Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2019 / 139
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage und Begründung
2.Ver­hand­lungs­ver­lauf
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Austritt des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und dem EWR-Abkommen
 
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Nach der Volksabstimmung im Vereinigten Königreich (UK) über den Austritt aus der EU ("Brexit") im Juni 2016 hat die britische Regierung der EU am 29. März 2017 formell ihren Austrittsentscheid mitgeteilt. Damit ist eine zweijährige Frist für die Verhandlungen mit der EU über die Bedingungen eines geordneten Austritts (deal) angelaufen. Da es nicht gelang bis am 29. März 2019 eine Lösung zu finden, die im britischen Parlament die notwendige Mehrheit erlangen konnte, musste die Frist insgesamt dreimal bis 31. Januar 2020 verlängert werden. Im Oktober 2019 einigten sich UK und die EU auf ein leicht angepasstes Austrittsabkommen. Das Abkommen regelt insbesondere die erworbenen Rechte der Bürgerinnen und Bürger sowie die finanziellen Verpflichtungen von UK. Bis Ende 2020 bleibt UK im Binnenmarkt, allerdings ohne Mitspracherechte. In dieser Zeit soll ein Abkommen über die künftigen Beziehungen ausgehandelt werden. Der Übergangszeitraum kann einmalig um ein oder zwei Jahre verlängert werden. Während des Übergangszeitraums wird sich für betroffene Bürger und Unternehmen nichts ändern.
Mit dem Brexit verlässt UK nicht nur die EU, sondern gleichzeitig auch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Seit fast 25 Jahren bildet dieser die Grundlage für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Liechtenstein und UK. Gestützt auf das EWR-Abkommen verfügen liechtensteinische Bürgerinnen und Bürger über zahlreiche Rechte, auf die sie sich in allen EU-Staaten gleichermassen berufen können. Umgekehrt verfügen Bürgerinnen und Bürger aus UK über zahlreiche Rechte in Liechtenstein. Diese erworbenen Rechte gilt es zu sichern, damit der Brexit sich nicht negativ auf bereits getroffene Lebensentscheidungen auswirkt. Erklärtes Ziel der Regierung ist es dabei, die Gleichbehandlung der liechtensteinischen Staatsangehörigen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern sicherzustellen. Das vorliegende Austrittsabkommen zwischen den EWR/EFTA-Staaten und UK erfüllt diese Forderung. Es gewährleistet, dass EWR/EFTA-Staatsangehörige, die bereits in UK leben bzw. britische Staatsangehörige, die in Norwegen, Island oder Liechtenstein leben, weitgehend die gleichen Rechte haben wie bisher. Dazu gehören neben dem Aufenthaltsrecht, auch die Ansprüche auf Sozialversicherung und die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen. Die spezielle liechtensteinische Lösung beim Personenverkehr bleibt vorbehalten.
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Das Abkommen soll ab dem 1. Februar 2020 vorläufig angewendet werden. Dies wird mit dem Brexit-Übergangsgesetz gewährleistet. Dieses Gesetz dient zudem der nationalen Umsetzung des zwischen der EU und UK vereinbarten Übergangszeitraums. Mit der Gesetzesvorlage wird für den Rechtsanwendenden klargestellt, dass UK während des Übergangszeitraums im liechtensteinischen Recht weiter als EWR- bzw. EU-Mitgliedstaat gilt.
Zuständige Ministerien
Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Ministerium für Inneres, Bildung und Umwelt
Betroffene Stellen
Mission des Fürstentums Liechtenstein bei der Europäischen Union in Brüssel
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Stabsstelle EWR
Ausländer- und Passamt
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Vaduz, 19. September 2019
LNR 2019-1796 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend den Austritt des Vereinigten Königreichs Grossbritannien und Nordirland aus der Europäischen Union und dem EWR-Abkommen zu unterbreiten.
1.Ausgangslage und Begründung
Am 23. Juni 2016 stimmten 52 Prozent der Stimmberechtigten des Vereinigten Königreichs (UK) in einem rechtlich nicht-bindenden Referendum für einen Austritt aus der Europäischen Union (EU). Nach dem Rücktritt von Premierminister David Cameron startete die neue Regierung unter Premierministerin Theresa May einen internen Sondierungsprozess über Auswirkungen eines solchen Brexit auf UK. Basierend auf diesem Sondierungsprozess präsentierte May im Januar 2017 ihre Ziele für die Austrittsverhandlungen mit der EU in Form eines 12-Punkte-Plans für ein "Global Britain". Zentrale Punkte dieses Plans sind die Kontrolle über die Gesetzgebung und die Gesetzesinterpretation, die national-staatliche Steuerung der Zuwanderung sowie eine eigenständige Aussenhandels-
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politik, die UK zu neuen Freihandelsabkommen mit Staaten ausserhalb Europas verhelfen soll. Am 29. März 2017 erfolgte schliesslich das offizielle EU-Austrittsgesuch durch UK. Mit diesem wurde die zweijährige Frist gemäss Art. 50 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) zur Verhandlung eines geordneten Austritts ausgelöst.
Mit dem Brexit verlässt UK nicht nur die EU, sondern gleichzeitig auch den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Eine Mitgliedschaft im EWR setzt entweder eine Mitgliedschaft in der EU oder in der EFTA voraus. Ein Staat, der aus einer der beiden Organisationen austritt, kann deshalb nicht länger Mitglied des EWR sein. Dies ergibt sich nicht nur aus Verweisen im EWR-Abkommen auf die Vertragsparteien "EG Mitgliedstaaten" und "EFTA Staaten", sondern auch aus dem in Art. 126 EWRA festgehaltenen geographischen Geltungsbereich des EWR-Abkommens. Tritt UK also aus der EU aus, ist es nicht länger Teil des räumlichen Geltungsbereichs des EWR und damit nicht mehr Vertragspartei des EWR-Abkommens.
Seit fast 25 Jahren bildet der EWR die Grundlage für die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Liechtenstein und UK. Gestützt auf das EWR-Abkommen verfügen liechtensteinische Bürgerinnen und Bürger über zahlreiche Rechte, auf die sie sich in allen EU-Staaten gleichermassen berufen können. Umgekehrt verfügen Bürgerinnen und Bürger aus UK über zahlreiche Rechte in Liechtenstein. Diese erworbenen Rechte gilt es zu sichern, damit der Brexit sich nicht negativ auf bereits getroffene Lebensentscheidungen auswirkt. Ziel ist es dabei, die Gleichbehandlung der liechtensteinischen Staatsangehörigen mit EU-Bürgerinnen und Bürgern sicherzustellen. Der Austritt aus dem EWR und damit aus dem gemeinsamen Binnenmarkt soll unter denselben Bedingungen vollzogen werden, wie sie für den EU-Austritt gelten. Neben den Bürgerrechten müssen daher auch erworbene Rechte in anderen Bereichen wie z.B. Datenschutz und Geistiges Eigentum
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geschützt werden. Zudem müssen Regeln für am Ende des Übergangszeitraums noch laufende Verfahren festgelegt werden.
LR-Systematik
0..6
0..63
0..63.2
0..1
0..11
LGBl-Nummern
2020 / 207
2020 / 051
Landtagssitzungen
29. Januar 2020
Stichwörter
Austritt Euro­päi­sche Union
Austritt EWR
Austritt Verei­nigtes König­reich Grossbritannien
Brexit
Brexit-Übergangsgesetz
Siche­rung der Rechte für Bürger und Unternehmer