Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2019 / 95
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Noti­fi­ka­tion der Aus­tausch­partner gemäss Abschnitt 7 (1) (f) MCAA
3.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
4.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein betreffend
die Notifikation der Partnerstaaten gemäss Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten
 
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Liechtenstein hat am 29. Oktober 2014 zusammen mit 50 anderen Staaten und Gebieten in Berlin eine multilaterale Vereinbarung über die Grundsätze der Durchführung des AIA (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA) unterzeichnet. Das MCAA stellt ein Instrument dar, um den von der OECD entwickelten AIA-Standard umzusetzen. Bis heute haben über 100 Staaten und Gebiete das MCAA unterzeichnet.
Das MCAA enthält die Verpflichtung zum Austausch bestimmter Informationen, die nach den geltenden Melde- und Sorgfaltsvorschriften gemäss dem von der OECD mit den G20-Staaten ausgearbeiteten Standard für den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten in Steuersachen (gemeinsamer Meldestandard) beschafft wurden. Liechtenstein hat den gemeinsamen Meldestandard mit dem AIA-Gesetz, welches am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist, innerstaatlich umgesetzt. Mit Staaten und Jurisdiktionen ausserhalb der EU setzt Liechtenstein den AIA über das MCAA und damit über das Übereinkommen des Europarates und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (MAK) um.
Der Landtag hat dem MCAA am 9. Juni 2016 zugestimmt. Die Frage, mit welchen Ländern der AIA umgesetzt werden soll, wird durch das MCAA nicht festgelegt. Dazu bedarf es der ausdrücklichen bilateralen Aktivierung im Rahmen des vom MCAA vorgesehenen Mechanismus. Einer bilateralen Aktivierung des AIA über das MCAA mit einer Reihe von Partnerstaaten stimmte der Landtag im November 2016 (siehe Bericht und Antrag Nr. 139/2016), im November 2017 (siehe Bericht und Antrag Nr. 81/2017) und im Oktober 2018 (siehe Bericht und Antrag Nr. 67/2018) zu. Die bilaterale Aktivierung des AIA mit einer weiteren Anzahl von geeigneten Staaten und Jurisdiktionen wird dem Landtag mit dieser Vorlage zur Genehmigung unterbreitet. Damit stimmt der Landtag einer Aktivierung des AIA mit einem ersten Datenaustausch im Jahr 2021 für Daten der Meldeperiode 2020 zu und ermächtigt die Regierung, dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums für die Multilaterale Amtshilfekonvention (MAK) und das MCAA entsprechend Mitteilung zu machen. Mit der gegenständlichen Erweiterung wird sich die Zahl der liechtensteinischen AIA-Partner auf 111 Jurisdiktionen belaufen.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stellen
Steuerverwaltung
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Verwaltungsgerichtshof
Datenschutzstelle
Amt für Informatik
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Vaduz, 3. September 2019
LNR 2019-1171 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Notifikation der Partnerstaaten gemäss Abschnitt 7 Absatz 1 Buchstabe f der Multilateralen Vereinbarung der zuständigen Behörden über den automatischen Informationsaustausch über Finanzkonten zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Mit der Regierungserklärung vom 14. November 2013 hatte sich Liechtenstein zum neuen Standard eines automatischen Informationstausches bekannt. Die Regierung hat daraufhin am 29. Oktober 2014 zusammen mit 50 anderen Staaten und Gebieten in Berlin eine multilaterale Vereinbarung über die Grundsätze der Durchführung des AIA (Multilateral Competent Authority Agreement; MCAA) unterzeichnet. Das MCAA stellt ein Instrument dar, um den von der OECD entwickelten AIA-Standard umzusetzen.
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Das MCAA stützt sich auf Artikel 6 des Übereinkommens des Europarats und der OECD über die gegenseitige Amtshilfe in Steuersachen (Amtshilfeübereinkommen; MAK), welches die staatsvertragliche Rechtsgrundlage für den AIA darstellt. Die MAK wurde vom Landtag am 9. Juni 2016 genehmigt, am 22. August 2016 ratifiziert und ist seit dem 1. Januar 2017 anwendbar. Artikel 6 des Amtshilfeübereinkommens besagt, dass zwei oder mehrere Vertragsparteien für Fallkategorien und nach Verfahren, die sie einvernehmlich regeln, Informationen automatisch austauschen können.
Das MCAA sieht vor, dass der AIA zwischen den Partnern bilateral aktiviert wird. Dafür müssen vier Voraussetzungen erfüllt sein:
Beide Staaten müssen die MAK in Kraft gesetzt haben.
Beide Staaten müssen das MCAA unterzeichnet haben.
Beide Staaten müssen bestätigt haben, dass sie über die zur Umsetzung des AIA-Standards notwendigen Gesetze verfügen.
Beide Staaten müssen dem Sekretariat des Koordinierungsgremiums bei der OECD mitgeteilt haben, dass sie mit dem anderen Staat Informationen auf automatischer Basis austauschen möchten.
Das MCAA basiert auf dem Gedanken einer einheitlichen Umsetzung des AIA-Standards der OECD. Änderungen des Standards können im nationalen Recht nachgeführt werden, ohne dass zahlreiche Abkommen neu verhandelt werden müssen. Das MCAA und das AIA-Gesetz stellen somit sicher, dass die Finanzinstitute gegenüber allen Partnerstaaten den gleichen Standard anwenden können.
Der liechtensteinische Landtag hat bereits in verschiedenen Beschlüssen in den Jahren 2015 (Austausch 2016/2017), 2016 (Austausch 2017/2018), 2017 (Austausch 2018/2019) und 2018 (Austausch 2019/2020) der Aktivierung des AIA mit einer grossen Anzahl von Partnerstaaten (108) zugestimmt.
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Die G20, das Global Forum und die OECD erwarten, dass Liechtenstein den AIA mit allen interessierten und geeigneten Staaten dauerhaft aktiviert und umsetzt. Das ist ein andauernder Prozess.
Wie bereits im Bericht und Antrag Nr. 67/2018 ausgeführt, hat die OECD 2018 einen Vorschlag an die G20 mit angepassten Kriterien für die Erstellung einer schwarzen Liste von Ländern, die die international vereinbarten Standards zur Steuertransparenz nicht ausreichend umgesetzt haben, erstellt1. Dabei wurden die Kriterien aus dem Jahr 2016 weiter verschärft. Die OECD hat im Dezember 2018 und im Juni 2019 einen Bericht an die G20 über diejenigen Staaten übermittelt, bei denen das Risiko besteht, dass sie die internationalen OECD-Standards zum Informationsaustausch auf Anfrage und zum Automatischen Informationsaustausch bis Ende 2019 nicht ausreichend umsetzen. Liechtenstein zählt aufgrund der bis anhin konsequenten Umsetzung nicht zu diesen Staaten. Zur Identifizierung der Staaten gelangen die folgenden Kriterien zur Anwendung:
 
1.
 
"Largely Compliant"-Gesamtrating in der zweiten Runde des Global Forum Länderprüfverfahrens zum Standard zum Informationsaustausch auf Anfrage;
 
2.
 
Zur Umsetzung des Automatischen Informationsaustausches müssen alle notwendigen nationalen Regelungen in Kraft und der Informationsaustausch im Jahr 2018 begonnen worden sein; auf Ende 2019 müssen Vereinbarungen zur Umsetzung mit nahezu allen ("substantially all") interessierten und geeigneten Partnerstaaten aktiviert sein;
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3.
 
Die MAK (oder ein ausreichend grosses Netzwerk an bilateralen Abkommen, die den Informationsaustausch auf Anfrage und den Automatischen Informationsaustausch vorsehen) muss in Kraft sein.
Grundsätzlich müssen 2 von den 3 Kriterien erfüllt werden, um vor einem Listing geschützt zu sein. Allerdings ist Kriterium 2 als sogenanntes "Superkriterium" zu sehen. Das bedeutet, dass ein Listing erfolgt, wenn Kriterium 2 nicht erfüllt ist, auch wenn die beiden anderen Kriterien eingehalten werden. Darüber hinaus erfolgt in jedem Fall auch ein Listing, wenn das Länderprüfverfahren betreffend die Amtshilfe auf Ersuchen mit einem Gesamtrating von "Non Compliant" abgeschlossen wird.
Liechtenstein erfüllt bis auf weiteres die Kriterien 1 und 3. Zu Kriterium 1 ist anzufügen, dass das entsprechende Länderprüfverfahren Liechtensteins betreffend die Amtshilfe auf Ersuchen im März 2019 abgeschlossen wurde und das Rating von "Largely Compliant" bestätigt wurde.
Kriterium 2 soll mit der gegenständlichen Ausweitung der Partnerstaatenliste weiterhin erfüllt werden. Es ist mit Blick auf den gesamten Wirtschaftsstandort alles dafür zu tun, dass eine Aufnahme Liechtensteins auf die Liste derjenigen Staaten, bei denen das Risiko besteht, dass sie die internationalen OECD-Standards zum Informationsaustausch auf Anfrage und zum Automatischen Informationsaustausch bis Ende 2019 nicht ausreichend umsetzen, dauerhaft vermieden wird. Nur dies ist im Einklang mit der im Februar 2019 veröffentlichten Finanzplatzstrategie, die das Ziel der Sicherung eines "andauernd hohen Masses an Konformität" ausdrücklich festhält.
Liechtenstein hat in seiner AIA-Umsetzungsgesetzgebung den sog. "wider approach" nur als Option, nicht aber verpflichtend eingeführt. Der sog. "wider approach" bedeutet, dass die inländischen Finanzinstitute verpflichtet sind, ab dem
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Inkrafttreten der Umsetzungsgesetzgebung bereits für alle ihre ausländischen Kunden die vorgegebenen AIA-Sorgfaltspflichtverfahren durchzuführen. Sie haben die entsprechenden Daten zu sammeln, und zwar unabhängig davon, ob der jeweilige Ansässigkeitsstaat des ausländischen Kunden bereits als Partnerstaat definiert wurde. Da Liechtenstein sich dagegen entschieden hat, den "wider approach" verpflichtend einzuführen, muss den liechtensteinischen Finanzintermediären jeweils rechtzeitig vor dem 1.1. des Jahres (hier 2020) per Verordnung mitgeteilt werden, bezüglich welcher Partnerstaaten ein Austausch im September des folgenden Jahres (hier 2021) stattfinden wird. Eine unterjährige Aktivierung und damit eine Abkehr von diesem bisherigen Weg würde Rückwirkungsfragen aufwerfen und die Rechtssicherheit gefährden.
Die Regierung ist überzeugt, dass letztlich nur eine Aufnahme aller Staaten, die ein Commitment zur Umsetzung des AIA bis 2020 abgegeben haben, in die Liste der Partnerstaaten von den G20, der OECD und dem Global Forum als ausreichende Umsetzung des AIA angesehen werden wird. Die Regierung hält sich dabei genau an die im Jahr 2018 festgelegte weitere Vorgehensweise, die die Zustimmung des Landtags gefunden hat (Bericht und Antrag Nr. 67/2018).
Derzeit (Stand August 2019) haben sich 153 Staaten/Jurisdiktionen zur Umsetzung des AIA verpflichtet, 109 (inklusive Liechtenstein) davon bis zum Jahr 2020:
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Als erste Voraussetzung für die Festlegung, welche Staaten dem Landtag zur Aufnahme als Partnerstaaten vorgeschlagen werden, werden, wie bereits im Jahr 2018, diejenigen Staaten berücksichtigt, die ein Commitment mit einem festen Umsetzungsdatum abgegeben haben. Staaten, die sich nicht auf ein Datum festgelegt haben, können nicht als Partnerstaaten aufgenommen werden, da der zeitliche Anknüpfungspunkt vollständig fehlt.
Gleichzeitig sind auch Staaten, die zwar ein zeitlich festgelegtes Commitment abgegeben haben, aber eine oder mehrere der Bedingungen zur Umsetzung des
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AIA (z.B. die Unterzeichnung des MCAA; s. S. 8) noch nicht erfüllen, jetzt schon auf die Liste der Partnerstaaten aufzunehmen, um in Zukunft ein Rückwirkungsproblem zu vermeiden (eine Anpassung der Liste der Partnerstaaten während des Jahres 2020 ist für einen Austausch im Jahr 2021 auf der Grundlage der liechtensteinischen AIA-Gesetzgebung nicht möglich). Klar ist aber, dass die G20, die OECD und das Global Forum diese umgehende Anpassung bei Erfüllung aller Voraussetzungen (s. S. 8) erwarten würden. Deshalb sollen auch diese Staaten und Gebiete Aufnahme in die Liste der Partnerstaaten finden. Ein tatsächlicher reziproker Austausch findet aber (wie bisher) nur dann statt, wenn diese Staaten zum Zeitpunkt des Austausches (September 2021) sämtliche Bedingungen erfüllen.
Wie bereits in der Vergangenheit ausgeführt (s. Bericht und Antrag Nr. 81/2017) hat das im Global Forum vorgenommene vorläufige länderspezifische Bewertungsverfahren betreffend die Einhaltung der Standards zum Schutz der Vertraulichkeit und des Datenschutzes eine wichtige Bedeutung in diesem Prozess. Die Prüfungen sind Teil eines phasenweise eingeführten Prüfmechanismus, auf dessen Basis einzelne Aspekte der Umsetzung des Standards untersucht werden. Es besteht die Erwartung, dass falls diese "Preliminary Assessment Reports" keine wesentlichen Mängel gezeigt haben, welche die Länder in einem Aktionsplan (sog. Action Plan) zu beseitigen haben, der AIA mit dem betreffenden Partnerland bei dessen Interesse reziprok umgesetzt wird. Falls in den Preliminary Assessment Reports wesentliche Mängel festgestellt werden, die zu einem Action Plan geführt haben, ist das entsprechende Land zwar als Partnerstaat aufzunehmen, der Austausch der Daten erfolgt aber erst ab der durch das Global Forum bestätigten Umsetzung des Action Plans. Diese schon bisher angewendete Praxis wird im Einklang mit dem internationalen Standard weitergeführt.



 
1"jurisdictions that have not satisfactorily implemented the internationally agreed tax transparency standards" http://www.oecd.org/tax/oecd-secretary-general-tax-report-g20-finance-ministers-july-2018.pdf.
 
LR-Systematik
0..3
0..35
0..35.1
0..3
0..35
0..35.1
0..3
0..35
0..35.1
LGBl-Nummern
2019 / 334
2019 / 333
2019 / 332
Landtagssitzungen
03. Oktober 2019
Stichwörter
AIA-Standard
auto­ma­ti­scher Infor­ma­ti­ons­aus­tausch über Finanzkonten
MCAA
Mul­ti­la­teral Com­pe­tent Aut­ho­rity Agreement
OECD