Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Einführung eines Bedrohungsmanagements)
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Mit der gegenständlichen Vorlage soll die gesetzliche Grundlage zur Einführung eines Bedrohungsmanagements in Liechtenstein nach Vorbild des Kantons Solothurn geschaffen werden. Ziel des Bedrohungsmanagements ist es, Personen, die das Potenzial einer gewalttätigen Eskalation in sich bergen, frühzeitig zu erkennen, einzuschätzen und die Situation durch geeignete Massnahmen zu entschärfen. Vorfälle mit querulatorischem und bedrohlichem Verhalten einzelner Personen betreffen sowohl Behörden und verschiedene Berufsgruppen als auch exponierte Privatpersonen. Der Prävention kommt in diesem Zusammenhang eine immer grössere Bedeutung zu und fordert Politik wie Gesellschaft gleichermassen.
Die erforderlichen Rahmenbedingungen zur Betreibung eines fach- und institutionsübergreifenden Bedrohungsmanagements sind in Liechtenstein bereits zu einem grossen Teil gegeben. Allerdings erfolgt heute keine systematische Gefahreneinschätzung und koordinierte Fallbearbeitung. Während die notwendigen fachlichen Kompetenzen in den einzelnen Behörden zwar vorhanden sind, mangelt es derzeit an einer zentralen Stelle, bei welcher alle Informationen zusammenlaufen und welche den Ausgangspunkt für ein Netzwerk zur Praktizierung der nötigen institutionsübergreifenden Zusammenarbeit bildet. Aus diesem Grund stellt die Schaffung einer entsprechenden Fachstelle einen der Kernpunkte der Vorlage dar. Ein weiterer zentraler Bestandteil ist die Einführung eines Melderechts für Behörden und Gerichte sowie bestimmte Berufsgruppen.
Auch wenn schwere Gewaltdelikte nie gänzlich ausgeschlossen oder verhindert werden können, kann ein präventiver Ansatz den betroffenen Personen und Stellen helfen, besser mit konkreten Bedrohungssituationen umzugehen und das Sicherheitsgefühl zu verstärken. Oberstes Ziel des gegenständlichen Projekts bildet somit eine Ausweitung der Gefahrenvorsorge zur Verbesserung der öffentlichen Sicherheit. Die der Landespolizei in diesem Bereich zur Verfügung stehenden Mittel sollen jedoch massvoll und einzelfallbezogen eingesetzt werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
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Betroffene Stellen
Alle Behörden
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Vaduz, 27. September 2016
LNR 2016-1334
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Landespolizei (Einführung eines Bedrohungsmanagements) an den Landtag zu unterbreiten.
Mit Regierungsbeschluss vom 23. September 2014 wurde ein aus verschiedenen Experten bestehender, interdisziplinärer Steuerungsausschuss
1 betreffend den Umgang mit Personen in Konfliktsituationen eingesetzt. Anlass dafür war das Tötungsdelikt in Balzers vom 7. April 2014.
Der Steuerungsausschuss wurde beauftragt, ausgehend vom genannten Ereignis, eine systematische Überprüfung des liechtensteinischen Rechtssystems vorzunehmen und konkrete Massnahmen zur Verbesserung der öffentlichen Sicher-
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heit vorzuschlagen. Dabei sollten nicht nur Lehren aus diesem konkreten Einzelfall gezogen werden, sondern auch Fälle anderer Personen, die durch exzessives, querulatorisches Prozessieren und aggressives Verhalten gegenüber Behörden auffallen, berücksichtigt werden.
Ziel der Arbeiten war es, eine klare Strategie über den Umgang mit potenziell gefährlichen Personen, insbesondere im Umfeld von Regierung, Landtag und Justiz und weiteren Behörden, aber auch von exponierten Privatpersonen zu definieren. Folgende Teilziele wurden festgelegt:
Organisation: Schwachstellen im Bereich Sicherheit identifizieren ? Handlungsbedarf ableiten ? Massnahmen festlegen;
Rechtsetzung: Schwachstellen im Rechtssystem identifizieren ? Handlungsbedarf ableiten ? Massnahmen festlegen;
Rechtsanwendung: Schwachstellen im Umgang mit sogenannten "Querulanten" identifizieren ? Handlungsbedarf ableiten ? Massnahmen festlegen.
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1 | Von Seiten der Landesverwaltung waren im Steuerungsausschuss wie folgt vertreten: Amt für Gesundheit, Amt für Soziale Dienste, Amt für Justiz, Landgericht, Landespolizei, Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft, Staatsanwaltschaft, Verwaltungsgerichtshof. |
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