Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2017 / 29
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen des Übe­rein­kom­mens von Paris
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Ziel­er­rei­chung, Per­so­nelle, finan­zi­elle und orga­ni­sa­to­ri­sche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen vom 9. Mai 1992 
 
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Die globale Klimaerwärmung aufgrund anthropogener Treibhausgasemissionen ist seit Jahrzehnten ein zentrales Thema der internationalen Umweltpolitik. Seit dem Abschluss des Rahmenüberbeinkommens der Vereinten Nationen vom 9. Mai 1992 über Klimaänderungen (Klimakonvention, LGBl. 1995 Nr. 118) im Jahre 1992 wurden wiederholt Versuche unternommen, auf multilateraler Ebene geeignete Instrumente zu entwickeln, um die globalen Emissionen erfolgreich einzudämmen. Durch das Protokoll von Kyoto vom 11. Dezember 1997 zum Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen (Kyoto Protokoll, LGBl. 2005 Nr. 49) sowie dessen Verlängerung im Jahre 2012 bis zum Jahr 2020 wurden die klassischen Industriestaaten zur Reduktion von Emissionen verpflichtet, wobei wichtige Emittenten (insbesondere die USA) das Protokoll nie ratifiziert haben. Es wurde im Laufe der Zeit aber immer offensichtlicher, dass die Bekämpfung des Klimawandels nur erfolgreich sein kann, wenn eine Einigung auf ein verbindliches Instrument gelingt, das alle Staaten zu Emissionsreduktionen verpflichtet.
Nach jahrelangen Verhandlungen konnte am 12. Dezember 2015 in Paris mit der Verabschiedung des Übereinkommens von Paris durch die Vertragsstaatenversammlung der Klimakonvention der Durchbruch erzielt werden. Das Übereinkommen von Paris ist ein globales, rechtlich verbindliches und dynamisches Klimaabkommen. Es verpflichtet alle Staaten, ihre Treibhausgasemissionen sukzessive zu reduzieren und Massnahmen zu ergreifen, um sich an die Auswirkungen des Klimawandels anzupassen sowie die Finanzflüsse auf eine treibhausgasarme und gegenüber Klimaänderungen widerstandsfähige Entwicklung auszurichten. Damit bildet das Übereinkommen von Paris neben der Klimakonvention und dem Kyoto Protokoll einen Teil des globalen Regimes zur Bekämpfung des anthropogenen Klimawandels.
Anders als die Klimakonvention und das Kyoto Protokoll verpflichtet das Übereinkommen von Paris erstmals alle Vertragsparteien konkrete Emissionsreduktionsziele zu formulieren und inländische Massnahmen für deren Erreichung zu ergreifen. Es hebt damit die starre Unterscheidung zwischen Industrie- und Entwicklungsländern weitgehend auf. Um dem Entwicklungsstand und den Kapazitäten
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aller Staaten Rechnung zu tragen, beinhaltet das Übereinkommen verschiedene Elemente der Flexibilität.
Am 22. April 2016 unterzeichneten in New York insgesamt 175 Staaten das Übereinkommen von Paris, unter anderem auch Liechtenstein. Das Übereinkommen trat bereits am 4. November 2016 in Kraft. Im November 2016 fand die erste Vertragsstaatenversammlung des Übereinkommens statt, an welcher Liechtenstein als Beobachter teilgenommen hat. Dabei wurde beschlossen, dass die Umsetzungsrichtlinien bis 2018 erarbeitet werden sollen. Die entsprechenden Verhandlungen beginnen im Jahr 2017.
Per 3. April 2017 haben 141 Staaten das Übereinkommen von Paris ratifiziert beziehungsweise sind diesem beigetreten. In der Schweiz befindet sich das Übereinkommen aktuell im parlamentarischen Prozess. Der Nationalrat hat das Übereinkommen am 2. März genehmigt. Es ist zu erwarten, dass die Schweiz das Übereinkommen spätestens im Herbst 2017 ratifizieren wird.
Liechtenstein ratifizierte die Klimakonvention im Jahre 1994 und das Kyoto Protokoll im Jahr 2004. Dabei verpflichtete sich Liechtenstein, seine Emissionen bis 2012 um 8 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Mit der Ratifikation der Verlängerung des Kyoto Protokolls im Jahr 2015 verpflichtete sich Liechtenstein, bis 2020 seine Emissionen um 20 Prozent im Vergleich zu 1990 zu senken. Mit der Ratifikation des Übereinkommens von Paris würde Liechtenstein sein bisheriges Engagement fortsetzen und weiterhin einen angemessenen Beitrag zur globalen Bekämpfung des Klimawandels leisten.
Mit der Genehmigung durch den Landtag und der Ratifikation des Übereinkommens wird für Liechtenstein das am 23. April 2015 beim UNO-Klimasekretariat eingereichte vorläufige Emissionsreduktionsziel Liechtensteins (Intended Nationally Determined Contribution, INDC), bis 2030 die Treibhausgasemissionen um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, definitiv. Das INDC gilt dann als nationales Reduktionsziel bis 2030 (Nationally Determined Contribution, NDC). Damit bewegt sich Liechtenstein auf einem ähnlichen Niveau wie die EU (minus 40 Prozent) und die Schweiz (minus 50 Prozent). Die Regierung hat sich zum Ziel gesetzt, dass mindestens 30 Prozent des Reduktionsziels von insgesamt 40 Prozent durch Massnahmen im Inland erreicht werden sollen. Eine weitere Reduktion um zehn
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Prozent soll durch Massnahmen im Ausland erreicht werden (Zukauf von Emissionszertifikaten) Die Zielerreichung an sich ist völkerrechtlich nicht verbindlich. Verbindlich ist lediglich die Ergreifung geeigneter inländischer Massnahmen zur Erreichung des Ziels. Bei den konkreten Reduktionsmassnahmen wird sich Liechtenstein an der Schweiz und an der EU orientieren. Schweizer Massnahmen (z.B. Anpassung des CO2-Gesetzes) werden über den Zollvertrag (LGBl. 1923 Nr. 24) sowie über den Vertrag zwischen Liechtenstein und der Schweiz betreffend die Umweltabgaben (LGBl. 2010 Nr. 12) in Liechtenstein Anwendung finden. Zudem werden binnenmarktrelevante EU-Richtlinien im EWR verbindlich sein. Wesentlich ist insbesondere die Weiterführung der Massnahmen, welche in Energiestrategie 2020 vorgesehen sind.
Darüber hinaus verpflichtet sich Liechtenstein, alle fünf Jahre ein Emissionsreduktionsziel einzureichen, welches nicht schwächer als die vorangehenden Ziele sein darf. Wie bereits unter der Klimakonvention und unter dem Kyoto Protokoll wird Liechtenstein regelmässig an das UN-Klimasekretariat über die Entwicklung der Treibhausgase, die geplanten und umgesetzten Reduktionsmassnahmen sowie die Beiträge für die internationale Klimafinanzierung Bericht erstatten. Die Regierung geht davon aus, dass dies keinen signifikanten Mehraufwand verursachen wird. Liechtenstein hat gemäss dem Übereinkommen von Paris zwar keine rechtliche Verpflichtung, sich an der Klimafinanzierung zu beteiligen. Dennoch unterstützt Liechtenstein im Rahmen der Internationalen Humanitären Zusammenarbeit und Entwicklung seit 2011 Klimaprojekte in Entwicklungsländern mit jährlich etwa 200'000 Franken.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur
Betroffene Stellen
Amt für Umwelt
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
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Vaduz, 9. Mai 2017
LNR 2017-570
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Übereinkommen von Paris vom 12. Dezember 2015 zu unterbreiten.
1.1Der wissenschaftliche Stand zum Klimawandel - Begrenzung der globalen Klimaerwärmung
Das Klima ändert sich. Die durchschnittlichen Jahrestemperaturen steigen weltweit an. Es gilt in der Wissenschaft als sehr wahrscheinlich, dass die seit dem Einsetzen der Industrialisierung beobachtbare Klimaerwärmung hauptsächlich auf den durch den Menschen verursachten Ausstoss von Treibhausgasen zurückzuführen ist. Diese halten die Wärmestrahlung auf der Erde zurück und greifen dadurch in das komplexe Weltklimasystem ein.
Die Treibhausgasemissionen entstehen durch die Gewinnung und Nutzung fossiler Energieträger (Kohle, Erdöl, Erdgas), vor allem in den Sektoren Verkehr, Industrie und Haushalte sowie durch Emissionen aus der Abfallwirtschaft und aus
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der Land- und Forstwirtschaft (insbesondere durch Rodung). Zu den wichtigsten Treibhausgasen zählen das Kohlendioxid (CO2), das Methan (CH4), das Lachgas (N2O), die Fluor-Chlor-Kohlenwasserstoffe (FCKW) sowie synthetische Stoffe mit hohem Treibhauspotenzial. Bei den Letzteren handelt es sich einerseits um teilhalogenierte Fluorkohlenwasserstoffe (HFC) und perfluorierte Kohlenwasserstoffe (PFC) und andererseits um Schwefelhexafluorid (SF6).
Erst seit den 1970er-Jahren werden die Auswirkungen der Treibhausgasemissionen auf Natur und Mensch wissenschaftlich untersucht. Gemäss dem "Zwischenstaatlichen Ausschuss für Klimaänderungen" (Intergovernmental Panel on Climate Change, IPCC) ist die beobachtete Erwärmung der letzten 50 Jahre mit allergrösster Wahrscheinlichkeit zur Hauptsache dem vom Menschen verursachten Anstieg der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre zuzuschreiben (Climate Change 2014 Synthesis Report). Das IPCC wurde 1988 von der Weltorganisation für Meteorologie (WMO) und dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen (UNEP) gemeinsam ins Leben gerufen, um den Wissensstand auf dem Gebiet der Klimaänderungen laufend zu evaluieren. Die IPCC-Statusberichte werden unter Mitarbeit von über 2000 Experten aus der ganzen Welt in einem mehrfachen Begutachtungsprozess ausgearbeitet und repräsentieren den gemeinsamen Nenner einer grossen Mehrheit der im Klimabereich tätigen Wissenschaftler. Beobachtungen des Klimasystems beruhen auf direkten Messungen und Fernerkundung durch Satelliten und andere Plattformen.
Beobachtungen im globalen Massstab aus der Zeit der instrumentellen Messungen begannen Mitte des 19. Jahrhunderts bezüglich Temperatur und anderen Messgrössen, wobei umfassendere und unterschiedliche Beobachtungsdatensätze in der Zeit von 1950 an verfügbar sind.
LR-Systematik
0..8
0..81
0..81.4
LGBl-Nummern
2017 / 286
Landtagssitzungen
09. Juni 2017
Stichwörter
glo­bale Klimaerwärmung
inlän­di­sche Mass­nahmen für deren Erreichung
kon­krete Emissionsreduktionsziele
Kyoto Protokoll
Rah­men­übe­rein­kommen der Ver­einten Nationen über Klimaänderungen
Reduk­tion von Emissionen
Übe­rein­kommen von Paris