Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) und des Baugesetzes (BAUG)
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Die Richtlinie 2014/52/EU, welche die Richtlinie 2011/92/EU abändert, wurde am 30. April 2015 mit Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses (Beschluss Nr. 117/2015) ins Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA) übernommen. Das Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) ist entsprechend anzupassen.
Mit der gegenständlichen Richtlinienabänderung sollen die bisherigen Erfahrungen auf EU-Ebene rechtlich verwertet werden. Das Verfahren der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVP-Verfahren) wurde vielfach als (durch die Richtlinie) zu wenig konkretisiert empfunden, was die Umsetzung in nationales Recht und auch die Anwendung in der Praxis in mancher Hinsicht schwierig machte. Umgekehrt waren teilweise detaillierte Einzelfallprüfungen bei Projekten durchzuführen, deren Ausgang (Ergebnis Durchführung oder Nicht-Durchführung einer UVP) zum vorhinein klar war. Hier werden die Vorschriften zum Selbstzweck, was nicht Sinn der Sache sein kann. Ziel der Richtlinie ist der Schutz der Umwelt und des Menschen vor erheblichen Auswirkungen von Projekten und nicht ein unnötiges Durchlaufen von Prozessen.
Mit der gegenständlichen Änderung des UVPG werden einige Begriffe definiert oder konkretisiert. So wird der Begriff "Umweltverträglichkeitsprüfung" erstmals als ein Verfahren umschrieben und damit eindeutig von der eigenständigen Festlegung von Umweltnormen abgegrenzt. Auch die Einzelfallprüfung (sogenanntes Screening-Verfahren) wird präzisiert. So ist in einem neuen Anhang eine detaillierte Aufstellung der durch den Projektträger zu liefernden Informationen vorgesehen. Die Liste der Projekte, die zwingend einer UVP zu unterziehen sind, wird nicht erweitert. Hinsichtlich der Erheblichkeit von Umweltauswirkungen erfolgen hingegen zwei Neuerungen: Einerseits wird eine Erheblichkeitsschwelle eingeführt. Bei Projekten, welche diese Schwelle nicht erreichen, wird davon ausgegangen, dass sie keine erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt haben können und deshalb keiner Einzelfallprüfung und keiner UVP zu unterziehen sind. Andererseits wird bei Projekten, welche der UVP unterliegen, ausdrücklich festgehalten, dass im UVP-Verfahren nicht sämtliche, sondern nur die erheblichen Auswirkungen des Projektes auf die Umwelt zu untersuchen sind. Unter bestimmten Umständen kann ein Projekt unterhalb der Erheblichkeitsschwelle aber dennoch
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einer Einzelfallprüfung unterzogen werden, wenn die Kriterien nach Anhang 2 dies als angemessen erscheinen lassen. Des Weiteren soll auf eine vorgängige Einzelfallprüfung verzichtet werden können, wenn von Beginn an absehbar ist, dass das Ergebnis der Einzelfallprüfung die Durchführung eines UVP-Verfahrens sein wird. Insgesamt bewirken die Einführung der Erheblichkeitsschwellen sowie die Fokussierung auf die erheblichen Auswirkungen eine Vereinfachung des Verfahrens.
Weitere Verbesserungen betreffen die Qualität des Umweltverträglichkeitsberichts (UVB). So hat der Projektträger zur Sicherstellung der Vollständigkeit und Qualität des UVB zu gewährleisten, dass dieser von kompetenten Fachleuten er-stellt wird. Eine zusätzliche Erhöhung der Qualität ist dadurch gegeben, dass das Amt für Umwelt auf Antrag des Projektträgers unter Berücksichtigung der von ihm vorgelegten Informationen eine Stellungnahme zu Umfang und Detailtiefe der Informationen abzugeben hat (sogenanntes Scoping). Gegebenenfalls hat sich der UVB auf diese Stellungnahme zu stützen. Diese Sicherung der Vollständigkeit und der Qualität des UVB ist gegenüber heute mit einem erhöhten Auf-wand sowohl für den Projektträger als auch für das Amt für Umwelt verbunden.
Auch dem Thema Dauer von UVP-Verfahren wird neu Rechnung getragen. So wird beispielsweise dem Amt für Umwelt bei einer Einzelfallprüfung eine Entscheidungsfrist von höchstens 90 Tagen vorgegeben.
Gemäss den Ausführungen in Punkt 7 der Erwägungen der Richtlinie 2014/52/EU haben im Laufe des vergangenen Jahrzehnts Themen wie Ressourceneffizienz und Nachhaltigkeit, Schutz der biologischen Vielfalt (Biodiversität), Klimawandel sowie Unfall- und Katastrophenrisiken in der Politikgestaltung zunehmend an Bedeutung gewonnen. Der menschlichen Gesundheit (Luftverschmutzung, Wasserverunreinigungen etc.) soll ebenfalls mehr Gewicht verliehen werden. All diese Themen sollten daher wichtige Bestandteile der Bewertung und Entscheidungsfindung sein. Ihrer Wichtigkeit wird durch die konkrete Erwähnung im Katalog der bei einer Umweltverträglichkeitsprüfung zu berücksichtigenden Faktoren Rechnung getragen.
Das Baugesetz erfährt eine kleine Änderung dahingehend, dass der darin enthaltene Schwellenwert für Beschneiungsanlagen zur Durchführung einer UVP gestri-
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chen wird. Diese Änderung des Baugesetzes wird zudem zum Anlass genommen, Art. 51 (Waldabstand) des Baugesetzes im Sinne der Einheitlichkeit und Rechtssicherheit konkreter zu umschreiben.
Zuständiges Ressort
Ministerium für Infrastruktur und Umwelt sowie Sport
Betroffene Amtsstellen
Amt für Umwelt
Amt für Bau und Infrastruktur
Amt für Bevölkerungsschutz
Stabsstelle EWR
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Vaduz, 30. August 2016
LNR 2016-1166
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) und des Baugesetzes (BauG) zu unterbreiten.
Das liechtensteinische Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG), LGBl. 2014 Nr. 19, basiert unter anderem auf der Richtlinie 2011/92/EU und trat am 1. Februar 2014 in Kraft. Die Richtlinie 2011/92/EU wurde aufgrund der Erfahrungen der Mitgliedstaaten bzw. praktischer Probleme bei ihrer Umsetzung in nationales Recht nach relativ kurzer Zeit durch die Richtlinie 2014/52/EU modifiziert. So hat sich gezeigt, dass Projekte, die wertvolle Ressourcen nutzen oder beeinträchtigen, an ökologisch empfindlichen Standorten vorgesehen sind oder potenziell gefährliche oder unumkehrbare Auswirkungen auf die Umwelt haben können, genauer zu beschreiben sind. Deshalb werden in Anhang 3 der Richtlinie Auswahlkriterien bestimmt, gemäss denen festgelegt wird, ob Projekte wegen ihrer erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt einer UVP zu unterziehen sind oder nicht. Was die Verfahren anbelangt, so wurden diese oft als zu langwierig
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oder überdimensioniert (unnötige Einzelprüfungen bei klar nicht UVP-pflichtigen Projekten) empfunden.
Neben den konkreten Erfahrungen sowohl der Mitgliedstaaten als auch von Liechtenstein spielt die Wahrnehmung und Gewichtung von allgemeinen Umweltthemen eine Rolle. Stichworte wie biologische Vielfalt (Biodiversität) oder Klimawandel haben in den letzten Jahren massiv an Bedeutung und Beachtung gewonnen. Es ist ein Kernziel der Union, den Verlust an biologischer Vielfalt und die Degradation der Ökosysteme bis 2020 zu stoppen und die biologische Vielfalt und die Ökosysteme soweit wie möglich wiederherzustellen.
1 Der Klimawandel wird weitere Umweltschäden verursachen und die wirtschaftliche Entwicklung gefährden. Diesbezüglich ist es angezeigt, die Auswirkungen von Projekten auf das Klima (z. B. Treibhausgasemissionen) und ihre Anfälligkeit in Bezug auf den Klimawandel zu bewerten. Diese Angaben sind deshalb künftig im UVB anzufüh-ren, sofern es sich um erhebliche Auswirkungen handelt.
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1 | Beschlossen in den Schlussfolgerungen des Europäischen Rates vom 25.-26. März 2010. |
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