Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Steuergesetzes
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Gemäss geltender Regelung ist bei der ordentlichen Veranlagung diverser Erwerbseinkünfte (Art. 6 Abs. 5 Bst. c bis f SteG) von beschränkt Steuerpflichtigen der Tarif nach Art. 19 SteG anzuwenden und es wird ein Zuschlag von 200 % erhoben.
Der Staatsgerichtshof hat mit Urteil vom 1. September 2020 (StGH 2019/095) die Regelung betreffend den 200 %-Zuschlag (Art. 23 Abs. 5 Bst. b SteG) als staatsvertragswidrig (EWR-widrig) aufgehoben, wobei die Aufhebung auf den 8. Oktober 2021 wirksam wird und somit ab diesem Zeitpunkt keine Anwendung mehr findet.
Staatsvertragskonform ist der Zuschlag, wenn er dem tiefsten Gemeindezuschlag entspricht. Art. 23 Abs. 5 Bst. b SteG wird dahingehend angepasst, dass der Zuschlag jährlich - entsprechend dem tiefsten im betreffenden Steuerjahr geltenden Gemeindezuschlag - im Finanzgesetz festgelegt wird. Im Jahr 2021 liegt der tiefste Gemeindezuschlag bei 150 %.
Auf die Durchführung einer Vernehmlassung wurde verzichtet, da vorwiegend das Land von der Senkung des Zuschlages betroffen ist und die Frist für die Umsetzung der Vorlage knapp ist.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Steuerverwaltung
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Vaduz, 4. Mai 2021
LNR 2021-671
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Steuergesetzes zu unterbreiten.
Gegenstand dieser Vorlage bildet die Abänderung des Zuschlages, welcher bei der ordentlichen Veranlagung des im Inland erzielten Erwerbs gemäss Art. 6 Abs. 5 Bst. c bis f SteG
1 von beschränkt Steuerpflichtigen erhoben wird. Bei beschränkt Steuerpflichtigen handelt es sich um Personen, die weder Wohnsitz noch Aufenthalt im Inland haben und mit ihrem inländischen Erwerb in Liechtenstein steuerpflichtig sind.
Bei den Erwerbseinkünften gemäss Art. 6 Abs. 5 Bst. c bis f SteG handelt es sich um folgende Erwerbsarten:
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unselbständiger Erwerb (Erwerb aus im Inland ausgeübter unselbständiger Tätigkeit im Sinne des Art. 14 Abs. 2 Bst. d sowie Ersatzeinkünfte im Sinne von Art. 14 Abs. 2 Bst. f, welche im Zusammenhang mit einem inländischen Arbeitsverhältnis stehen und von einer inländischen Versicherung geleistet werden; Art. 6 Abs. 5 Bst. Bst. c SteG);
Organentschädigungen (Vergütungen an Verwaltungsrats-, Stiftungsratsmitglieder oder Mitglieder ähnlicher Organe von juristischen Personen und besonderen Vermögenswidmungen mit Sitz oder tatsächlicher Verwaltung im Inland, die diese Mitglieder für ihre Organfunktion erhalten; Art. 6 Abs. 5 Bst. Bst. d SteG);
Rentenleistungen (Leistungen aus der Alters-, Hinterlassenen- und Invalidenversicherung, einer Einrichtung der betrieblichen Personalvorsorge oder eines Pensionsfonds aufgrund eines früheren inländischen öffentlich-rechtlichen oder privatrechtlichen Arbeitsverhältnisses; Art. 6 Abs. 5 Bst. e SteG);
Freizügigkeitsleistungen (Leistungen aufgrund der Auflösung einer Freizügigkeitspolice oder eines Sperrkontos, welche in Verwendung von Freizügigkeitsleistungen der betrieblichen Personalvorsorge im Inland errichtet wurden; Art. 6 Abs. 5 Bst. f SteG).
Die Besteuerung dieser Erwerbseinkünfte der beschränkt Steuerpflichtigen erfolgt mittels Quellensteuer oder ordentlicher Veranlagung.
Eine ordentliche Veranlagung erfolgt von Amtes wegen, wenn der Erwerb CHF 200'000 oder mehr beträgt (Art. 23 Abs. 2 Bst. a SteG) oder wenn dem Land aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens das ausschliessliche Besteuerungsrecht zukommt (Art. 23 Abs. 2 Bst. b SteG). Liegt der Erwerb unter CHF 200'000, erfolgt eine ordentliche Veranlagung auf Antrag (Art. 23 Abs. 2 Bst. c SteG).
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Die ordentliche Veranlagung der inländischen Erwerbseinkünfte erfolgt unter Progressionsvorbehalt, d.h. zum Progressionssatz des weltweiten Erwerbs (inkl. Sollertrag). Dabei findet der Tarif gemäss Art. 19 SteG Anwendung, und es wird ein Zuschlag von 200 % erhoben (Art. 23 Abs. 5 Bst. b SteG). Die aufgrund des Tarifs sowie aufgrund des Zuschlages ermittelten Steuern kommen dem Land zu.
Im Vergleich dazu stellt sich die ordentliche Veranlagung von unbeschränkt Steuerpflichtigen, d.h. Personen, die im Inland Wohnsitz oder Aufenthalt haben, wie folgt dar:
Diese sind mit den oben aufgeführten Erwerbseinkünften ebenfalls steuerpflichtig. Bei unbeschränkt Steuerpflichtigen findet stets eine ordentliche Veranlagung statt. Dabei werden diese Erwerbseinkünfte zusammen mit ihrem übrigen Erwerb (inkl. Sollertrag) veranlagt. Hierbei gelangt ebenfalls der Tarif gemäss Art. 19 SteG zur Anwendung und es wird ein Zuschlag erhoben. Der Zuschlag entspricht dem Gemeindezuschlag der Wohnsitzgemeinde der unbeschränkt Steuerpflichtigen. Gemäss Art. 75 Abs. 3 SteG wird der Gemeindezuschlag jedes Jahr in Prozenten der Landessteuer vom Gemeinderat festgesetzt und darf 150 % nicht unterschreiten und 250 % nicht übersteigen. Seit 2017 liegen die von den Gemeinden festgesetzten Zuschläge zwischen 150 % und 180 %; vor 2017 gab es Gemeinden mit einem Zuschlag von 200 %.
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1 | Gesetz vom 23. September 2010 über die Landes- und Gemeindesteuern (Steuergesetz; SteG), LGBl. 2010 Nr. 340.
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