieder der Regierung, der Gerichtshöfe und der Kommissionen an den Landtag zu unterbreiten.
Im Rahmen eines umfassenden Justizreformpakets plant die Regierung, verschiedene Reorganisationsprojekte im Bereich der Justizverwaltung durchzuführen. Die Reformen bezwecken vor allem, neben einer Steigerung der Qualität der Rechtsprechung, die bestehenden Strukturen schrittweise zu verbessern. Damit ist die geplante Gerichtsreform ein wichtiges Mittel, um die Rechtssicherheit des Einzelnen sowie die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Liechtenstein zu erhöhen. Gleichzeitig soll ein zielgerichteterer und effizienterer Einsatz der Aufwendungen für das Justizwesen stattfinden.
Wie aus dem Regierungsprogramm der Legislaturperiode 2013 bis 2017 hervorgeht, ist ein effizientes, gut funktionierendes und qualitativ hochstehendes Ge-
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richtswesen eine Grundvoraussetzung der Rechtsstaatlichkeit und Teil der wirtschaftlichen Standortvorteile. Eine Stärkung des Gerichtswesens und der Justizverwaltung dient sowohl den Rechtssuchenden als auch der international ausgerichteten Wirtschaft.
Im Rahmen dieses Justizreformpakets ist die Realisierung diverser Einzelprojekte geplant wie beispielsweise:
Vornahme einer Umstrukturierung beim Kriminal- und beim Obergericht;
Straffung des Strafverfahrens durch Verkürzung des Rechtszuges auf zwei Instanzen;
Abänderung des Gerichtsgebührengesetzes;
Überprüfung des Mitteleinsatzes für den Rechtsschutz (Reform der Verfahrenshilfe).
Der Vornahme einer Neuregelung der Entschädigung der nebenamtlichen Richter und der Ad-hoc-Richter, welche Gegenstand dieses Bericht und Antrags der Regierung ist, liegt die nachstehend angeführte Rechts- und Sachlage zugrunde:
In einem Kleinstaat wie Liechtenstein ist es nicht zweckmässig, die gesamte Judikative durch vollamtlich tätige Richter abzudecken.
1 Um eine einem Rechtsstaat entsprechende Judikative garantieren zu können, ist Liechtenstein darauf angewiesen, ausgewiesene Fachleute einzubeziehen, welche nebenamtlich in den verschiedenen Instanzen tätig sind. Diese anspruchsvolle und zeitaufwändige Tätigkeit ist in angemessener Weise zu entschädigen.
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Da das bestehende Gesetz über die Bezüge der Mitglieder der Regierung, der Gerichtshöfe und der Kommissionen
2 lediglich eine rudimentäre und nicht ausreichende gesetzliche Grundlage darstellt, wurden die Entschädigungen der nebenamtlichen Richter bislang jeweils mit Landtags- bzw. Regierungsbeschluss festgesetzt. Teilweise wurden diese analog auf Ad-hoc-Richter
3 angewendet. Als Folge davon bestehen heute für die Gerichte jeweils eigene Entschädigungsregelungen, welche ohne Berücksichtigung der Systematik der Entschädigungsregelungen anderer Gerichte festgelegt wurden. In der Praxis lässt dies einen grossen Spielraum für unterschiedliche Interpretations- und Umsetzungsmöglichkeiten offen, so etwa bezüglich der Handhabung der Abrechnungstermine, der Fallentschädigungen und der Sitzungsgelder.
Aus obigen Ausführungen zeigt sich, dass sich die bestehenden Entschädigungsregelungen als ungenügend erwiesen haben. Deshalb hat die Regierung bereits im Jahr 2001 eine entsprechende Regierungsvorlage
4 erarbeitet, welche aufgrund der starken Opposition seitens der betroffenen Richter noch vor deren Behandlung im Landtag zurückgezogen worden ist. Im Jahr 2009 fand ein weiterer Anlauf mit dem Vernehmlassungsbericht betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Entschädigung der nebenamtlichen Richter und Mitglieder der Beschwerdekommissionen statt. Aufgrund der in diesem Vernehmlassungsverfahren ergangenen kritischen Stellungnahmen
5 hat die Regierung verschiedene alternative Lösungsansätze weiterverfolgt, welche schliesslich zur gegenständlichen Gesetzesvorlage geführt haben.
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Bezüglich des Anwendungsbereichs dieser Vorlage besteht ein wesentlicher Unterschied zur Vernehmlassungsvorlage des Jahres 2009: Die Beschwerdekommissionen werden nicht erfasst, da deren Mitglieder keine Richter im Sinne des Art. 95 Abs. 2 der Landesverfassung (LV)
6 sind.
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1 | Gegenwärtig sind lediglich die vierzehn Landrichter sowie die Vorsitzenden der drei Senate des Obergerichtes vollamtlich in ihren Funktionen tätig und unterliegen als solche dem Besoldungsgesetz (BesG; LGBl. 1991 Nr. 6). |
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2 | LGBl. 1982 Nr. 21. |
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3 | Diese werden im Falle einer wesentlichen Funktionsbeeinträchtigung eines Gerichts bestellt, weil die ordentlichen Richter und deren Stellvertreter befangen, ausgeschlossen, abwesend oder sonst verhindert (etwa wegen Überlastung infolge Erledigung anderer Geschäfte) sind. |
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4 | BuA 2001 Nr. 80. |
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5 | Insbesondere der Oberste Gerichtshof und das Landgericht haben den Vernehmlassungsbericht betreffend die Schaffung eines Gesetzes über die Entschädigung der nebenamtlichen Richter und Mitglieder der Beschwerdekommissionen abgelehnt. |
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6 | LGBl. 1921 Nr. 15. |
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7 | Dies, auch wenn der Verwaltungsgerichtshof in seiner Stellungnahme ausführt, dass die Beschwerdekommissionen einen den Gerichten analogen Aufgabenbereich hätten und als Gerichte im Sinne von Art. 6 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK; LGBl. 1982 Nr. 60/1) anerkannt würden. Auch wenn dem so sein sollte, ändert dies aber nichts an der Tatsache, dass die Mitglieder der Beschwerdekommissionen keine Richter sind. Merkmale eines Richters sind nämlich seine Auswahl durch das Richterauswahlgremium und seine Wahl durch den Landtag (Art. 96 LV) sowie seine anschliessende Ernennung durch den Landesfürsten (Art. 11 LV). Siehe hierzu insbesondere auch in BuA 2008 Nr. 151, S. 44. |
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