Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Gesetz über den internationalen Automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-GESETZ) sowie die Abänderung des Steuergesetzes (STEG) und die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG)
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In der Regierungserklärung vom 14. November 2013 hatte sich Liechtenstein bereit erklärt, Vereinbarungen zum automatischen Informationsaustausch (AIA) von Steuerinformationen auf Basis des OECD-Standards zu verhandeln. Fast zeitgleich hatte sich Liechtenstein der Early-Adopter-Initiative der G5 (Deutschland, Grossbritannien, Frankreich, Italien, Spanien) angeschlossen und unterstützte am 14. März 2014 ein Joint Statement der G5-Initiative zum Zeitplan der Einführung des AIA als globalen Standard. Damit hat sich Liechtenstein politisch dazu bekannt, mit interessierten und geeigneten Staaten erstmals im September 2017 Informationen betreffend das Kalenderjahr 2016 automatisch auszutauschen. Im September 2014 wurde dieses politische Bekenntnis zur Umsetzung des neuen globalen AIA-Standards gegenüber dem Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) erneuert und anlässlich des Jahrestreffens des Global Forum Ende Oktober 2014 öffentlich bekannt gemacht. Am 29. Oktober 2014 unterzeichnete Liechtenstein zusammen mit Vertretern von 50 weiteren Staaten und Jurisdiktionen eine multilaterale Vereinbarung zur Umsetzung des neuen globalen Standards zum AIA (sog. Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA). Das MCAA wurde mittlerweile von insgesamt 61 Staaten unterzeichnet.
Unter dem AIA erstatten Finanzinstitute Meldungen an ihre nationalen Steuerbehörden, welche diese Informationen an die zuständigen Behörden der Partnerstaaten weiterleiten. Das vorliegende AIA-Gesetz regelt die Umsetzung der anwendbaren internationalen Abkommen, die einen automatischen Informationsaustausch für Informationen über Finanzkonten ab dem 1. Januar 2016 vorsehen werden.
Das AIA-Gesetz regelt insbesondere die Pflichten liechtensteinischer Rechtsträger und Finanzinstitute, die Rechte und Pflichten der meldepflichtigen Personen sowie der Rechtsträger, die Kontoinhaber sind, die Weiterleitung der Informationen durch die Steuerverwaltung, die Vertraulichkeit und den Datenschutz, die anwendbaren Verfahren, die Missbrauchsbestimmungen sowie die Strafen für Widerhandlungen.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Amtsstellen
Steuerverwaltung
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Vaduz, 7. Juli 2015
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Gesetz über den internationalen automatischen Informationsaustausch in Steuersachen (AIA-Gesetz) sowie die Abänderung des Steuergesetzes (SteG) und die Abänderung des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG) an den Landtag zu unterbreiten.
Die weltweite Bekämpfung der Steuerhinterziehung ist in der Folge der Finanz- und Schuldenkrise zu einem wichtigen und breit verfolgten Anliegen der Weltgemeinschaft geworden. Die OECD, die EU und das Global Forum on Transparency and Exchange of Information for Tax Purposes (Global Forum) arbeiten daher bereits seit längerem an unterschiedlichen Arten des steuerlichen Informationsaustauschs.
Am 19. April 2013 sprachen sich die Finanzminister und die Notenbankgouverneure der G20 für den automatischen Informationsaustausch (AIA) als neuen
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zukünftigen Standard aus. Die Entscheidung der G20 erfolgte nach der Ankündigung einiger europäischer Staaten, mit den USA ein FATCA-Abkommen abschliessen zu wollen. Am 9. April 2013 erklärten die Finanzminister Frankreichs, Deutschlands, Italiens, Spaniens und Grossbritanniens, dass sie Informationen nicht nur mit den USA, sondern auch untereinander automatisch austauschen werden.
Am 22. Mai 2013 beschloss der Europäische Rat einstimmig, der Ausweitung des AIA auf EU-Ebene und globaler Ebene Priorität einzuräumen. Kurz darauf forderte der OECD-Ministerrat alle Staaten und Gebiete auf, zum AIA überzugehen. Am 12. Juni 2013 nahm die EU-Kommission einen Rechtsetzungsvorschlag an, nach dem der Anwendungsbereich des AIA in der Richtlinie über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden unter anderem auf Dividenden, Veräusserungsgewinne und Kontoguthaben ausgeweitet werden soll. Am 19. Juni 2013 erklärten sich die Staats- und Regierungschefs der G8 zur zügigen Umsetzung des AIA und der Zusammenarbeit mit der OECD bereit.
1Am 20. Juli 2013 billigten die Finanzminister und Notenbankgouverneure der G20 den OECD-Vorschlag zu einem globalen Modell für den AIA im multilateralen Rahmen. Am 6. September 2013 bekräftigten die Staats- und Regierungschefs der G20 ihre Absichten, und sie forderten das Global Forum auf, einen Mechanismus für die Überwachung und Überprüfung der Umsetzung des neuen globalen Standards für den AIA zu entwickeln.
Am 15. Juli 2014 hat der OECD-Rat das von der OECD Arbeitsgruppe 10 (WP10) - mit liechtensteinischer Beteiligung - erarbeitete Gesamtpaket zu einem globalen Standard zum automatischen Informationsaustausch genehmigt. Der Standard wurde am 21. Juli 2014 veröffentlicht und am 21. September 2014 von den Fi-
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nanzministern der G20-Staaten bestätigt und für verbindlich erklärt. Mit dem neuen globalen Standard wird ein Mindeststandard für die auszutauschenden Informationen festgelegt.
Das globale Modell für den AIA fusst auf einem einheitlichen Standard für die von den Finanzinstituten zu meldenden und mit den Ansässigkeitsstaaten auszutauschenden Informationen (sog. Common Reporting Standard; CRS).
2 Damit soll die Qualität und Vorhersehbarkeit der ausgetauschten Informationen erhöht werden.
Um die Möglichkeiten der Steuerpflichtigen zur Umgehung des Modells durch Vermögensverlagerungen auf Institute oder Anlagen in Produkte, die nicht durch das Modell erfasst werden, einzuschränken, weist das Meldesystem in dreierlei Hinsicht einen breiten Geltungsbereich auf:
3breiter Umfang der zu meldenden Finanzinformationen;
breiter Umfang der zu meldenden Kontoinhaber; und
breiter Umfang der meldepflichtigen Finanzinstitute.
Der nunmehr vorliegende Gesetzesentwurf wurde vornehmlich in einer Arbeitsgruppe erarbeitet, die unter der Leitung der Steuerverwaltung stand und mit den folgenden Vertretern behörden- und wirtschaftsübergreifend besetzt war:
Liechtensteinischer Anlagefondsverband (LAFV);
Liechtensteinischer Bankenverband (LBV);
Liechtensteinische Rechtsanwaltskammer (LIRAK);
Liechtensteinische Treuhandkammer (THK);
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Liechtensteinischer Versicherungsverband (LVV);
Verband der Personen nach 180a PGR (VP 180a);
Verein unabhängiger Vermögensverwalter in Liechtenstein (VuVL);
Liechtensteinische Industrie- und Handelskammer (LIHK);
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA);
Stabsstelle für Internationale Finanzplatzagenden (SIFA).