Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Konsumentenschutzgesetzes, die Abänderung des E-Commerce-Gesetzes, die Abänderung des Fern-Finanzdienstleistungsgesetzes sowie
die Schaffung eines Gesetzes über Fernabsatz- und ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz; FAGG)
(Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher)
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Die in der EU am 12.12.2011 in Kraft getretene Europäische Richtlinie 2011/83/EU legt neue, verbindliche Standards für Verbraucherrechte im Bereich bestimmter Verbraucherverträge fest. Im Schwerpunkt betrifft die Richtlinie allgemeine Vorschriften für die gemeinsamen Aspekte von Fernabsatz (z.B. Online-Handel) sowie von ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (sogenannte Haustürgeschäfte). So gilt künftig für Online-Geschäfte in vielen Fällen europaweit ein 14-tägiges Widerrufsrecht.
Des Weiteren reformiert die Richtlinie einen Teil des bestehenden europäischen Standards an Verbraucherrechten und verbessert dadurch insgesamt das Verbraucherschutzniveau. Konkret werden die Richtlinien 93/13/EWG und 1999/44/EG abgeändert und die Richtlinien 85/577/EWG und 97/7/EG durch neue Vorgaben für Fernabsatzverträge sowie sogenannte Haustürgeschäfte ersetzt. Die spezifische Ausgestaltung der Regelungen berücksichtigt jedoch die Anliegen der Unternehmen und versucht durch Hilfestellungen wie z.B. Musterformulare und besondere Regelungen die Wettbewerbsfähigkeit zu unterstützen.
Die verschiedenen Regelungsinhalte der Verbraucherrechte-Richtlinie werden an unterschiedlichen Regelungsorten umgesetzt. So sollen das Konsumentenschutzgesetz ergänzt, das Gesetz vom 18. April 2002 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (Fernabsatzgesetz; FAG) aufgehoben, und ein neues "Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz" geschaffen werden.
Die neuen Vorgaben waren bis zum 13.12.2013 in nationales Recht umzusetzen. Die neuen Bestimmungen gelten dann für Verträge, die nach dem 13.06.2014 abgeschlossen werden. Für die EWR/EFTA-Staaten gelten die gleichen Fristen, da der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 181/2012 bereits am 28. September 2012 in Kraft getreten ist.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium Justiz, Inneres und Wirtschaft
Betroffene Amtsstelle
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 14. April 2015
LNR 2015-436
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Konsumentenschutzgesetzes, die Abänderung des E-Commerce-Gesetzes, die Abänderung des Fern-Finanzdienstleistungsgesetzes sowie die Schaffung eines Gesetzes über Fernabsatz- und ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge (Fern- und Auswärtsgeschäfte-Gesetz; FAGG) (Umsetzung der Richtlinie 2011/83/EU über die Rechte der Verbraucher) an den Landtag zu unterbreiten.
Die Richtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher (ABl. Nr. L 304 vom 22. November 2011, S. 64) muss in das liechtensteinische Recht umgesetzt werden; sie gilt für Verträge, die ab dem 13. Juni 2014 geschlossen werden. Diese neue Richtlinie fasst den Regelungsbestand der Richtlinie 85/577/EWG betreffend den Verbraucherschutz im Falle von ausserhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen sowie der Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz zusammen und baut deren Schutzbestimmungen in vielerlei Hinsicht aus. Überdies sieht die Richtlinie auch allgemein geltende Informationspflichten des Unternehmers vor und statuiert einige spezifische Regelungen
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im Bereich des allgemeinen Vertragsrechts zugunsten des Verbrauchers. Bei der Umsetzung der neuen Richtlinie ist auf eine möglichst einfache, friktionsfreie Einfügung in das bestehende liechtensteinische Konsumentenschutzrecht zu achten. Einerseits soll in Einzelfragen eine Verschlechterung des innerstaatlich gewährleisteten Verbraucherschutzes vermieden werden, andererseits soll es nicht zu Wettbewerbsnachteilen für liechtensteinische Unternehmen durch eine überschiessende Richtlinienumsetzung kommen. Schliesslich muss danach getrachtet werden, trotz dieser komplexen inhaltlichen Anforderungen ein Regelwerk zu schaffen, das - auch im Zusammenspiel mit dem bereits geltenden Konsumentenschutzrecht - für den Rechtsanwender noch einigermassen überschaubar bleibt.
Die Richtlinie löst sich von dem Mindestharmonisierungsansatz ihrer beiden Vorläuferrichtlinien zugunsten eines Vollharmonisierungsansatzes, der es den Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht erlaubt, strengere oder weniger strenge Verbraucherschutzvorschriften vorzusehen. In mehreren Artikeln ermöglicht die Richtlinie den Mitgliedstaaten jedoch durch Öffnungsklauseln, Vorschriften einzuführen oder beizubehalten, die ein abweichendes Verbraucherschutzniveau gewährleisten.