Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren
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Mit dem vorliegenden Bericht und Antrag unterbreitet die Regierung dem Landtag das Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren. Das sogenannte dritte Fakultativprotokoll zählt bisher 28 Vertragsstaaten (Stand: 15. September 2016). Liechtenstein hat das Fakultativprotokoll am 24. September 2012 unterzeichnet. Die Ratifikation ist ein wichtiges Anliegen der liechtensteinischen Politik, die dem Schutz der Kinderrechte innen- und aussenpolitisch eine hohe Bedeutung beimisst.
Das dritte Fakultativprotokoll ist eine Ergänzung und Weiterführung des UNO-Übereinkommens über die Rechte des Kindes
1 und erweitert dieses um ein individuelles und ein Staatenberichtsverfahren sowie ein Untersuchungsverfahren. Die Kinderrechtskonvention und ihre beiden Fakultativprotokolle
2 sehen lediglich ein Berichtsprüfungsverfahren vor.
Im Rahmen des individuellen Mitteilungsverfahrens können sich Einzelpersonen oder Personengruppen, die behaupten, in einem Recht aus der Kinderrechtskonvention oder einem seiner beiden Fakultativprotokolle verletzt worden zu sein, nach Ausschöpfung des innerstaatlichen Instanzenzuges an den UNO-Kinderrechtsausschuss wenden. Im Rahmen des Staatenberichtsverfahrens kann ein Vertragsstaat beim UNO-Kinderrechtsausschuss geltend machen, dass ein anderer Vertragsstaat seinen Verpflichtungen aus der Kinderrechtskonvention oder den Fakultativprotokollen nicht nachkommt. Schliesslich kann der UNO-Kinderrechtsausschuss selbst ein Untersuchungsverfahren einleiten, wenn zuverlässige Angaben vorliegen, dass ein Vertragsstaat die Kinderrechtskonvention oder die Fakultativprotokolle schwerwiegend oder systematisch verletzt.
Mit dem dritten Fakultativprotokoll wird kein zusätzliches materielles Recht geschaffen. Vielmehr schafft Liechtenstein durch die Ratifikation die Möglichkeit,
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dass Personen, die ihre in der UNO-Kinderrechtskonvention und den Fakultativprotokollen festgehaltenen Rechte verletzt sehen, diese vor dem Kinderrechtsausschuss geltend machen. Die Auffassungen und Empfehlungen des UNO-Ausschusses für die Rechte des Kindes sind juristisch nicht bindend, haben aber faktisch eine hohe Legitimität.
Die Ratifikation des vorliegenden Fakultativprotokolls setzt eine Abänderung von Art. 15 Abs. 2 des Gesetzes vom 27. November 2003 über den Staatsgerichtshof (StGHG)
3 voraus. Die dort festgeschriebene Liste der internationalen Übereinkommen, die ein Individualbeschwerderecht beinhalten, muss um die UNO-Kinderrechtskonvention ergänzt werden. Durch die Aufnahme in diese Liste können die in der Kinderrechtskonvention sowie den Fakultativprotokollen festgelegten Rechte, soweit justiziabel, letztinstanzlich vor dem Staatsgerichtshof eingeklagt werden.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Betroffene Amtsstellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Justiz
Amt für Soziale Dienste
Staatsanwaltschaft
Landespolizei
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Vaduz, 4. Oktober 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Fakultativprotokoll vom 19. Dezember 2011 zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend ein Mitteilungsverfahren zu unterbreiten.
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1 | LGBl. 1996 Nr. 163. |
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2 | Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend die Beteiligung von Kindern an bewaffneten Konflikten (LGBl. 2005 Nr. 26) und Fakultativprotokoll zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes betreffend den Verkauf von Kindern, die Kinderprostitution und die Kinderpornographie (LGBl. 2013 Nr. 164). |
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3 | LGBl. 2004 Nr. 32. |
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Innerhalb der UNO-Gremien, die sich mit Menschenrechten befassen, legt Liechtenstein seinen Arbeitsschwerpunkt insbesondere auf die Bereiche Frauenrechte, Kinderrechte, Bekämpfung von Folter und Todesstrafe, Stärkung der Menschenrechtsorgane sowie Bekämpfung der Straflosigkeit für schwerste Menschenrechtsverletzungen. Im Bereich Kinderrechte hat sich Liechtenstein an den Verhandlungen im UNO-Menschenrechtsrat zur Ausarbeitung des vorliegenden dritten Fakultativprotokolls zum Übereinkommen über die Rechte des Kindes (nachfolgend Kinderrechtskonvention genannt) beteiligt. Liechtenstein war durch die Ständige Mission in Genf nicht nur an den Verhandlungen in der zuständigen Arbeitsgruppe vertreten, sondern leitete auch die informellen Verhandlungen über die Präambel des Fakultativprotokolls.