Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2015 / 54
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Not­wen­dig­keit der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Finanz­kon­glo­me­rat­s­ge­setz (FKG)
2.Ban­ken­ge­setz (BankG)
3.Gesetz über die Ver­walter alter­na­tiver Invest­ment­fonds (AIFMG)
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Finanzkonglomeratsgesetzes, des Bankengesetzes sowie des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds
 
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Durch diese Vorlage sollen die Richtlinie 2010/78/EU, soweit diese die Abänderung der Richtlinie 2002/87/EG im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörden betrifft, und die Richtlinie 2011/89/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. November 2011 hinsichtlich der zusätzlichen Beaufsichtigung der Finanzunternehmen eines Finanzkonglomerats in liechtensteinisches Recht umgesetzt werden.
Der Landtag hat sich in erster Lesung mit den gegenständlichen Abänderungen des Finanzkonglomeratsgesetzes, des Bankengesetzes und des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) bereits am 25. April 2013 (Bericht und Antrag Nr. 2/2013) befasst. Vor der zweiten Lesung wurden im Rahmen der Stellungnahme der Regierung vom 14. Mai 2013 (Stellungnahme BuA Nr. 31/2013) diejenigen Bestimmungen zur Abänderung der drei erwähnten Gesetze, die der Umsetzung der Richtlinie 2011/89/EU dienten, aus der Vorlage ausgeschieden. Die restlichen Bestimmungen wurden in zweiter Lesung am 21. Juni 2013 verabschiedet und sind am 1. August 2013 in Kraft getreten.
Die Ausscheidung der Umsetzungsbestimmungen war damals notwendig, um die Verfassungsmässigkeit der Vorlagen zu gewährleisten, da die Richtlinie noch nicht ins EWR-Abkommen übernommen war bzw. der Abschluss des Übernahmeverfahrens nicht absehbar war. Die Übernahme der Richtlinie hatte sich insbesondere deswegen verzögert, weil sie unter anderem Bezugnahmen auf das Europäischen System der Finanzaufsicht, ESFS bestehend aus EBA (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde über Versicherungen und Einrichtungen der Altersvorsorge), ESMA (Europäische Aufsichtsbehörde über Wertpapiere und Märkte) und ESRB (Europäischer Ausschuss für Systemrisiken), enthielt und diesen Aufsichtsbehörden Rechte einräumte. Die EBA, ESMA und EIOPA Verordnungen befanden sich ebenfalls noch im EWR-Übernahmeprozess.
Inzwischen haben die EWR-EFTA Staaten mit der EU-Kommission eine Einigung erzielt, wie die genannten Rechtsakte unter Berücksichtigung der Zwei-Pfeiler-Struktur des EWR-Abkommens in das EWR-Abkommen übernommen werden können. Die entsprechenden Übernahmebeschlüsse des Gemeinsamen EWR--
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Ausschusses sind in Vorbereitung. Parallel zu diesem Verfahren werden auch die Übernahmebeschlüsse für andere Rechtsakte, die ebenso wie die Richtlinie 2011/89/EU und die Richtlinie 2010/78/EU noch nicht übernommen werden konnten, vorbereitet. Damit ist nun auch eine Verabschiedung der bereits in erster Lesung behandelten Umsetzungsbestimmungen in den drei eingangs genannten Gesetzen durch den Liechtensteinischen Landtag möglich, da eine Übernahme der vorgenannten Rechtsakte absehbar ist und das Inkrafttreten an die Beschlüsse zur Übernahme gekoppelt wird. Von einer neuerlichen formellen Vernehmlassung konnte abgesehen werden.
Die Vorlage soll den Rahmen der zusätzlichen Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats stärken und zu wirksamen Risikomanagementanreizen und -methoden führen. Dies soll dem Wettbewerb von Finanzkonglomeraten förderlich sein. Zudem sollen drei Korrekturen im Bankengesetz vorgenommen werden, welche im Nachgang zur Umsetzung der Abänderung des Bankengesetzes (CRD IV), welche am 1. Februar 2015 in Kraft getreten ist, bekannt geworden sind.
Die Umsetzung der Richtlinien 2010/78/EU und 2011/89/EU soll wie geplant im Rahmen einer Abänderung des Gesetzes über die zusätzliche Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats und des Gesetzes über die Banken und Wertpapierfirmen sowie des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) erfolgen. Die Änderungen, welche die Bankenrichtlinie (2006/48/EG betreffen, wurden bis auf zwei Begriffsbestimmungen im Zuge der Abänderung des Bankengesetzes zur Umsetzung der RL 2013/36/EU (CRD IV), welche seit 1. Februar 2014 in Kraft ist, bereits berücksichtigt. Die Änderungen, welche die Versicherungsrichtlinie Solvency II (2009/138/EG) betreffen, werden im Rahmen der Totalrevision des Versicherungsaufsichtsgesetzes (Bericht und Antrag Nr. 2/2015) berücksichtigt. Die Änderungen, welche das Gesetz über bestimmte Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (UCITSG) und das Vermögensverwaltungsgesetz (VVG) betreffen, wurden bereits im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum AIFMG vorgenommen (LGBl. 2013 Nr. 50 und LGBl. 2013 Nr. 62).
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörde
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
 
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Vaduz, 5. Mai 2015
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die zusätzliche Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomeratsgesetz; FKG), des Gesetzes über die Banken und Wertpapierfirmen, sowie des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die Richtlinie 2002/87/EG des Europäischen Parlaments und des Rates über die zusätzliche Beaufsichtigung der Kreditinstitute, Versicherungsunternehmen und Wertpapierfirmen eines Finanzkonglomerats gab den für den Finanzsektor zuständigen Behörden zusätzliche Befugnisse und Instrumente für die Beaufsichtigung von Gruppen an die Hand, die aus mehreren beaufsichtigten Unternehmen bestehen, welche in verschiedenen Finanzmarktsektoren tätig sind. Die Richtlinie 2002/87/EG ist in Liechtenstein durch das Gesetz vom 20. September 2007 über die zusätzliche Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats (Finanzkonglomeratsgesetz; FKG) umgesetzt worden (LGBl. 2007 Nr. 275).
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Mittlerweile wurde von der EU-Kommission unter Einbezug von Experten und der Branche im Rahmen einer öffentlichen Anhörung (November 2009 bis Januar 2010) eine Überprüfung der Konglomeratsrichtlinie auf mögliche Verbesserungen vorgenommen. Insbesondere nach den Erfahrungen im Zuge der internationalen Finanzkrise wird deutlich, dass eine zusätzliche Beaufsichtigung von beaufsichtigten Unternehmen eines Finanzkonglomerats angestrebt werden muss. Dabei geht es insbesondere um potenzielle Risiken, die sich aus der Mehrfachbelastung von Eigenkapitel ergeben, also um sogenannte Gruppenrisiken, wie Ansteckungs- und Komplexitätsrisiken, Risikokonzentration und Interessenskonflikten.
Die Überprüfung zeigte Handlungsbedarf bei der Beaufsichtigung auf Ebene der Holdinggesellschaft, insbesondere wenn es sich um eine gemischte Finanzholdinggesellschaft an der Spitze handelt und keine branchenspezifische Aufsicht mehr durchgeführt werden kann. Daneben wurden Mängel bei der Koordinierung der Beaufsichtigung festgestellt, die die notwendige Effizienz vermissen liessen. Die bestehenden Bestimmungen zur Einstufung als Finanzkonglomerat waren unklar, sodass eine entsprechende Berücksichtigung der Gruppenrisiken nur lückenhaft möglich war. Schliesslich war die Beaufsichtigung von Gruppenrisiken auch mangels fehlender Informationen zu Beteiligungen schwierig.
Alle diese Feststellungen und das Bestreben nach einer verbesserten Gesetzgebung bewogen die EU-Gesetzgeber mit der Revision der Richtlinie 2002/87/EG die Effektivität der zusätzlichen Beaufsichtigung grosser und komplexer Gruppen im EWR bei gleichzeitiger Wahrung der Wettbewerbsposition dieser Gruppen zu steigern, um die Finanzstabilität und den Schutz der Interessen von Gläubigern und Versicherungsnehmern zu verstärken sowie eine Aufsichtsarbitrage weiter zu vermeiden. Vorwiegend geht es dabei um die Beaufsichtigung der grössten Finanzgruppen in Europa. Die Revision ist aber auch dazu gedacht, die Beaufsich
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tigung kleinerer Konglomerate zu vereinfachen. Die nunmehr umzusetzende Richtlinie 2011/89/EU (FICOD I), bei der es erstmals um einzelne Verbesserungen geht, ist dabei der erste Schritt, der in nationalem Recht nachzuvollziehen ist.
Die bisherigen Erfahrungen mit der Konglomeratsaufsicht in Europa haben gezeigt, dass Finanzkonglomerate unabhängig von der Rechtsstruktur einer Gruppe ergänzend zur Beaufsichtigung auf Einzelbasis, konsolidierter Basis oder Gruppenbasis einer weiteren Beaufsichtigung unterworfen werden sollten. Dabei ist aber darauf zu achten, dass die erweiterte Beaufsichtigung nicht zu Doppelspurigkeiten der Aufsicht oder zu einer Beeinträchtigung der Gruppe führt. Eine angemessene zusätzliche Beaufsichtigung von Versicherungs- und Bankengruppen hat neu in Fällen zu erfolgen, in denen diese Gruppen Teil einer gemischten Finanzholdinggesellschaft sind.
Darüber hinaus soll die Zusammenarbeit zwischen betroffenen Aufsichtsbehörden intensiviert werden. Dies geschieht vor allem durch vermehrten Informationsaustausch und durch Koordination bei der Planung von Aufsichtsmassnahmen.
Um eine angemessene zusätzliche Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats zu gewährleisten, sind gegebenenfalls auch Unternehmen mit Sitz in einem Drittstaat in die Aufsicht einzubeziehen. Das gilt insbesondere für Banken und Versicherungsunternehmen, die eine Zulassung benötigen würden, wenn ihr Sitz in einem EWR-Staat läge.
Mit Blick auf die erwähnten Notwendigkeiten ist die Richtlinie 2002/87/EG durch die Richtlinie 2011/89/EU (vom 16. November 2011) ergänzt bzw. abgeändert worden. Die Richtlinie bringt gleichzeitig Änderungen der Richtlinien 98/78/EG (Aufsicht über Versicherungsgruppen), 2006/48/EG (Bankenaufsicht) sowie 2009/138/EG (Versicherungsaufsicht: Solvabilität II).
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Darüber hinaus wird die Richtlinie 2002/87/EG von der Richtlinie 2010/78/EU zur Änderung verschiedenster europäischer Rechtsakte im Hinblick auf die Befugnisse der Europäischen Aufsichtsbehörden EBA (Europäische Bankenaufsichtsbehörde), EIOPA (Europäische Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung) und ESMA (Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde) abgeändert. Diese Änderungen beziehen sich hauptsächlich auf den Einbezug des Gemeinsamen Ausschusses dieser Europäischen Aufsichtsbehörden, dem gerade im Bereich der zusätzlichen Beaufsichtigung von Unternehmen eines Finanzkonglomerats Bedeutung zukommt.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2015 / 212
2015 / 211
2015 / 210
Landtagssitzungen
12. Juni 2015
Stichwörter
CRD/Capital Requi­re­ments Directive
EG-Richt­linie 2002/87/EG
EU-Richt­linie 2010/78/EU
EU-Richt­linie 2011/89/EU
Finanz­kon­glo­me­rat­s­auf­sicht, Stärkung
Kon­glo­me­rat­s­auf­sicht