Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2016 / 107
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Pro­blems­tel­lungen für Gründer
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts 
(Ergänzung von Art. 483 PGR - Kleine Genossenschaft)
4
Die Innovationsfähigkeit ist eine entscheidende Grundlage für den zukünftigen Wohlstand. Das gilt nicht nur für Industrie und Gewerbe, sondern besonders auch für den Finanzplatz. Neue Geschäftsideen müssen von Marktteilnehmern und nicht von der Verwaltung entwickelt werden. Der Staat muss dabei für optimale Rahmenbedingungen sorgen, aber auch konkrete Impulse setzen, um die Innovationsfähigkeit zu stärken. Gespräche mit Marktteilnehmern, Jungunternehmern, Start-up Interessierten, privaten und akademischen Institutionen haben gezeigt, dass besonders in den frühen Phasen der Innovation, d.h. von der Idee bis zum Markteintritt, beträchtliche Hürden zu überwinden sind.
Um einige dieser Hürden abzubauen, wurde seitens der Regierung das Instrument der "Liechtenstein Venture Cooperative" (LVC) entwickelt. Sie bildet eine einfache, kostengünstige und rechtssichere Plattform für die Kooperation von verschiedenen Personen in den frühen Phasen der Innovation. Mit ihr können Innovatoren direkt zu Beginn des Projekts die Idee in eine professionelle Struktur einbringen, um sie danach in Zusammenarbeit mit Partnern weiterzuentwickeln. Im Erfolgsfall kann die LVC in eine andere, bekanntere Rechtsform wie die Aktiengesellschaft oder GmbH umgewandelt werden.
Rechtlich basiert die LVC auf der kleinen Genossenschaft gemäss Art. 483 ff. PGR. Die kleine Genossenschaft bietet mit der Möglichkeit, ohne statutarisches Grundkapital Arbeits- und Kapitalleistung flexibel und je nach Verlauf der Projektentwicklung zu investieren, somit einen idealen Rahmen für Innovationsprojekte. Seit der Einführung der LVC im Herbst 2015 hat die Regierung ein reges Interesse seitens Jungunternehmer und an Innovation interessierten festgestellt. Insbesondere hat sich gezeigt, dass die Mechanismen der kleinen Genossenschaft, flexibel und ohne Verwaltungsaufwand Arbeits- und Kapitalleistungen einzubringen, nicht nur für die Phase vor dem Markteintritt, sondern auch für die Markteintritts- und Wachstumsphase relevant sind.
Die Anwendung der kleinen Genossenschaft für Innovationszwecke ist heute im Rahmen der exemplarischen Aufzählung im Art. 483 bereits möglich. Durch die explizite Verankerung von Innovation als Anwendungszweck der kleinen Genossenschaft wird die Sichtbarkeit und Rechtssicherheit verstärkt. Damit die LVC
5
auch für spätere Phasen eingesetzt werden kann, wird vorgeschlagen, dass die kleine Genossenschaft auch zum Zwecke "des Haltens von Beteiligungen zur Verwertung dieser Innovation" verwendet werden kann.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörden
Amt für Justiz
Steuerverwaltung
6
7
Vaduz, 30. August 2016
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Personen- und Gesellschaftsrechts (Ergänzung von Art. 483 PGR - Kleine Genossenschaft) an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Integrierte Finanzplatzstrategie
Die integrierte Finanzplatzstrategie wurde im Jahr 2013 zur Umsetzung der Liechtenstein-Erklärung von 2012 eingeführt. Die Finanzplatzstrategie besteht aus den Pfeilern "Compliance mit internationalen Standards", "Ausbau der Wertschöpfung", "Sicherung und Ausbau der Rahmenbedingungen", "interne Koordination" sowie "Externe Kommunikation und Marketing". Aufgrund der hohen Priorität des Pfeilers "Compliance mit internationalen Standards" wurden die beschränkten Ressourcen vornehmlich in diesem Bereich, für den Ausbau der Rahmenbedingungen und für die interne Koordination eingesetzt. Zwei Reviews in den Jahren 2014 und 2015 haben gezeigt, dass der Bereich "Wertschöpfung" nicht nur
8
aus Ressourcengründen nicht weiterverfolgt wurde, sondern dass auch die vorhandenen Organisationsstrukturen nur bedingt für den "Ausbau von Wertschöpfung" geeignet sind.
Im Wesentlichen lag dies an folgenden Eigenheiten:
Neue Geschäftsideen müssen von Marktteilnehmern und nicht von der Verwaltung und den Finanzplatzverbänden entwickelt werden.
Die Verwaltung und die Finanzplatzverbände können neue Geschäftsideen nicht selbst umsetzen. Es braucht also die Umsetzungskraft von Unternehmern, damit Wertschöpfung entstehen kann.
Im Gegensatz zur Industrie kennt der Finanzplatz keine eigentliche Forschung und Entwicklung, die sich mit neuen Geschäftsmodellen und Produkten auseinandersetzt.
Das für Innovation nötige Know-how ist am Finanzplatz auf verschiedene Einzelpersonen und Unternehmen verteilt. Im Gegensatz zur Industrie ist die gleichwertige Kooperation mit Partnern eine Grundvoraussetzung für Innovation am Finanzplatz.
Der im November 2014 von Regierungschef Adrian Hasler vorgestellte Impuls der "Innovations-Clubs" war eine erste Antwort auf diese Defizite. Mit den Innovations-Clubs sollen Marktteilnehmer die Möglichkeit haben, ihre Ideen zur Verbesserung der Rahmenbedingungen direkt beim Ministerium für Präsidiales und Finanzen einzubringen. Die Marktteilnehmer haben diesen Impuls gut aufgenommen. So sind heute über 25 Innovations-Clubs registriert, die sich Gedanken über die Verbesserung der staatlichen Rahmenbedingungen machen. Positiv zu vermerken ist dabei, dass die Ideen aus den Innovations-Clubs sehr vielfältig sind, wie sie nur ein offener Ansatz unter Einbezug verschiedener Marktteilnehmer bieten kann.
9
Innovationsfähigkeit als Grundlage für den zukünftigen Wohlstand
Die Entwicklungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass sich sowohl Unternehmen als auch der Staat mit einer starken Dynamik auseinandersetzen müssen. Es ist auch in Zukunft mit radikalen und schnellen Änderungen der politischen, wirtschaftlichen und technologischen Rahmenbedingungen zu rechnen.
Das bedeutet, dass Geschäftsmodelle von Unternehmen und ganzen Branchen schneller altern können. Damit Produkte und Dienstleistungen, die das Ende ihres Lebenszyklus erreicht haben, kompensiert werden können, braucht es Innovation: Als Innovation bezeichnet man die Entwicklung einer Idee bis zum marktreifen Produkt.
Für den Finanzplatz sind nicht nur die internationalen Standards eine Herausforderung, sondern auch innovative Geschäftsmodelle, die aufgrund technologischer Entwicklung in den Markt drängen.
Innovation war immer schon ein wichtiger Eckpfeiler für den Wohlstand eines Landes. Seine Bedeutung wird aber aufgrund der internationalen Entwicklungen immer grösser werden. Es ist also eine strategische Herausforderung für das Land Liechtenstein, die Rahmenbedingungen für Innovation im Auge zu behalten und Verbesserungsbedarf konsequent zu beheben.
Eine Volkswirtschaft sollte mehrere Innovationskanäle aufweisen, wie z.B. die universitäre Forschung, die innerbetriebliche Innovation und Start-ups. Der Innovationskanal über die Start-ups bietet auch für etablierte Unternehmen die Chance, radikal neue Geschäftsmodelle ohne innerbetriebliche Abhängigkeiten zu entwickeln. Deshalb sind Start-ups nicht nur für einzelne Gründer interessant, sondern auch für etablierte Unternehmen. Unabhängig davon, ob etablierte Unternehmen oder Jungunternehmer neue Geschäftsmodelle entwickeln, ist diese Fähigkeit zur erfolgreichen Innovation für ein Land von grosser Bedeutung.
10
Die Start-up-Szene in Liechtenstein ist - verglichen mit anderen Ländern - nicht stark entwickelt. Dennoch gibt es immer wieder interessante Start-ups, auch aus dem Lehrgang "Entrepreneurship" der Universität Liechtenstein und dem Business Plan Wettbewerb.
Innovationspotential in Liechtenstein
Das Potential für neue Geschäftsideen und Produkte ist in Liechtenstein durchaus vorhanden:
Es gibt viele Unternehmen, die im Rahmen ihrer Strategie immer wieder neue Innovationen hervorbringen.
Bei der Innovation in einem Unternehmen entstehen Nebenerfindungen, die nicht weiterverfolgt werden, weil sie nicht zur Strategie des Unternehmens passen.
An der Universität Liechtenstein studieren jedes Jahr ca. 70 Studierende, die sich intensiv mit Entrepreneurship und Innovation auseinandersetzen.
Es gibt in Liechtenstein viele Berufstätige mit ausgezeichnetem Know-how, als Basis für neue Geschäftsideen.Begründung der Vorlage.
LR-Systematik
2
21
216
LGBl-Nummern
2017 / 024
Landtagssitzungen
28. September 2016
Stichwörter
Inno­va­ti­onspro­jekte mittel LVCs (kleine Genossenschaften)
kleine Genos­sen­schaft (LVC)
Liech­tens­tein Ven­ture Coope­ra­tive (LVC)
Per­sonen- und Gesell­schafts­recht, Abän­de­rung (kleine Genossenschaft)
PGR, Abän­de­rung (kleine Genossenschaft)