Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2021 / 76
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Änderungen des Römer Statuts des internationalen Strafgerichtshofs vom 26. November 2015, 14. Dezember 2017 und 6. Dezember 2019
 
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Am 26. November 2015, 14. Dezember 2017 und 6. Dezember 2019 verabschiedeten die Vertragsstaaten des Römer Statuts des Internationalen Gerichtshofs, darunter auch Liechtenstein, eine Reihe von Änderungen am Statut. Diese Änderungen betrafen die Erweiterung des Römer Statuts um weitere Waffengattungen, konkret um biologische Waffen, Waffen, die durch Splitter verletzen, sowie blindmachende Laserwaffen. Zudem wurde das Aushungern von Zivilpersonen aufgenommen sowie die Streichung einer Übergangsbestimmung betreffend Kriegsverbrechen beschlossen. Alle diese Änderungen bedürfen einer Ratifikation durch die Vertragsstaaten des Römer Statuts.
Mit dieser Vorlage sollen in einem ersten Schritt jene Änderungen ratifiziert werden, die keine Anpassung der liechtensteinischen Gesetzgebung benötigen. Konkret betrifft das die Aufnahme von Bestimmungen zu "biologische Waffen" und "Aushungern" sowie die Streichung einer Übergangsbestimmung. Die beiden anderen neu aufzunehmenden Waffengattungen (Splitter und Laserwaffen) sind im liechtensteinischen Strafgesetzbuch noch nicht explizit pönalisiert. Die Ratifikation dieser Änderungen soll nach der Aufnahme dieser Waffengattungen ins Strafgesetzbuch, die nach der entsprechenden Anpassung des österreichischen Strafgesetzbuches erfolgen wird, vorgenommen werden.
Mit der Ratifikation der erwähnten Änderungen des Statuts leistet Liechtenstein einen Beitrag zur Bekämpfung der Straflosigkeit der schwersten Verbrechen und sendet ein wichtiges Signal an die anderen Vertragsstaaten, diese Änderungen ebenfalls zu ratifizieren. Weiter bekräftigt Liechtenstein mit der Ratifikation seine traditionell starke Unterstützung für den Internationalen Strafgerichtshof.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Sport
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission bei der UNO in New York
Rechtsdienst der Regierung
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Vaduz, 5. Oktober 2021
LNR 2021-1365
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Änderungen des Römer Statuts des Internationalen Strafgerichtshofs vom 26. November 2015, 14. Dezember 2017 und 6. Dezember 2019 an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Der Internationale Strafgerichtshof (International Criminal Court; ICC) ist eine ständige Institution mit Sitz in Den Haag. Er ist für die Beurteilung der schwersten Verbrechen zuständig, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren: Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Völkermord und Aggression. Die rechtliche Grundlage des Internationalen Strafgerichtshofs bildet das Römer Statut vom 17. Juli 1998, das Liechtenstein am 2. Oktober 2001 ratifiziert hat und am 1. Juli 2002 in Kraft getreten ist (LGBl. 2002 Nr. 90).
Die Versammlung der Vertragsstaaten des Römer Statuts kann gemäss Artikel 121 und 122 des Statuts Änderungen desselben beschliessen, die anschliessend von
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den Vertragsstaaten ratifiziert werden sollen. Im Juni 2010 wurde unter liechtensteinischem Vorsitz eine Abänderung des Römer Statuts beschlossen, mit welchem das Verbrechen der Aggression aufgenommen wurde. Dieser Beschluss ist als historisch zu werten, da - über 75 Jahre nach den Tribunalen von Nürnberg und Tokio - die politischen und militärischen Anführer, die für die schwersten Gewaltanwendungen zwischen Staaten verantwortlich sind, mit strafrechtlicher Verfolgung auf internationaler Ebene rechnen müssen.
Zusätzlich beschlossen die Vertragsstaaten im Juni 2010 auch eine erste Ergänzung von Artikel 8 des Römer Statuts betreffend die Kriegsverbrechen. Mit der Abänderung wurde die Strafbarkeit für die Verwendung bestimmter Waffentypen auf nicht internationale bewaffnete Konflikte ausgedehnt. Konkret betrifft dies die Verwendung von Gift oder vergifteten Waffen, die Verwendung erstickender, giftiger oder gleichartiger Gase sowie aller ähnlichen Flüssigkeiten, Stoffe oder Vorrichtungen und die Verwendung von Geschossen, die sich im Körper des Menschen leicht ausdehnen oder flachdrücken. Liechtenstein hat beide Änderungen bereits am 8. Mai 2012 ratifiziert (LGBI 2018 Nr. 201 und LGBI 2018 Nr. 202), und führte die Ratifikationskampagne zur Aufnahme des Aggressionsverbrechens an. Am 26. Juni 2016 wurde die notwendige Anzahl Ratifikationen erreicht. Am 15. Dezember 2017 trafen die 123 Vertragsstaaten des Römischen Statuts die historische Entscheidung, dem Internationalen Strafgerichtshof die Verfolgung des Verbrechens der Aggression zu ermöglichen und damit seine Zuständigkeit in diesem Bereich zu aktivieren.
Seither wurden von den Vertragsstaaten zusätzliche Änderungsvorschläge, insbesondere betreffend die Kriegsverbrechen (Artikel 8 des Römer Statuts), weiterverfolgt und in den Jahren 2015, 2017 und 2019 beschlossen. 2015 wurde Artikel 124 (Übergangsbestimmung) gestrichen. 2017 wurde Artikel 8 des Römer Statuts um weitere Waffengattungen erweitert, konkret um biologische Waffen, Waffen, die
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durch Splitter verletzen, die durch Röntgenstrahlen nicht entdeckt werden können, sowie blindmachende Laserwaffen. Für die Aufnahme dieser Waffengattungen setzte sich insbesondere Belgien ein. 2019 wurde das Aushungern von Zivilpersonen als Kriegsverbrechen in nicht internationalen bewaffneten Konflikten in das Römer Statut aufgenommen. Die Aufnahme des Aushungerns von Zivilpersonen geht auf einen Schweizer Vorschlag zurück. Alle diese Änderungen bedürfen einer Ratifikation durch die Vertragsstaaten des Römer Statuts.
In einem ersten Schritt sollen die Änderungen von 2015 und 2019 sowie die Waffengattung "biologische Waffen", die einen Teil der Beschlüsse von 2017 darstellt, ratifiziert werden. Die beiden anderen Waffengattungen der Änderungen von 2017 (Splitter und Laserwaffen) sind im liechtensteinischen Strafgesetzbuch noch nicht explizit pönalisiert. Eine entsprechende Anpassung des Strafgesetzbuches wird nach einer entsprechenden Anpassung des österreichischen Strafgesetzbuches geprüft, die nicht vor Mitte nächstes Jahr zu erwarten ist. Dieses Vorgehen steht im Einklang mit der langjährigen Praxis Liechtensteins, wonach Ratifikationen oder Beitritte in aller Regel erst erfolgen, wenn die rechtlichen Voraussetzungen für die Ratifikation oder den Beitritt geschaffen worden sind. Auf die Ratifikation der Waffengattungen Splitter und Laserwaffen wird daher vorerst verzichtet. Der Bericht und Antrag zur Aufnahme dieser Waffengattungen ins Strafgesetzbuch und zur Ratifikation dieser Anpassungen des Römer Statuts soll dem Landtag zu gegebener Zeit vorgelegt werden.
Die Änderung von 2015 (Streichung von Artikel 124 des Römer Statuts) wurde bisher von 15 Vertragsparteien1 ratifiziert, darunter die Schweiz und Österreich. Die Änderung von 2017 (biologische Waffen) wurde bisher von 9 Vertragsparteien2-
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ratifiziert, darunter die Schweiz. Die Änderung von 2019 (Aushungern) wiederum wurde bisher von 6 Vertragsparteien3 ratifiziert. In der Schweiz sind die Arbeiten für die Ratifizierung dieser Änderung im Gange (Stand 21. September 2021).



 
1Andorra, Belgien, Finnland, Frankreich, Italien, Kroatien, Lettland, Niederlande, Norwegen, Österreich, Portugal, Rumänien, Schweiz, Slowakei, Slowenien.
 
2Kroatien, Lettland, Luxemburg, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Schweiz, Slowakei, Tschechische Republik.
 
3Andorra, Kroatien, Neuseeland, Niederlande, Norwegen, Portugal.
 
LR-Systematik
0..3
0..31
0..3
0..31
LGBl-Nummern
2022 / 392
2022 / 391
Landtagssitzungen
05. November 2021
Stichwörter
Ände­rung des Römer Sta­tuts des Inter­na­tio­nalen Strafgerichtshofs
Römer Statut des Inter­na­tio­nalen Gerichtshof