Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Organismengesetzes
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Mit dem bestehenden Organismengesetz aus dem Jahre 2010 wurden u.a. die Richtlinie 90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen sowie zwei Anpassungen der Richtlinie 90/219/EWG umgesetzt. Inzwischen wurden diese drei Richtlinien aufgehoben und mit Richtlinie 2009/41/EG in einem Rechtsakt neugefasst. Aufgrund dieser Änderung im EWR-rechtlichen Umfeld ist eine Anpassung des bestehenden Gesetzes, welches an verschiedenen Stellen auf die aufgehobene Richtlinie 90/219/EWG verweist, notwendig.
Neben EWR-rechtlichen Vorschriften diente das schweizerische Organismenrecht als Rezeptionsgrundlage für das liechtensteinische Organismengesetz. Seit Inkrafttreten des Organismengesetzes im Jahr 2011 haben auch in der Schweiz verschiedene Rechtsentwicklungen stattgefunden. Einige neue bzw. abgeänderte schweizerische Bestimmungen im Umgang mit Organismen sind aufgrund der Einbindung Liechtensteins in den schweizerischen Wirtschaftsraum nachzuvollziehen, da diese den Warenverkehr betreffen.
Mit pathogenen Organismen darf wegen ihrer Gefährlichkeit für Umwelt und Mensch nur in geschlossenen Systemen umgegangen werden. Neu soll diese Pflicht zum Umgang in geschlossenen Systemen auch für bestimmte gebietsfremde Organismen, bei welchen ein erwiesenes Schadenpotenzial für die Umwelt besteht, eingeführt werden. Für die Tätigkeit mit solchen gebietsfremden Organismen sind gegebenenfalls Anmeldevorschriften einzuhalten oder Bewilligungen einzuholen.
Die Bedingungen für den Umgang mit gebietsfremden wirbellosen Kleintieren sollen unter Berücksichtigung des jeweiligen Gefahrenpotenzials gelockert werden. So soll eine Bewilligung für Freisetzungsversuche mit gebietsfremden wirbellosen Kleintieren oder für deren Inverkehrbringen nur noch dann nötig sein, wenn sie für den direkten Umgang in der Umwelt bestimmt sind. Für das Halten von gebietsfremden wirbellosen Kleintieren als Heimtiere muss keine Bewilligung mehr eingeholt werden.
Aushub, der mit invasiven gebietsfremden Organismen belastet ist, darf nach geltender Rechtslage nur am Entnahmeort verwertet werden. Den aktuellen Er-
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kenntnissen und der Vollzugspraxis Rechnung tragend sollen alternativ auch andere Entsorgungslösungen möglich sein, welche eine Weiterverbreitung von invasiven gebietsfremden Organismen ausschliessen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur und Umwelt sowie Sport
Betroffene Amtsstellen
Amt für Umwelt
Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen
Amt für Gesundheit
Stabsstelle EWR
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Vaduz, 21. April 2015
LNR 2015-204
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Organismengesetzes an den Landtag zu unterbreiten.
Das bestehende Gesetz über den Umgang mit genetisch veränderten, pathogenen oder gebietsfremden Organismen (Organismengesetz; OrgG), LGBl. 2011 Nr. 4, dient der Umsetzung der Richtlinie 2001/18/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 12. März 2001 über die absichtliche Freisetzung genetisch veränderter Organismen in die Umwelt und zur Aufhebung der Richtlinie 90/220/EWG des Rates sowie der Richtlinie 90/219/EWG des Rates vom 23. April 1990 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen. Die Richtlinie 90/219/EWG wurde mehrfach geändert und schliesslich mit der Richtlinie 2009/41/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Mai 2009 über die Anwendung genetisch veränderter Mikroorganismen in geschlossenen Systemen neugefasst.
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Neben der EWR-rechtlichen Umsetzungspflicht der oben genannten Richtlinien erfolgte die Schaffung des Organismengesetzes zudem aufgrund der zollvertragsbedingten Einbindung Liechtensteins in den schweizerischen Wirtschaftsraum. Da der Umgang mit Organismen auch den Warenverkehr betrifft, wurden die schweizerischen Rechtsvorschriften zum Organismenrecht als Rezeptionsgrundlage für das liechtensteinische Organismengesetz herangezogen. Das schweizerische Organismenrecht umfasste zu diesem Zeitpunkt das schweizerische Gentechnikgesetz vom 21. März 2003 (SR 814.91), die Bestimmungen im schweizerischen Umweltschutzgesetz vom 7. Oktober 1983 (SR 814.01) zum Umgang mit Organismen sowie die Verordnungen zu diesen Gesetzen. Auf Verordnungsebene handelte es sich dabei um die schweizerische Verordnung vom 25. August 1999 über den Umgang mit Organismen in der Umwelt (Freisetzungsverordnung, FrSV; SR 814.911) und die schweizerische Verordnung vom 25. August 1999 über den Umgang mit Organismen in geschlossenen Systemen (Einschliessungsverordnung, ESV; SR 914.912). Beide Verordnungen wurden zwischenzeitlich totalrevidiert. Während die Totalrevision der ch-Freisetzungsverordnung bereits 2008 erfolgte, ist die totalrevidierte ch-Einschliessungsverordnung erst am 1. Juni 2012 in Kraft getreten. Die mit der ch-Einschliessungsverordnung einhergehenden Änderungen konnten daher bei der Schaffung des Organismengesetzes, das am 11. Januar 2011 in Kraft getreten ist, nicht mehr berücksichtigt werden.
Bei der Schaffung des Organismengesetzes wurde teilweise eine von der Schweiz abweichende Regelungsstufe gewählt, d.h. dass in Liechtenstein Vorschriften zu Organismen in stärkerem Ausmass auf Gesetzesstufe verankert wurden. Aus diesem Grund wirkt sich die Totalrevision der ch-Einschliessungsverordnung in Liechtenstein nicht nur auf die liechtensteinische Einschliessungsverordnung, LR 816.115, die totalrevidiert werden muss, aus, sondern auch auf das Organismengesetz.