Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Abkommen vom 10. Juli 2015 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen
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Das am 10. Juli 2015 unterzeichnete Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft wird das geltende Abkommen über verschiedene Steuerfragen von 1995 ersetzen.
Das neue, umfassende Abkommen folgt den aktuellen Empfehlungen der OECD, zugleich wurde der liechtensteinischen und schweizerischen Abkommenspraxis und den engen wirtschaftlichen und politischen Beziehungen Rechnung getragen. Wie in allen liechtensteinischen DBA wurde der steuerliche Informationsaustausch auf Anfrage nach internationalem Standard vereinbart.
Zu den wichtigsten Vorteilen des vorliegenden Doppelbesteuerungsabkommens zählt die Vermeidung der Doppelbesteuerung im Bereich der Verrechnungssteuer. Dies bedeutet, dass bei Zinszahlungen die schweizerische Verrechnungssteuer für alle in Liechtenstein ansässigen Personen (Private und Unternehmen) auf null gesenkt wird. Bei Dividenden aus massgeblichen Beteiligungen im Konzern sowie bei Dividenden an liechtensteinische Vorsorgeeinrichtungen ist ebenfalls der Nullsatz vorgesehen. Bei Portfoliodividenden und Dividenden an natürliche Personen wird die schweizerische Verrechnungssteuer von 35% auf 15% reduziert.
Das Protokoll enthält konkretisierende Regelungen, unter welchen Voraussetzungen liechtensteinische Vermögensstrukturen als abkommensberechtigt gelten und schafft diesbezüglich mehr Rechtssicherheit.
Bei den Grenzgängern wurde in grossen Teilen die Regelung gemäss dem bestehendem Abkommen übernommen. Grenzgänger werden mit ihrem Arbeitsentgelt und ihren Renten im Ansässigkeitsstaat besteuert, öffentlich Bedienstete im Kassenstaat. Neu wird klargestellt, dass eine Person, welche während eines Jahres an mehr als 45 Arbeitstagen aus beruflichen Gründen nicht an ihren Wohnsitz (Hauptsteuerdomizil) zurückkehrt, kein Grenzgänger ist. Ebenfalls neu ist, dass Liechtenstein von der Schweiz eine jährliche Pauschale von CHF 450'000 als Ausgleichszahlung für die Nichtbesteuerung der Leistungen aus der betrieblichen Vorsorge (2. Säule) an Nicht-Grenzgänger erhält.
Bei Unterzeichnung des Abkommens haben die beiden Regierungen eine gemeinsame Erklärung zur Grenzgängerbesteuerung abgegeben. Gemäss dieser werden
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die beiden Vertragsstaaten bei einer wesentlichen Veränderung der Gegebenheiten hinsichtlich der Grenzgängersituation Gespräche aufnehmen, um eine Revision der Grenzgängerbesteuerung anzustreben.
Das Abkommen bildet einen wichtigen Meilenstein in der liechtensteinischen DBA-Politik. Es ist Liechtenstein damit gelungen, ein vollwertiges DBA mit demjenigen Nachbarstaat abzuschliessen, mit dem die engsten politischen und wirtschaftlichen Beziehungen bestehen. Das neue Abkommen bringt für die Wirtschaft, die AHV und Einrichtungen der beruflichen Vorsorge grosse Vorteile gegenüber dem geltenden Abkommen und verbessert für diese den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr mit der Schweiz bzw. die Investitionsmöglichkeiten in der Schweiz. Auch Privatpersonen können inskünftig die Verrechnungssteuer auf ihren Investitionen in der Schweiz - zumindest teilweise - zurückfordern.
Obwohl das liechtensteinische Verhandlungsziel betreffend die Grenzgängerbesteuerung (Arbeits- und Renteneinkommen) nicht durchgesetzt werden konnte, ist in einer Gesamtbetrachtung festzuhalten, dass das Abkommen im Vergleich zum Status Quo eine deutliche Verbesserung darstellt.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörde
Steuerverwaltung
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Vaduz, 8. März 2016
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Abkommen vom 10. Juli 2015 zwischen dem Fürstentum Liechtenstein und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen zu unterbreiten.
Die Verhandlungen wurden im Dezember 2013 eröffnet und dauerten bis Februar 2015. Sie wurden auf der Basis der DBA-Politik beider Länder geführt. Gemeinsame Leitlinie war das Musterabkommen der OECD. Schlüsselthemen seitens Liechtensteins bei den Verhandlungen waren:
Reduktion der schweizerischen Verrechnungssteuer auf Dividenden und Zinsen auf das von der Schweiz anderen Nachbarstaaten gewährte Niveau;
Einführung einer Quellensteuer auf dem Arbeitsentgelt von Grenzgängern oder einer Regelung, die zu einem analogen Resultat führt;
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Aufteilung des Besteuerungsrechts auf den Renten ehemaliger Grenzgänger aus privatrechtlichen Einrichtungen der betrieblichen Personalvorsorge;
Beibehaltung der bestehenden Regelungen bei Angestellten im öffentlichen Dienst;
Verankerung der Bedingungen für die Abkommensberechtigung von Vermögensstrukturen, welche der ordentlichen Besteuerung nach Art. 44 SteG unterliegen;
Abkommensrechtliche Behandlung von Investmentfonds;
Vereinbarung des internationalen Standards betreffend den steuerlichen Informationsaustausch.
Mit Ausnahme der Besteuerung von Arbeitsentgelten und Renten der Grenzgänger konnten die für Liechtenstein wichtigen Schlüsselthemen erfolgreich verhandelt werden und finden im DBA resp. im Protokoll ihren Niederschlag.
Die Grenzgängerfrage war vor und während den Verhandlungen höchst umstritten. Die Schweiz hat bei der Behandlung der Grenzgängerthematik auf der Ausgangsposition beharrt, welche bisher auch keine Quellensteuer vorsah. Das war auch die klare Vorgabe des Parlaments. Der Bundesrat wurde vom Parlament im Rahmen einer Motion damit beauftragt, mit Liechtenstein ein umfassendes Doppelbesteuerungsabkommen auszuhandeln; das Parlament machte dabei die Vorgabe, dass betreffend die Besteuerung der Grenzgänger am Status quo der Besteuerung durch den Ansässigkeitsstaat festzuhalten ist.
Ein Beharren Liechtensteins auf einer Quellensteuer für schweizerische Grenzgänger hätte zum Scheitern der DBA-Verhandlungen geführt. Damit wäre die Erhebung einer Quellensteuer durch Liechtenstein nur nach einer Kündigung des bestehenden DBA möglich gewesen, was jedoch zu einer effektiven Doppelbe-
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steuerung aller Grenzgänger (auch Liechtensteinische Pendler in die Schweiz) geführt hätte. Wie die Diskussionen im Landtag anlässlich des Postulats der Fraktion der Freien Liste betreffend Schweizer Grenzgängerbesteuerung gezeigt haben, wäre eine solche ersatzlose Kündigung des bestehenden DBA nicht im Sinne des Landtags gewesen.
Nachdem klar wurde, dass in der Frage der Grenzgängerbesteuerung keine weitere Annäherung erzielbar war, wurden die Verhandlungen am 2. Februar 2015 in Bern mit der Paraphierung des vorliegenden Abkommens sowie der gemeinsamen Erklärung zur Grenzgängerbesteuerung abgeschlossen.
Die erzielte Lösung ist im Vergleich zum Status-Quo eine deutliche Verbesserung, die im Interesse des Wirtschaftsstandorts Liechtenstein liegt. Dies war ausschlaggebend für die Regierung, mit dem wichtigsten Nachbarland und engsten Partner endlich ein vollwertiges DBA abzuschliessen. Das DBA verbessert den grenzüberschreitenden Wirtschaftsverkehr mit der Schweiz für Unternehmen, Private und den Staat in wesentlicher Weise, insbesondere im Bereich der Investitionen.