Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2018 / 53
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Bankengesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze (Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/2399)  
 
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Mit dem Gesetz zur Sanierung und Abwicklung von Banken und Wertpapierfir-men (Sanierungs- und Abwicklungsgesetz, SAG) wurde die Richtlinie 2014/59/EU zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen (Bankensanierungs- und Abwicklungsrichtlinie - Bank Recovery and Resolution Directive, BRRD) in Liechtenstein umgesetzt. Die BRRD wurde mit der Richtlinie (EU) 2017/2399 vom 12. Dezember 2017 abgeändert. Diese Richtlinie regelt den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge teilweise neu. Art. 108 BRRD über die Insolvenzrangfolge wurde in Liechtenstein in Art. 65a des Bankengesetzes (BankG) umgesetzt, sodass durch die Abänderungsrichtlinie (EU) 2017/2399 auch Abänderungen an diesem Gesetz notwendig werden.
Konkret sieht die Richtlinie (EU) 2017/2399 eine neue Kategorie "nicht bevorrechtigter" vorrangiger Schuldtitel ("non-preferred senior debt") vor, die in der Konkursrangfolge über Eigenmittelinstrumenten und anderen nachrangigen Verbindlichkeiten, die nicht als Eigenmittelinstrumente gelten, steht. Diese Schuldtitel müssen eine ursprüngliche vertragliche Laufzeit von mindestens einem Jahr haben, dürfen keine eingebetteten Derivate umfassen und selbst keine Derivate sein. Des Weiteren muss in den einschlägigen Vertragsunterlagen und gegebenenfalls im Prospekt im Zusammenhang mit ihrer Emission explizit auf den niedrigeren Rang dieser Schuldtitel im regulären Insolvenzverfahren hingewiesen werden. Schliesslich muss sichergestellt werden, dass gewöhnliche unbesicherte Forderungen nach ihrem nationalen Recht über das reguläre Insolvenzverfahren einen höheren Rang einnehmen als unbesicherte Forderungen aus Schuldtiteln, welche die oben genannten Bedingungen erfüllen. Die Schaffung dieser neuen Kategorie vorrangiger Schuldtitel ist insbesondere für die grösseren liechtensteinischen Banken von hoher Bedeutung.
Die Verordnung (EU) 2017/2395 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf Übergangsbestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen der Einführung des IFRS 9 auf die Eigenmittel und zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor als Grosskredite reagiert auf einen möglichen, signifikanten CET1-Rückgang, der durch die Einführung der IFRS 9-Regelungen bei der
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Berechnung der Risikovorsorge für Finanzinstrumente für Geschäftsjahre, die ab dem 1. Januar 2018 beginnen, verursacht werden kann. Der IFRS 9-Standard setzt hierbei die Vorgaben der G20 Finanzminister für eine vorausschauende Bildung von Risikovorsorge um. Diese Verordnung ist ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme in das EWR-Abkommen in Liechtenstein direkt anwendbar. Aufgrund des Umstands, dass deren EWR-Übernahme derzeit nicht konkret absehbar ist sowie aufgrund der Relevanz dieser Bestimmung für die liechtensteinischen Banken, soll diese Verordnung - im Sinne einer Übergangslösung - zu nationalem liechtensteinischen Recht erklärt werden. Dies ist für die Rechtssicherheit der liechtensteinischen Banken unerlässlich.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
 
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Vaduz, 26. Juni 2018
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Bankengesetzes sowie die Abänderung weiterer Gesetze (Umsetzung der Richtlinie (EU) 2017/2399) an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Der Rat für Finanzstabilität (FSB) hat am 9. November 2015 ein Term Sheet über die Gesamtverlustabsorptionsfähigkeit (den "Total Loss-Absorbing Capacity (TLAC)-Standard") veröffentlicht, das von der G20 im November 2015 gebilligt wurde. Die TLAC-Standards sollen sicherstellen, dass global systemrelevante Banken ("global systemically important banks") über die erforderliche Verlustabsorptions- und Rekapitalisierungsfähigkeit verfügen. Damit sollen Bankenrettungen durch die öffentliche Hand vermieden werden.
Nach dem TLAC-Standard ist die TLAC-Mindestanforderung mit nachrangigen Verbindlichkeiten zu erfüllen, die in der Insolvenzrangfolge nach den vom Geltungsbereich des TLAC-Standards ausgeschlossenen Verbindlichkeiten eingereiht
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sind. Nach diesem Standard ist die Nachrangigkeit durch die rechtlichen Wirkungen eines Vertrags (sogenannte "vertragliche Nachrangigkeit"), die Gesetze eines bestimmten Rechtsgebiets (sogenannte "gesetzliche Nachrangigkeit") oder eine bestimmte Unternehmensstruktur (sogenannte "strukturelle Nachrangigkeit") zu erreichen. Sofern dies nach der BRRD erforderlich ist, haben Institute, die in den Anwendungsbereich der BRRD fallen, ihre firmenspezifischen Anforderungen mit nachrangigen Verbindlichkeiten zu erfüllen, um das Risiko zu minimieren, dass Gläubiger rechtliche Schritte einleiten, um nachzuweisen, dass die Gläubiger im Falle einer Abwicklung grössere Verluste erlitten haben als dies bei einem regulären Insolvenzverfahren der Fall gewesen wäre (Grundsatz "keine Schlechterstellung von Gläubigern").
Die Richtlinie (EU) 2017/2399 im Hinblick auf den Rang unbesicherter Schuldtitel in der Insolvenzrangfolge führte zu einer Abänderung der BRRD. Die BRRD enthält sowohl präventive Massnahmen sowie Massnahmen zur Bewältigung einer Krise, aber auch Massnahmen zur Überwindung der Insolvenzsituation einer Bank. Für solche Abwicklungsmassnahmen ist die Abwicklungsbehörde zuständig. Ist jedoch eine Restabwicklung geboten, so verbleibt diese beim Konkursgericht im Rahmen des Konkursverfahrens. Wenn eine Abwicklungsmassnahme nicht im öffentlichen Interesse erforderlich ist, wird ein ausfallendes Institut ebenfalls zur Gänze im Rahmen eines Konkursverfahrens abgewickelt. Bei einem Konkursverfahren gilt für die Verteilung die Rangfolge der Konkursforderungen; sie ist aber auch bei der Abwicklung durch die Abwicklungsbehörde zu beachten.
Um die Abwicklungsfähigkeit von Instituten zu verbessern, aber auch um die Rechtssicherheit für Anleger zu erhöhen, führt die Richtlinie (EU) 2017/2399 eine neue Kategorie "nicht bevorrechtigter" vorrangiger Schuldtitel ("non-preferred senior debt") ein, die in der Konkursrangfolge über Eigenmittelinstrumenten und anderen nachrangigen Verbindlichkeiten, die nicht als Eigenmittelinstrumente
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gelten, steht. Dies ändert nichts daran, dass Institute weiterhin Schuldtitel sowohl der vorrangigen als auch der "nicht bevorrechtigten" vorrangigen Kategorie ausgeben können. Unbeschadet anderer Optionen und Ausnahmen, die im TLAC-Standard vorgesehen sind, um die Nachrangigkeitsanforderung zu erfüllen, sollte von diesen beiden Kategorien nur die "nicht bevorrechtigte" vorrangige Kategorie auf die Nachrangigkeitsanforderung anrechenbar sein. Dies soll es den Instituten ermöglichen, die kostengünstigeren gewöhnlichen vorrangigen Schuldtitel für ihre Finanzierung oder für andere operative Zwecke heranzuziehen und Schuldtitel der neuen "nicht bevorrechtigten" vorrangigen Kategorie für die Beschaffung von Finanzmitteln unter gleichzeitiger Erfüllung der Nachrangigkeitsanforderung auszugeben. Es können somit mehrere Kategorien für andere gewöhnliche unbesicherte Verbindlichkeiten geschaffen werden, sofern sie unbeschadet anderer Optionen und Ausnahmen, die im TLAC-Standard vorgesehen sind, sicherstellen, dass nur die "nicht bevorrechtigte" vorrangige Kategorie von Schuldtiteln auf die Nachrangigkeitsanforderung anrechenbar ist.
Die Richtlinie (EU) 2017/2399 regelt den Rang der gewöhnlichen unbesicherten vorrangigen Schuldtitel nicht; dieser Rang kann beibehalten werden. Die liechtensteinische Konkursordnung (KO) erwähnt diese Forderungen nicht ausdrücklich; sie sind somit übrige Konkursforderungen in der vierten Klasse nach Art. 51 KO. Eine Änderung ist nicht geboten und auch nicht zweckmässig.
Die Verordnung (EU) 2017/2395 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf Übergangsbestimmungen zur Verringerung der Auswirkungen der Einführung des IFRS 9 auf die Eigenmittel und zur Behandlung von bestimmten auf die Landeswährung eines Mitgliedstaats lautenden Risikopositionen gegenüber dem öffentlichen Sektor als Grosskredite reagiert auf einen möglichen, signifikanten CET1-Rückgang, der durch die Einführung der IFRS 9-Regelungen bei der Berechnung der Risikovorsorge für Finanzinstrumente für Geschäftsjahre, die
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ab dem 1. Januar 2018 beginnen, verursacht werden kann. Der IFRS 9-Standard setzt hierbei die Vorgaben der G20 Finanzminister für eine vorausschauende Bildung von Risikovorsorge um. Diese Verordnung ist ab dem Zeitpunkt ihrer Übernahme in das EWR-Abkommen in Liechtenstein direkt anwendbar. Aufgrund des Umstands, dass deren EWR-Übernahme derzeit nicht konkret absehbar ist sowie aufgrund der Relevanz dieser Bestimmung für die liechtensteinischen Banken, soll diese Verordnung - im Sinne einer Übergangslösung - zu nationalem liechtensteinischem Recht erklärt werden. Dies ist für die Rechtssicherheit der liechtensteinischen Banken unerlässlich.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2018 / 214
2018 / 214
Landtagssitzungen
06. September 2018
Stichwörter
IFRS 9-Standard
Kon­kurs­rang­folge
non-pre­ferred senior debt
Richt­linie (EU) 2017/2399
Ver­ord­nung (EU) 2017/2395
vorausschau­ende Bil­dung von Risikovorsorge
vor­ran­gige Schuldtitel