Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2016 / 143
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Schwer­punkte des Übereinkommens
3.Situa­tion in Liechtenstein
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit/Rechtliches
6.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend  das Europäische Übereinkommen vom 24. April 1986  über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit Internationaler Nichtstaatlicher Organisationen
 
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In den letzten Jahrzehnten haben internationale nichtstaatliche Organisationen (NGOs) weltweit an Bedeutung gewonnen. Angesichts der unbestrittenen gesellschaftlichen Rolle der NGOs erstaunt es, dass ihnen bis zu Verabschiedung des vorliegenden Übereinkommens auf internationaler Ebene überhaupt kein Rechtsstatus zuerkannt worden ist, abgesehen von punktuellen Erwähnungen in internationalen Dokumenten (z. B. Art. 71 der Charta der Vereinten Nationen).
Gerade im Europarat haben die NGOs grossen Einfluss. Bereits 1951 führte der Europarat einen Beraterstatus für NGOs ein. Heute haben über 300 NGOs diesen Status. Es ist deshalb nicht verwunderlich, dass das Übereinkommen über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internationaler nichtstaatlicher Organisationen in diesem Gremium ausgearbeitet wurde. Das Übereinkommen sichert die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit und der Rechtsfähigkeit, die eine NGO in ihrem statutarischen Sitzstaat erworben hat, in den anderen Vertragsstaaten.
Mit dem Beitritt zum vorliegenden Übereinkommen schafft Liechtenstein bestmögliche Voraussetzungen für die Ansiedelung von international tätigen NGOs und steigert damit seine Attraktivität als Philanthropie-Standort. Dies steht im Einklang mit der Finanzplatzstrategie der Regierung, die unter dem Pfeiler "Innovation" den Aufbau von Zentren für Microfinance und Philanthropie vorsieht. Mit diesen nachhaltigen Nischen sollen neue Perspektiven für den Finanzplatz eröffnet werden.
Für den Beitritt zum Übereinkommen sind keine rechtlichen Anpassungen erforderlich. Es sind weder direkte personelle noch finanzielle oder organisatorische und räumliche Auswirkungen mit einem Beitritt verbunden.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Äusseres, Bildung und Kultur
Betroffene Amtsstellen und Institutionen
Ministerium für Inneres, Justiz und Wirtschaft
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Amt für Justiz
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Vaduz, 18. Oktober 2016
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Europäische Übereinkommen vom 24. April 1986 über die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit internationaler nichtstaatlicher Organisationen zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die ersten nichtstaatlichen Organisationen - nachfolgend NGOs genannt - wurden in Westeuropa und Nordamerika gegründet und verfolgten humanitäre, religiöse, wissenschaftliche oder soziale Ziele. Mit der Zeit erstreckten sich die Aktivitäten von NGOs nach und nach auch auf andere Gebiete (politische, wirtschaftliche, medizinische oder sportliche Tätigkeiten). Seit dem Zweiten Weltkrieg ist die Anzahl von NGOs mit unterschiedlichsten Zielsetzungen enorm gestiegen. Es war v.a. die Gründung der Vereinten Nationen und die Aufnahme der NGOs in deren Charta, welche der Bewegung einen entscheidenden Aufschwung gaben. Art. 71 der Charta hat folgenden Wortlaut:
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"Der Wirtschafts- und Sozialrat kann geeignete Abmachungen zwecks Konsultation mit nichtstaatlichen Organisationen treffen, die sich mit Angelegenheiten seiner Zuständigkeit befassen. Solche Abmachungen können mit internationalen Organisationen und, soweit angebracht, nach Konsultation des betreffenden Mitglieds der Vereinten Nationen auch mit nationalen Organisationen getroffen werden."
Heute sind NGOs fester Bestandteil aller Global Governance Ansätze. NGOs sollen das Gewicht der Zivilgesellschaft auf globaler Ebene erhöhen und Themen wie Umweltschutz, soziale Gerechtigkeit und Menschenrechte zur Sprache bringen. Ihre Mitglieder nehmen oft als Beobachter an staatlichen Expertenkommissionen oder an internationalen Konferenzen teil. Im Allgemeinen verfügen NGOs über hochqualifizierte Mitarbeitende, welche in der internationalen Gemeinschaft grosse Dienste leisten. So arbeiten sie oft bei der Weiterbildung und der Kodifikation des internationalen Rechts mit. Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang das IKRK, welches die Entwürfe zu den Genfer Übereinkommen von 1949 über den Schutz der Kriegsopfer und, in der jüngeren Vergangenheit, die Entwürfe zu den Zusatzprotokollen von 1977 zu diesen Übereinkommen ausgearbeitet hat. Ein aktuelles Beispiel ist auch das Übereinkommen gegen Streumunition, das auf die Initiative einer NGO-Koalition zurückgeht.
NGOs sind zwar formell als rein nationale Organisationen anzusehen, die z.B. als Verein oder Stiftung organisiert sein können, sie üben aber internationale Tätigkeiten aus und verfolgen internationale Ziele. Ausserdem halten sie Versammlungen in verschiedenen Ländern ab und ihre Mitarbeiter stammen aus verschiedenen Staaten. Alle diese internationalen Tätigkeiten können natürlich Probleme verursachen. Je nach Land kann die Haltung gegenüber NGOs sehr unterschiedlich sein. Diese Unterschiede bringen eine ganze Reihe von Hindernissen mit sich, die der Ausdehnung der Strukturen und der Tätigkeiten der NGOs auf internatio-
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naler Ebene entgegenstehen. So ist es durchaus möglich, dass eine NGO, welche ihren Sitz in einem Staat hat, in einem anderen nicht anerkannt wird und auch nicht ihren Sitz dorthin verlegen kann. In Staaten, welche die vollständige Gleichstellung der NGOs mit den entsprechenden Organisationen des inländischen Rechts nicht vorsehen, muss eine NGO erst die in diesem Staat vorgesehenen Voraussetzungen zum Erwerb der Rechtspersönlichkeit erfüllen, um dort Rechtshandlungen vornehmen zu können, wie z.B. Schenkungen annehmen. Obwohl schon mehrere Versuche unternommen wurden, die Aufgaben von NGOs auf nationaler Ebene zu erleichtern, gab es bis zur Verabschiedung des vorliegenden Übereinkommens kein internationales Instrument, das die Tätigkeiten von NGOs in den internationalen Beziehungen erleichterte.
LR-Systematik
0..1
0..19
0..19.2
LGBl-Nummern
2017 / 276
Landtagssitzungen
01. Dezember 2016
Stichwörter
NGOs, Aner­ken­nung der Rechts­per­sön­lich­keit, Übereinkommen
nicht­staat­liche Orga­ni­sa­tionen, Aner­ken­nung der Rechts­per­sön­lich­keit, Übereinkommen
Ü betr. Aner­ken­nung der Rechts­per­sön­lich­keit von NGOs