Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsgesetz; KVG) und die Abänderung des Gesetzes über die obligatorische Unfallversicherung (Unfallversicherungsgesetz; UVersG)
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Der gegenständliche Bericht und Antrag betrifft folgende Themen im Bereich der Krankenversicherung: Leistungen bei Mutterschaft und Befreiung von der Kostenbeteiligung, Versorgungsnetze, versicherter Verdienst beim Krankengeld, Überwachung der Versicherungspflicht beim Krankengeld, Entschädigung von Versicherungsvermittlern (Courtagen), gesetzliche Verankerung der Massnahmen bei Zahlungsverzug sowie Auszahlung der Prämienverbilligung an die Kassen.
Angelehnt an die Regelungen in der Schweiz sollen (werdende) Mütter ab der 13. Schwangerschaftswoche bis zehn Wochen nach der Niederkunft generell von einer Kostenbeteiligung befreit werden. In die Kostenbefreiung sollen auch Leistungen aufgrund von Fehlgeburten vor der 13. Schwangerschaftswoche mit aufgenommen werden.
Um die Umsetzung konkreter Ideen im Bereich von Versorgungsnetzen zu erleichtern, soll es künftig neben dem Kassenverband auch einer einzelnen Krankenkasse möglich sein, einen diesbezüglichen Versorgungsvertrag abzuschliessen. Bisher besteht diese Möglichkeit nur für den Kassenverband.
Die Entschädigung von Versicherungsvermittlern soll in der vorliegenden Vorlage nicht generell verboten, aber die Regierung ermächtigt werden, auf Verordnungsebene entsprechende Regelungen zu erlassen. Eine marktübliche Entschädigung der Vermittlertätigkeit soll weiterhin erlaubt bleiben. Damit verbunden soll die Transparenz über Art und Höhe der Vergütung sichergestellt werden.
Aufgrund eines Urteils des Staatsgerichtshofs zu StGH 2018/133 wird der bisher auf Verordnungsebene geregelte Leistungsaufschub der Krankenkassen bei Zahlungsverzug in das Gesetz übernommen. An der Möglichkeit zum Leistungsaufschub bei Zahlungsverzug soll sich nichts ändern.
Mit der direkten Auszahlung der Prämienverbilligung an die Kassen soll sowohl die Wirksamkeit der Prämienverbilligung für die Anspruchsberechtigten besser spürbar werden als auch eine zusätzliche und wirksame Massnahme gegen Zahlungsausfälle geschaffen werden. Die Ausrichtung der Prämienverbilligung soll wie bisher auf Antrag des Versicherten erfolgen. Die Anspruchsvoraussetzungen werden mit der Vorlage nicht geändert.
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Die relevante Lohnsumme für die Berechnung des Krankengeldes weicht heute von derjenigen für die Berechnung des Unfalltaggeldes ab. Mit der Vorlage soll auch im Krankenversicherungsgesetz nach dem stimmigeren Vorbild des Unfallversicherungsgesetzes vom Begriff "versicherter Verdienst" ausgegangen werden. Neu soll zudem in diesem Zusammenhang die AHV im Auftrag des Amtes für Gesundheit die Einhaltung der Versicherungspflicht prüfen. Gleichzeitig soll die AHV diese Prüfung auch in Bezug auf die obligatorische Unfallversicherung durchführen, weshalb gegenständlich auch eine Anpassung des Unfallversicherungsgesetzes erforderlich ist.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Gesellschaft
Betroffene Stellen
Amt für Gesundheit
Amt für Soziale Dienste
AHV-IV-FAK-Anstalten
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Vaduz, 5. November 2019
LNR 2019-1492
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Krankenversicherung (Krankenversicherungsgesetz; KVG) und des Gesetzes über die obligatorische Unfallversicherung (Unfallversicherungsgesetz; UVersG) an den Landtag zu unterbreiten.
Im Zentrum der letzten grösseren Revisionen des Krankenversicherungsgesetzes standen Strategien zur Eindämmung des Kostenwachstums in der obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP). Auslöser waren die fortschreitend hohen und stark steigenden Gesundheitsausgaben. Ziel der jüngeren Bemühungen war es, das Kostenwachstum spürbar in Richtung der aufgrund der Demografie zu erwartenden Zuwachsrate zu dämpfen.
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Die Kostenentwicklung stellt sich aus heutiger Sicht weitaus erfreulicher dar. Wie Abbildung 1 zeigt, konnte der Trend gebrochen werden. Hätte sich der von 2001 bis 2013 beobachtete Trend von durchschnittlich 4% Wachstum pro Jahr weiter fortgesetzt, so wären die OKP-Bruttoleistungen für das Jahr 2018 um rund CHF 40 Mio. höher ausgefallen. Die Jahre 2014 bis 2018 lagen alle unter Trend und kumuliert ergibt sich eine Differenz von über CHF 100 Mio. gegenüber dem Trend.
Abbildung 1: Entwicklung der Kosten pro Versicherungsmonat in der OKP 2001-2018
Auch in der Durchschnittsprämie zeichnet sich diese für die Versicherten positive Entwicklung ab (Tabelle 1). Im Jahr 2017 kam es zu einem deutlichen Rückgang der Prämie, was auch auf die in diesem Jahr eingeführte höhere obligatorische und freiwillige Kostenbeteiligung zurück zu führen war. Die Prämien für die drei nachfolgenden Jahre 2018-2020 sind im Mittel ebenfalls zurückgegangen. Ausserdem leistete eine grosse Kasse im Jahr 2019 eine freiwillige Rückzahlung in
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Höhe eines einmaligen Auszahlungsbetrages von CHF 350 für erwachsene Versicherte und von CHF 175 für Jugendliche. Das Gesamtvolumen der Rückzahlung beträgt rund CHF 8 Mio. Dieser Betrag geht in die Berechnung der untenstehenden Durchschnittsprämie nicht ein, sondern stellt für die Begünstigten eine weiter gehende Verbesserung dar.
Jahr | Durchschnittsprämie für Erwachsene (ohne Unfall) in CHF* | gewichtete Veränderung in % |
2013 | 265 | +2.3% |
2014 | 296 | +11.8?% |
2015 | 333 | +12.5?% |
2016 | 347 | +4.3?% |
2017 | 317 | -8.8?% |
2018 | 311 | -1.8% |
2019 | 308 | -1.0% |
2020 | 299 | - 2.9% |
*Die Berechnungsweise entspricht jener zur Ermittlung des Arbeitgeberbeitrages. Ab 2017 sind darin die Prämien für alle Franchiseabstufungen zu berücksichtigen, zuvor nur jene mit obligatorischer Kostenbeteiligung. |
Tabelle 1: Entwicklung der Durchschnittsprämie in der OKP 2013 bis 2020
Quelle: Rechenschaftsberichte der Regierung an den Hohen Landtag, 2020: Amt für Gesundheit
In den Jahren 2014 und 2015 resultierte die Prämiensteigerung vor allem aus dem aufgrund der Sparmassnahmen im Staatshauhalt reduzierten Beitrag des Staates an die obligatorische Krankenpflegeversicherung. Die Kostenentwicklung und damit die Prämie unter Kontrolle zu halten, wird weiterhin eine ständige Herausforderung im Gesundheitswesen bleiben. Die geschaffenen und in den letzten Jahren verbesserten Werkzeuge im Bereich der Kostensteuerung müssen hierzu konsequent angewendet und weiterentwickelt werden.
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Für den Moment sind keine grösseren Systemveränderungen angezeigt, sondern es stehen einzelne Änderungen und Korrekturen an, die mit der vorliegenden Vorlage aufgegriffen werden sollen. Insbesondere soll eine Anregung im Zusammenhang mit Leistungen bei Mutterschaft umgesetzt werden, welche auf einen parlamentarischen Vorstoss zurückgeht.