Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG)
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Die Gesetzesvorlage umfasst die Einführung zwei neuer Bestimmungen in das Umweltschutzgesetz (USG) sowie formelle Verweiskorrekturen im Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG). Die erste Neuregelung im USG betrifft die Tragung der Mehrkosten, welche entstehen, wenn ein Aushub im Rahmen eines Bauprojekts mit Abfall belastet ist, der Standort aber nicht als sanierungsbedürftig gilt. Durch die zweite Neuregelung wird die Verjährungsfrist für Übertretungen gemäss USG erhöht.
Derzeit sind in Liechtenstein 164 Standorte bekannt, die durch Abfall belastet, jedoch grösstenteils gemäss Altlastenrecht nicht sanierungsbedürftig sind. Diese Belastungen stammen von früheren Ablagerungsstandorten, Betriebsstandorten sowie Unfallstandorten. Früher wurden an bestimmten Standorten in den Gemeinden Bauschutt, Siedlungs- und Gewerbeabfälle abgelagert, die gegenwärtig unter der Oberfläche vergraben liegen. Wird nun auf einem solchen Standort gebaut und ein Aushub vorgenommen, besteht das Aushubmaterial zum Teil oder gänzlich aus Abfall. In einem solchen Fall müssen die Fremdstoffe im Aushub zunächst aussortiert und anschliessend korrekt entsorgt werden. Folglich ist der Grundstückeigentümer im Falle einer Belastung des Grundstücks mit Mehrkosten konfrontiert. Die diesbezügliche Neuregelung orientiert sich am Altlastenrecht und verpflichtet den Verursacher der Belastung, die entsprechenden Mehrkosten zu tragen. Kann dieser nicht ermittelt werden oder ist dieser nicht zahlungsfähig, werden die Mehrkosten von der Standortgemeinde und vom Land übernommen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Betroffene Stelle
Amt für Umwelt
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Vaduz, 13. Juli 2021
LNR 2021-1034
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Umweltschutzgesetzes (USG) und des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPG) an den Landtag zu unterbreiten.
Ende der 90er-Jahre hat die Regierung begonnen, die mit Abfall belasteten Standorte zu erfassen und zu untersuchen. Ziel ist die Erstellung eines öffentlichen Katasters über alle sanierungsbedürftigen, überwachungsbedürftigen und nicht sanierungsbedürftigen Standorte, welche eine Abfallbelastung aufweisen.
Derzeit sind dem Land 164 belastete Standorte bekannt. 92 dieser Standorte sind Ablagerungsstandorte, 14 Unfallstandorte und 58 Betriebsstandorte. Bei den Ablagerungsstandorten ist rund die Hälfte der betreffenden Grundstücke im Eigentum von Privaten. Die Ablagerungsstandorte datieren grösstenteils aus den 60er/70er-Jahren.
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Rund 30 Ablagerungsstandorte wurden bereits untersucht. Dabei hat sich bisher ein Standort als überwachungsbedürftig und keiner als sanierungsbedürftig herausgestellt. Bei den bereits untersuchten Ablagerungsstandorten bestand die Belastung ungefähr zur Hälfte aus Bauschutt und zur Hälfte aus Gewerbe- und Siedlungsabfall (z.B. Aluminiumdosen, Glas oder Plastik).
In den nächsten drei bis fünf Jahren sollen 20 weitere Untersuchungen folgen. Innerhalb der nächsten zehn Jahre sollen alle Untersuchungen abgeschlossen werden. Aufgrund der Resultate der ersten Untersuchungen ist davon auszugehen, dass sich die meisten der belasteten Standorte als nicht sanierungsbedürftig erweisen werden.
Wird nun auf einem belasteten Standort eine Baute oder Anlage errichtet und ein Aushub vorgenommen, ist ein Teil oder der ganze Aushub mit Abfall belastet. Bei bekannten Belastungen muss im Vorfeld ein Entsorgungskonzept erstellt werden. Weiter muss der Aushub begleitet, untersucht und am Schluss korrekt entsorgt werden. Dies führt zu Zusatzkosten im Vergleich zu einem unverschmutzten Aushub. Folglich ist der Grundstückeigentümer im Falle einer Belastung des Grundstücks mit Mehrkosten konfrontiert.
Die Höhe der gegenständlichen Mehrkosten hängt im Wesentlichen von der Ausbreitung der Belastung, dem Material der Belastung sowie dem einzelnen Bauprojekt ab. Je nach Zusammensetzung des Siedlungs- und Gewerbeabfalls ergeben sich höhere Kosten als bei einer Belastung mit reinem Bauschutt. Besteht der Abfall aus einem Sonderabfall wie Öl, liegen die Kosten zugleich wesentlich höher.
Anhand zweier Beispiele soll das Gesagte verdeutlicht werden:
Die Mehrkosten bei einem ebenerdigen Mehrfamilienhaus von 300 m2, welches auf einem mit Bauschutt umfangreich belasteten Grundstück gebaut wird, würden ca. CHF 1'500 betragen. Dies ergibt sich aus der Annahme, dass bei einem solchen
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Bau 50 cm tief ausgehoben wird. Die Aushubmenge ist entsprechend gering (0.5 m x 300 m2 = 150m3). Die Entsorgungskosten berechnen sich anhand der Menge an Aushub sowie der Art des Materials. Die Differenz zwischen den Entsorgungskosten für die entsprechende Aushubmenge mit Bauschutt und den Entsorgungskosten der entsprechenden Aushubmenge für unverschmutzten Aushub stellt die Mehrkosten der Entsorgung dar. Im vorliegenden Beispiel betragen die Mehrkosten der Entsorgung CHF 10/m3 und total somit CHF 1'500 (150 x CHF 10 = CHF 1'500). Hinzukommen die dafür notwendigen Untersuchungskosten.
Würde das gleiche Gebäude mit einem Untergeschoss gebaut werden, würden die Mehrkosten bei gleicher Belastung bei ca. CHF 9'000 liegen. Die höheren Kosten ergeben sich aus der grösseren Aushubmenge.
Zu beachten ist indessen, dass die Deponiekosten zukünftig steigen werden, wobei die Deponiekosten für Bauschutt stärker steigen werden als jene für unverschmutztes Aushubmaterial. Folglich werden sich auch die Mehrkosten zukünftig verhältnismässig erhöhen.
Ist ein Standort nicht sanierungsbedürftig, besteht keine gesetzliche Pflicht, den Standort zu sanieren. Das vorhandene Abfallmaterial bleibt folglich grundsätzlich im Boden des Grundstücks und ist Teil dessen, bis sich ein Aushub aufgrund eines Bauprojekts als notwendig erweist. Nur wenn ein Standort sanierungsbedürftig ist, muss dieser per Gesetz saniert werden. Dabei hat der Verursacher gemäss geltendem Recht die Kosten dieser Altlasten-Sanierung zu tragen (Art. 55 USG).
Eine klare Kostenregelung im Falle der Nichtsanierungsbedürftigkeit wird helfen, bei Bauten auf diesen Grundstücken rechtliche Streitigkeiten über die Kosten zu verhindern, welche sich aus der Bodenbelastung ergeben.
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Das geltende Recht in Bezug auf die Verjährung der Übertretungen gemäss USG stellt sich momentan derart dar, dass die allgemeinen strafrechtlichen Verjährungsbestimmungen Anwendung finden, da das USG selbst keine Verjährungsfristen für Übertretungen gemäss USG vorsieht (vgl. Art. 139 Abs. 1 des Gesetzes über die allgemeine Landesverwaltungspflege (LVG)). Die allgemeine Verjährungsbestimmung beträgt derzeit entsprechend ein Jahr (Art. 139 Abs. 5 LVG i.V.m. § 57 Abs. 3 des Strafgesetzbuches (StGB)). Diese Frist hat sich in der Praxis im Rahmen des Umweltschutzgesetzes jedoch teilweise als zu kurz bemessen erwiesen. Eines der Hauptprobleme liegt darin, dass Umweltdelikte oft erst zeitlich verzögert festgestellt werden.
Die fehlerhaften Verweise im UVPG haben sich aus früheren Änderungen des UVPG ergeben, welche nun zum Zweck der Rechtsklarheit korrigiert werden.