Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über das Öffentliche Auftragswesen im Bereich der Sektoren (ÖAWSG)
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Mit der Richtlinie 2014/25/EU über die Vergabe von Aufträgen im Sektorenbereich werden die Vorschriften über das Vergaberecht überarbeitet und modernisiert, damit die Effizienz der öffentlichen Ausgaben gesteigert und die Teilnahme insbesondere kleinerer und mittlerer Unternehmen (KMU) an öffentlichen Vergabeverfahren erleichtert wird. Durch die neuen Regeln werden die Verfahren für die Vergabe öffentlicher Aufträge einfacher und flexibler. Es werden unter anderem die Mindestfristen der Verfahren kürzer und lediglich der Offertsteller, welcher den Zuschlag erhält, muss sämtliche Unterlagen zum Nachweis seiner Teilnahmeberechtigung beibringen, ansonsten genügt eine Eigenerklärung über die Erfüllung der Teilnahmebedingungen.
Im Sinne von Bürokratieabbau, Deregulierung und einer liberalen Gestaltung des Vergaberechts wird die Wahlmöglichkeit der Auftraggeber bei den Zuschlagskriterien beibehalten. Ziel soll ein effizientes und rechtssicheres Vergabeverfahren mit einem einfachen Zuschlagssystem sein. Der Zuschlag erfolgt somit auf der Grundlage des Preises oder der Kosten mittels eines Kosten-Wirksamkeits-Ansatzes, wie der Lebenszykluskosten, und kann das beste Preis-Leistungsverhältnis beinhalten. Das beste Preis-Leistungs-Verhältnis wird durch eine nicht abschliessende Liste möglicher Zuschlagskriterien festgelegt, wie z.B. Qualität, Lieferbedingungen oder umweltbezogene Eigenschaften. Neu kann bei den Zuschlagskriterien die Organisation, Qualifikation und Erfahrung des mit der Ausführung des Auftrags betrauten Personals berücksichtigt werden, wenn die Qualität des eingesetzten Personals erheblichen Einfluss auf das Niveau der Auftragsausführung haben kann. Das neue Verfahren für den Erwerb innovativer Produkte und Dienstleistungen wird die Innovation fördern. Für Dienstleistungen in den Bereichen Soziales, Kultur, Gesundheit, Recht, Hotel- und Gaststättenwesen gilt eine neue vereinfachte Regelung. Diese Regelung greift bei Aufträgen, deren Wert 1 000 000 Euro übersteigt. Es gilt bei diesen personenbezogenen Dienstleistungen lediglich die Pflicht zur Gleichbehandlung aller Offertsteller und zur Transparenz.
Die Richtlinie 2014/23/EU über die Konzessionsvergabe deckt Partnerschaftsabkommen zwischen einer in der Regel öffentlichen Stelle und einem oftmals privaten Unternehmen in Fällen ab, in denen letzteres das Betriebsrisiko für die War-
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tung und Entwicklung von Infrastrukturen übernimmt (Häfen, Wasserversorgung, Parkhäuser, gebührenpflichtige Autobahnen etc.) oder aber Dienstleistungen von allgemein wirtschaftlichen Interesse erbringt (Energie, Gesundheitswesen, Wasserversorgung und -behandlung, Abfallbeseitigung usw.). Die vorgeschlagenen Regeln sollen einen klaren Rechtsrahmen schaffen, der die erforderliche Rechtssicherheit gewährleistet, die öffentliche Auftraggeber bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben benötigen.
Die elektronische Rechnungsstellung bezieht sich auf den Prozess der Erstellung, Übertragung und des Empfangs von Rechnungen in einem strukturierten Format, welches es ermöglicht diese automatisch und elektronisch zu verarbeiten. Ziel der Richtlinie 2014/55/EU ist es für mehr Rechtssicherheit zu sorgen, eine übermässig hohe Komplexität zu vermeiden und den Wirtschaftsbeteiligten, die momentan je nach EWR-Vertragsstaat unterschiedliche elektronische Rechnungsstellungssysteme verwenden müssen, zusätzliche Betriebskosten zu ersparen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Behörde
Alle öffentlichen Auftraggeber
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Vaduz, 4. Juli 2017
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über das Öffentliche Auftragswesen im Bereich der Sektoren (ÖAWSG) zu unterbreiten.
Am 28. März 2014 sind die Richtlinie 2014/23/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Konzessionsvergabe (ABl. Nr. L 94 vom 28. März 2014, Seite 1 ff.) und die Richtlinie 2014/25/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Februar 2014 über die Vergabe von Aufträgen durch Auftraggeber im Bereich der Wasser-, Energie- und Verkehrsversorgung sowie der Postdienste und zur Aufhebung der Richtlinie 2004/17/EG (ABl. Nr. L 94 vom 28. März 2014, Seite 243 ff.) verabschiedet worden.
Der Gemeinsame EWR-Ausschuss hat an seiner Sitzung vom 29. April 2016 die Übernahme der Richtlinien 2014/23/EU und 2014/25/EU in das EWR-Abkommen beschlossen, womit Liechtenstein als Mitglied des EWR verpflichtet ist, sie in in-
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nerstaatliches Recht umzusetzen. Für die EU-Staaten ist die Umsetzungsfrist am 18. April 2016 abgelaufen.
Am 11. Juni 2015 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, die Richtlinie 2014/55/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. April 2014 über die elektronische Rechnungsstellung bei öffentlichen Aufträgen (ABl. Nr. L 133 vom 6. Mai 2014, Seite 1 ff.) in das EWR-Abkommen zu übernehmen. Die Richtlinie sieht eine Frist bis zum 27. November 2018 vor, innerhalb derer die EU-Mitgliedstaaten ihre nationalen Umsetzungsvorschriften zu erlassen haben. Der Landtag hat der Übernahme der Richtlinie 2014/55/EU in seiner Sitzung vom 2. Oktober 2015 zugestimmt.