Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend das Gesetz über die Abänderung des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) sowie des Finanzmarktaufsichtsgesetzes (FMAG) - ELTIF
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Der europäische Gesetzgeber hat am 29. April 2015 die Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) erlassen, welche in den EU-Mitgliedstaaten seit 9. Dezember 2015 gilt. Diese Verordnung verfolgt das Ziel der Anlage von Kapital in langfristige Investitionsprojekte, die die europäische Wirtschaft auf einen Pfad nachhaltigen und integrativen Wachstums führen sollen. Dazu schafft sie eine neue Anlagekategorie von alternativen Investmentfonds (AIF) für die Verwaltung durch zugelassene Verwalter (AIFM), denn ELTIF sind definitionsgemäss EU-AIF. Soweit sie über die Zulassung nach der Verordnung (EU) 2015/760 verfügen, können sie unter Einhaltung der spezifischen Anlagepolitik, Laufzeit und Transparenzvorschriften die Bezeichnung europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) verwenden. Unter dieser Bezeichnung ist der Vertrieb im EWR möglich. Im Weiteren sind die zuständigen Aufsichtsbehörden zum Vollzug der Verordnung (EU) 2015/760 mit spezifischen Befugnissen und Sanktionsmassnahmen auszustatten, um eine effiziente Aufsicht über ELTIF und deren Verwalter sowie einen angemessenen Anlegerschutz zu gewährleisten.
Die Gesetzesvorlage dient der Durchführung der grundsätzlich direkt anwendbaren EU-Verordnung (EU) 2015/760. Die Durchführung erfolgt durch die Anpassung des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG). Die Verordnung (EU) 2015/760 ergänzt die Richtlinie 2011/61/EU (AIFM-Richtlinie) um eine spezifische Kategorie von AIF und legt für diese produktspezifische Regelungen fest, welche ergänzend zur AIFM-Richtlinie Anwendung finden.
Die Durchführungsmassnahmen waren bereits Gegenstand der Vernehmlassung vom 22. Dezember 2018 und des BuA Nr. 79/2019 zur Abänderung des AIFMG. Im Rahmen der Stellungnahme der Regierung, BuA Nr. 116A/2019, an den Landtag wurden diese aus den Vorlagen herausgenommen, da zu diesem Zeitpunkt die Übernahme der Verordnung (EU) 2015/760 in das EWR-Abkommen nicht absehbar war. Die Übernahme ist nunmehr am 7. Februar 2020 erfolgt, sodass die Verordnung (EU) 2015/760 nunmehr mit dieser separaten Vorlage national im AIFMG durchgeführt werden soll, um für den Finanzmarkt und die Realwirtschaft neue Geschäftsmöglichkeiten mit der Kategorie ELTIF zu ermöglichen und Wettbewerbsgleichheit mit anderen EWR-Mitgliedstaaten herzustellen.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, FMA
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Vaduz, 14. Juli 2020
LNR 2020-893 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes über die Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMG) sowie des Finanzmarktaufsichtsgesetzes (FMAG) - Verordnung (EU) 2015/760 über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) an den Landtag zu unterbreiten.
Die Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. April 2015 über europäische langfristige Investmentfonds (ELTIF) gilt in der EU seit 9. Dezember 2015 und verfolgt das Ziel, dass mehr Kapital von professionellen, aber auch von Privatanlegern, in langfristige Investitionsprojekte, wie z.B. verschiedenste Infrastrukturprojekte, fliessen soll. Dazu wird eine neue Anlagekategorie von alternativen Investmentfonds (AIF) für die Verwaltung durch zugelassene Verwalter von AIF (AIFM) geschaffen. Für solche AIF darf die Bezeichnung ELTIF geführt und grenzüberschreitend verwendet werden, wenn die vorgeschriebene Anlagepolitik, Laufzeit und die Transparenzvorschriften vom AIFM
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eingehalten werden. Mit der Durchführung dieser Verordnung eröffnen sich neue Geschäftsmodelle, die auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sind. Sie dient der Förderung langfristiger Investitionen in die Realwirtschaft, wobei auch Investitionen in Projekte, Unternehmen und Infrastruktur in Drittstaaten zur Kapitalausstattung von ELTIF beitragen können. Harmonisierte Vorschriften sind aus Gründen des fairen Wettbewerbs und eines hohen Anlegerschutzes notwendig. Die Bestimmungen der Verordnung (EU) 2015/760, die produktbezogen sind, gelten zusätzlich zu jenen nach der Richtlinie 2011/61/EU (AIFMD) und ergänzen diese, insbesondere auch im Hinblick auf den möglichen grenzüberschreitenden Vertrieb an Kleinanleger (Privatanleger).
Der Inhalt der Verordnung (EU) 2015/760 konzentriert sich im Wesentlichen auf:
die Zulassung von ELTIF (Antrag durch AIFM für AIF) und deren Registrierung im Zentralregister bei der Europäischen Aufsichtsbehörde für Wertpapiere und Märkte (ESMA);
die Festlegung von zulässigen Anlagevermögenswerten und von Kriterien für qualifizierte Portfoliounternehmen;
die Portfoliozusammensetzung und Diversifizierung unter Erlaubnis einer Kreditaufnahme bei Einhaltung bestimmter Voraussetzungen;
die Rücknahme von, Handel mit und Ausgabe von Anteilen an einem ELTIF sowie Ertragsausschüttung und Kapitalrückzahlung;
die Transparenzanforderungen (Prospektpflicht);
den Vertrieb von ELTIF an Kleinanleger (Zahlstelle, Risikomanagement, Eignungstest, Verwahrstelle, Anlageberatung);
die Notifizierung bei grenzüberschreitendem Vertrieb;
die Aufsichtsbefugnisse und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Aufsichtsbehörden.
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Die Verordnung (EU) 2015/760 wurde mit Beschluss Nr. 19/2020 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 7. Februar 2020 in das EWR-Abkommen übernommen. Vom Beschluss umfasst ist auch die aufgrund der Verordnung (EU) 2015/760 von der EU-Kommission erlassene Delegierte Verordnung (EU) 2018/480 vom 4. Dezember 2017 zur Ergänzung der Verordnung (EU) 2015/760 des Europäischen Parlaments und des Rates durch technische Regulierungsstandards im Hinblick auf einzig und allein der Absicherung dienende Finanzderivate, die ausreichende Länge der Laufzeit europäischer langfristiger Investmentfonds, die Kriterien für die Einschätzung des potenziellen Käufermarkts und die Bewertung der zu veräussernden Vermögenswerte sowie die Arten und Merkmale der den Kleinanlegern zur Verfügung stehenden Einrichtungen. Unabhängig von diesem Gesetzgebungsverfahren wird der EWR-Übernahmebeschluss im Rahmen eines entsprechenden Bericht und Antrags nach Art. 103 EWR-Abkommen dem Landtag zur Zustimmung gemäss Art. 8 Abs. 2 LV unterbreitet.