Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2021 / 45
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG)
 
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Die Begrenzung der Emissionen von elektrischen und magnetischen Feldern im Frequenzbereich von 0 Hz bis 300 GHz (Strahlung), die beim Betrieb von Anlagen erzeugt werden, wird im Umweltschutzgesetz (USG) und in der Verordnung über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV) geregelt. Als Rezeptionsgrundlage diente damals die schweizerische NISV.
Anfang 2019 wurden in der Schweiz neue Mobilfunkfrequenzen in den Bereichen 700 MHz, 1400 MHz und 3,5 GHz vergeben. Da für den Bereich um 1400 MHz jedoch kein Anlagegrenzwert (AGW) definiert war, wurde im Rahmen der Schweizer NISV-Revision im Juni 2019 für Frequenzen um 1400 MHz ein AGW definiert. Ebenfalls wurde im Rahmen dieser NISV-Revision die Definition des massgebenden Betriebszustandes von Mobilfunkanlagen angepasst. Damit soll der Abstrahlcharakteristik von neuen Antennentechnologien, den sogenannten adaptiven Antennen, Rechnung getragen und die Einführung des neuen Mobilfunkstandards 5G (New Radio) ermöglicht werden.
Mit der gegenständlichen USG-Anpassung soll die in der Schweiz durchgeführte NISV-Revision auch in Liechtenstein übernommen werden. Damit wird die Grundlage zur Beurteilung von adaptiven Antennen und somit für die Einführung des neuen Mobilfunkstandards geschaffen. Zusätzlich sollen neu die IGW für Mobilfunkfrequenzen mittels einer Berechnungsvorschrift auf Gesetzesstufe definiert werden.
Zudem sollen im Rahmen dieser USG-Änderung einige weitere, kleinere Anpassungen des Umweltschutzgesetzes vorgenommen werden. So soll beispielsweise eine EWR-rechtliche Standardformulierung zur jeweils gültigen Fassung von in Verweisen im USG angeführten EWR-Rechtsvorschriften eingefügt werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Betroffene Stellen
Amt für Umwelt
Amt für Kommunikation
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Vaduz, 4. Mai 2021
LNR 2020-1527
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG) an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Die Begrenzung der Emissionen von elektrischen und magnetischen Feldern mit Frequenzen von 0 bis 300 GHz, die beim Betrieb von Anlagen erzeugt werden, wird durch das Umweltrecht, konkret durch das Umweltschutzgesetz (USG) vom 29. Mai 20081 und die Verordnung vom 9. Dezember 2008 über den Schutz vor nichtionisierender Strahlung (NISV)2 geregelt.
Die Rechtsgrundlagen in Liechtenstein zur Begrenzung von Mobilfunkstrahlung entsprechen weitestgehend denjenigen der Schweiz, d.h. beide Länder verfügen
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über dieselben Grenzwerte. Während in der Schweiz alle Grenzwerte in der NISV geregelt sind, hat der liechtensteinische Gesetzgeber anlässlich der Schaffung des USG im Jahre 2008 entschieden, die Grenzwerte für Mobilfunk im USG zu regeln. Konkret sind im USG für den Mobilfunk Immissionsgrenzwerte (IGW) und Anlagegrenzwerte (AGW) festgelegt. Bei den IGW handelt es sich um Grenzwerte zum Schutz der Menschen vor wissenschaftlich nachgewiesenen und akzeptierten Gefährdungen durch die Strahlung. Als IGW wurden analog der Schweiz die von der internationalen Strahlenschutzkommission (ICNIRP3) empfohlenen Richtwerte, welche vor thermischen Effekten schützen, ins liechtensteinische USG übernommen. Sie gelten überall dort, wo sich Menschen aufhalten können, z.B. auf Strassen oder auf öffentlichen Plätzen. Nicht berücksichtigt sind in den IGW hingegen biologische Effekte (sogenannte nicht-thermische Wirkungen) im Niedrigdosisbereich und wissenschaftlich nicht nachgewiesene Langzeitfolgen. Bei den AGW handelt es sich um Vorsorgewerte, die das Vorsorgeprinzip des USG abschliessend konkretisieren. Die AGW sind rund zehnmal tiefer als die IGW und gelten dort, wo sich Menschen regelmässig während längerer Zeit aufhalten. Zu diesen sogenannten "Orten mit empfindlicher Nutzung" (OMEN) gehören Wohnungen, Schulen, Spitäler, ständige Arbeitsplätze oder öffentliche Kinderspielplätze.
Die Versorgung der liechtensteinischen Bevölkerung mit Mobilfunk wird durch die drei Mobilfunknetzbetreiber Telecom Liechtenstein AG, Salt (Liechtenstein) AG und Swisscom (Schweiz) AG sichergestellt. Die letztmaligen Frequenzzuteilungen durch das Amt für Kommunikation an die Betreiber erfolgten im Januar 2015 und umfassten die Frequenzbereiche 800 MHz, 900 MHz, 1800 MHz, 2100 MHz und 2600 MHz4. Damit wurden den drei Mobilfunkbetreibern die Nutzungsrechte an -
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den jeweiligen Frequenzen eingeräumt und die technischen und regulatorischen Rahmenbedingungen festgelegt.
In Liechtenstein existieren derzeit 23 Basisstationen (sogenannte Makro-Standorte), welche die Versorgung des liechtensteinischen Territoriums flächendeckend übernehmen (Stand April 2021). Diese Standorte werden von den drei Netzbetreibern überwiegend gemeinsam betrieben und genutzt. Zusätzlich sind kleinere, sogenannte Mikrozellen in Betrieb, welche hauptsächlich lokal eingesetzt werden, z.B. an Orten mit erhöhtem Datenaufkommen oder für die Inhouse-Versorgung in grösseren Betrieben. Aktuell sind zwei weitere Makrostationen in Planung (Ruggell Pumpwerk, Schellenberg Eschner Rütte).
Der Vollzug des USG und der NISV und damit auch die Überprüfung der Einhaltung der Grenzwerte erfolgt analog zur Schweiz. So wendet Liechtenstein die entsprechenden Vollzugsempfehlungen des Bundes an, wie z.B. die "Vollzugsempfehlung zur NISV, Mobilfunk und WLL-Basisstationen" oder verschiedene Messempfehlungen und nimmt aktiv an verschiedenen Gremien und Arbeitsgruppen (z.B. Cercl'Air Arbeitsgruppe NIS) der Schweiz zwecks Informations- und Erfahrungsaustausch teil.
Der neue Mobilfunkstandard 5G setzt für eine zielgerichtete Datenübertragung auf eine neue Antennentechnologie (adaptive Antennen). Adaptive Antennen werden auch als Massive MIMO Antennen bezeichnet und bestehen aus einer Vielzahl einzeln ansteuerbarer Elemente mit dem Zweck, den Nutzer gezielt zu versorgen. Auch bei konventionellen Antennen wird grundsätzlich in eine bestimmte Richtung gestrahlt. Bei adaptiven Antennen kann dies jedoch dynamisch und zielgerichtet erfolgen. Diese auf den tatsächlichen Nutzerbedarf ausgerichtete Antennentechnologie wird auch als "Beamforming" bezeichnet.
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Die Schweiz passte ihre NISV im Jahr 2019 an, um Regelungslücken zu schliessen, die für den Aufbau der 5G-Netze hinderlich sein könnten. Die Anpassung umfasste u. a. die Festlegung eines Anlagegrenzwertes für 1400 MHz sowie die Verankerung eines Grundsatzes zur Beurteilung von adaptiven Antennen. Die konkrete Ausgestaltung des im Grundsatz festgelegten massgeben Betriebszustandes wird angesichts der Dynamik der Entwicklung der Antennentechnik auf Stufe Vollzugshilfe geregelt. Die entsprechende Vollzugshilfe wurde am 23. Februar 2021 vom Schweizerischen Bundesamt für Umwelt publiziert.
In Liechtenstein kann die Vollzugshilfe noch nicht angewendet werden, da die entsprechende Rechtsgrundlage, welche mit der gegenständlichen Gesetzesänderung geschaffen werden soll, noch nicht vorhanden ist. Die Beurteilung von adaptiven Antennen erfolgt bis dahin so, als würden sie gleichzeitig und in alle Richtungen mit der maximal bewilligten Leistung senden. In der Realität kann die maximale Sendeleistung nur in eine Richtung abgestrahlt werden. Die Beurteilung kann deshalb als eine Überschätzung der tatsächlich möglichen Strahlung angesehen werden.



 
1LGBl. 2008 Nr. 199.
 
2LGBl. 2008 Nr. 325.
 
3International Commission on Non-Ionizing Radiation Protection.
 
4https://www.llv.li/inhalt/12254/amtsstellen/frequenzzuteilungen.
 
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2021 / 429
Stichwörter
Abän­de­rung Umweltschutzgesetz
adap­tive Antennen
IGW
Mobil­funk­fre­quenzen
Mobil­funk­stan­dard 5G
NISV
Ver­ord­nung über den Schutz vor nich­tio­ni­sie­render Strahlung