Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beschluss Nr. 105/2020 des gemeinsamen EWR-Ausschusses
Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht worden sind und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 764/2008
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Ziel der Verordnung (EU) 2019/515 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht worden sind und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 764/2008, ist es, dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung mehr Geltung zu verschaffen.
Dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung zufolge dürfen Mitgliedstaaten den Verkauf von Waren, die nicht unter die Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union fallen und die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht worden sind, in ihrem Hoheitsgebiet nicht verbieten. Dies selbst dann nicht, wenn die Waren nach anderen technischen Vorschriften hergestellt wurden. Ausnahmen von diesem Prinzip sind nur aus übergeordneten Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt (z.B. öffentliche Sicherheit, Gesundheitsschutz).
Auf Basis der EU-Verordnung werden klare Verfahren festgelegt, um den freien Verkehr von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht worden sind, zu gewährleisten und sicherzustellen, dass der freie Warenverkehr nur beschränkt werden kann, wenn die Mitgliedstaaten ein berechtigtes öffentliches Interesse hieran haben und die Beschränkung gerechtfertigt und verhältnismässig ist.
Zuständiges Ressort
Ministerium für Infrastruktur, Wirtschaft und Sport
Betroffene Amtsstellen
Amt für Bau und Infrastruktur
Amt für Bevölkerungsschutz
Amt für Gesundheit
Amt für Kommunikation
Amt für Lebensmittelkontrolle und Veterinärwesen
Amt für Strassenverkehr
Amt für Umwelt
Amt für Volkswirtschaft
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Vaduz, 03. November 2020
LNR 2020-1556
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 105/2020 vom 14. Juli 2020 zu unterbreiten.
Die Verordnung (EU) 2019/515 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. März 2019 über die gegenseitige Anerkennung von Waren, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht worden sind und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 764/2008
1 (im Folgenden als "Verordnung (EU) 2019/515" bezeichnet) ersetzt die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. Juli 2008 zur Festlegung von Verfahren im Zusammenhang mit der Anwendung bestimmter nationaler technischer Vorschriften für Produkte, die in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in den -
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Verkehr gebracht worden sind, und zur Aufhebung der Entscheidung Nr. 3052/95/EG (im Folgenden als "Verordnung (EG) 764/2008" bezeichnet).
Die Verordnung (EU) 2019/515 ersetzt aus Gründen der Klarheit und Übersichtlichkeit die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 und hebt diese auf, da die Verordnung (EG) Nr. 764/2008 mehrere Mängel aufweist. Die Verordnung (EU) 2019/515 ist in der EU am 18. April 2019 in Kraft getreten und seit dem 19. April 2020 in den EU-Mitgliedstaaten unmittelbar anwendbar.
Die Verordnung (EU) 2019/515 beinhaltet insbesondere folgende Neuerungen:
Mit der freiwilligen Selbsterklärung ("Erklärung zur gegenseitigen Anerkennung") kann ein Wirtschaftsakteur (z.B. Hersteller) gegenüber der Behörde des Bestimmungsstaates darlegen, dass die Waren bereits in einem anderen Mitgliedstaat rechtmässig in Verkehr gebracht wurden.
Die Möglichkeit der Wirtschaftsakteure, das kostenfreie Problemlösungsverfahren basierend auf SOLVIT zu nutzen, welches Unternehmern hilft, falls die gegenseitige Anerkennung verwehrt wurde.
Die Stärkung der Verwaltungszusammenarbeit, um die Anwendung des Prinzips der gegenseitigen Anerkennung zu verbessern.
Die Mitgliedstaaten richten sogenannte "Produktinfostellen" ein, deren Hauptaufgabe darin besteht, Informationen über nationale Regelungen zu Produkten, für die bisher keine EU-weiten einheitlichen Regelungen getroffen wurden, bereitzustellen. Dies zu Gesetzen, Verordnungen oder Verwaltungsvorschriften, aus denen sich Anforderungen an ein Produkt, wie zum Beispiel in Bezug auf die Zusammensetzung, Form, Grösse, Kennzeichnung, Verpackung, Etikettierung, ergeben.
Wie oben erwähnt, sind in den Mitgliedstaaten gemäss Art. 9 der Verordnung (EU) 2019/515 Produktinfostellen einzurichten. Produktinfostellen spielen insbe-
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sondere bei der Erleichterung der Kommunikation zwischen den nationalen Behörden und den Wirtschaftsakteuren eine wichtige Rolle und dienen den Wirtschaftsakteuren als Ansprechpartner.
Diese Produktinfostellen sind unter anderem verpflichtet, Informationen über den Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung und Kontaktinformationen der zuständigen Behörden zwecks direkter Kontaktaufnahme online bereitzustellen. Bei einer Produktinfostelle handelt es sich um einen in der Liste des Art. 2 Abs. 2 Bst. c der Verordnung (EU) 2018/1724 (Single Digital Gateway) genannten Hilfs- und Problemlösungsdienst. Von der Produktinfostelle werden für die Bereitstellung von Informationen keine Gebühren verrechnet.
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1 | ABl. L 91 vom 29.3.2019, S. 1-18. |
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