Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2021 / 77
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage und Begründung
2.Ver­hand­lungs­ver­lauf
3.Wür­di­gung
4.Schwer­punkte der Vorlage
5.Ver­nehm­las­sung
6.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
7.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
8.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend  das Freihandelsabkommen zwischen Island, dem Fürstentum Liechtenstein, dem Königreich Norwegen und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland
 
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Ziemlich genau fünf Jahre nach der Volksabstimmung im Vereinigten Königreich (UK) über den Austritt aus der EU im Juni 2016 wurde am 8. Juli 2021 in London das Freihandelsabkommen zwischen Island, Liechtenstein, Norwegen und dem Vereinigten Königreich durch Regierungsrätin Dominique Hasler unterzeichnet.
Mit dem Freihandelsabkommen werden nun neben dem Warenverkehr, der bereits ab dem 1. Januar 2021 über das Zusatzabkommen zum Handelsabkommen zwischen der Schweiz und UK nahtlos weitergeführt werden konnte, auch weitere Bereiche wie insbesondere der grenzüberschreitende Dienstleistungshandel einschliesslich Finanzdienstleistungen in einem Präferenzabkommen geregelt.
Das Abkommen verhindert eine Diskriminierung gegenüber Unternehmen aus der EU und bietet liechtensteinischen Wirtschaftsakteuren einen bevorzugten Marktzugang gegenüber Ländern, die kein Freihandelsabkommen mit UK haben.
Inhaltlich wie auch in Bezug auf den Aufbau orientiert sich das Abkommen am Handels- und Kooperationsabkommen (TCA) zwischen der EU und UK. Es umfasst die folgenden Kapitel: Allgemeine Bestimmungen, Warenverkehr, Dienstleistungen und Investitionen, Anerkennung von beruflichen Qualifikationen, digitaler Handel, Kapitalverkehr, Öffentliches Beschaffungswesen, Geistiges Eigentum, Wettbewerb, Subventionen, Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU), Gute Regulierungspraxis, Handel und nachhaltige Entwicklung, Streitbeilegung, institutionelle Bestimmungen und Schlussbestimmungen.
Im Gegensatz zu den bisherigen Freihandelsabkommen Liechtensteins im Rahmen der EFTA ist die Schweiz nicht Vertragspartei des Abkommens. Das gesamte Kapitel 2 über den Warenverkehr ist daher auf Liechtenstein nicht anwendbar. Dieser Bereich wird ausschliesslich über das Zusatzabkommen zum Handelsabkommen Schweiz-UK geregelt. Um die Verpflichtungen Liechtensteins aus dem Zollvertrag, dem Patentschutzvertrag und dem Währungsvertrag zu berücksichtigen, wurden weitere Anpassungen in den Kapiteln Geistiges Eigentum, digitaler Handel, Kapitalverkehr, Zahlungen und Kapitaltransfers, staatliche Beihilfen sowie Handel und nachhaltige Entwicklung vorgenommen.
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Obwohl die Verhandlungen aufgrund der Corona-Pandemie auschliesslich virtuell geführt wurden, konnte das Abkommen in lediglich neun Monaten abgeschlossen werden. Das Abkommen mit UK ist das umfassendste Freihandelsabkommen, das Liechtenstein bisher abgeschlossen hat und erreicht das gleiche Verpflichtungsniveau wie das Abkommen zwischen der EU und UK. Es kann jedoch nicht das EWR-Abkommen ersetzen. UK wurde mit seinem EU- bzw. EWR-Austritt von einem Mitglied des gemeinsamen Binnenmarkts zu einem Drittstaat. Damit nimmt es u.a. nicht mehr an der Rechtsharmonisierung und gegenseitigen Anerkennung von Zulassungen, Bewilligungen und Konformitätsbescheinigungen unter EU-Mitgliedsstaaten teil. Eine Weiterführung der vier Freiheiten des Binnenmarkts ist mit einem Freihandelsabkommen nicht möglich.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Sport
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Genf
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Vaduz, 5. Oktober 2021
LNR 2021-1386
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend das Freihandelsabkommen zwischen dem Fürstentum Liechtenstein, Island, dem Königreich Norwegen und dem Vereinigten Königreich von Grossbritannien und Nordirland zu unterbreiten.
1.Ausgangslage und Begründung
Mehr als 25 Jahre lang bildete der EWR die rechtliche Grundlage für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Liechtenstein und dem Vereinigten Königreich (UK). Mit dem Austritt UKs aus der EU bzw. dem EWR musste Liechtenstein einerseits den Schutz der erworbenen Rechte sicherstellen und andererseits eine neue rechtliche Grundlage für seine Beziehungen mit UK schaffen. Zwei Abkommen zu diesem Zweck, das Austrittsabkommen und das Zusatzabkommen zum Handelsabkommen zwischen der Schweiz und UK, wurden bereits abgeschlossen.
Das Austrittsabkommen, das seit dem 1. Februar 2020 vorläufig angewendet wird und am 14. Dezember 2020 in Kraft getreten ist, gewährleistet, dass EWR/EFTA--
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Staatsangehörige, die bereits in UK leben, bzw. britische Staatsangehörige, die in Norwegen, Island oder Liechtenstein leben, weitgehend die gleichen Rechte haben wie bisher. Dazu gehören neben dem Aufenthaltsrecht auch die Ansprüche auf Sozialversicherung und die Anerkennung von beruflichen Qualifikationen. Das Abkommen behandelt neben den Bürgerechten weitere Fragen, die sich aus dem EU-Austritt UKs ergeben, wie Datenschutz, Geistiges Eigentum, bereits in Verkehr gebrachte Waren und öffentliches Beschaffungswesen. Bei allen diesen Themen wird im Wesentlichen geregelt, dass Rechte, die vor dem Ende des Übergangszeitraums erworben wurden, auch weiterhin geschützt werden bzw. dass am Ende des Übergangszeitraums noch laufende Verfahren nach denselben Bestimmungen, nach denen sie begonnen wurden, beendet werden. Das Austrittsabkommen ist nur anwendbar auf Sachverhalte, die vor oder am 31. Dezember 2020 bereits bestanden. Es regelt nicht die zukünftigen Beziehungen mit UK.
Die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Liechtenstein und der EU und damit zwischen Liechtenstein und UK wurden neben dem EWR-Abkommen auch über das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und der EU vom 22. Juli 1972 geregelt. Das Freihandelsabkommen schafft eine Freihandelszone für Industrieprodukte. Dieses Abkommen wurde wie auch später das Agrarabkommen zwischen der Schweiz und der EU auf Liechtenstein ausgedehnt. Am 31. Dezember 2020 haben diese beiden Abkommen ihre Anwendbarkeit auf UK verloren. Die Schweiz hat mit UK ein Handelsabkommen abgeschlossen, das insgesamt sechs der bilateralen Abkommen Schweiz-EU im Verhältnis zu UK weiterführt. Zwei dieser Abkommen - das Freihandelsabkommen und das Agrarabkommen - werden analog zu den beiden Abkommen Schweiz-EU über ein Zusatzabkommen auf Liechtenstein ausgedehnt. Das Zusatzabkommen gewährleistet die Weiterführung des zollfreien Handels mit Industrieprodukten und verarbeiteten Landwirtschaftsprodukten. Der Landtag hat das Zusatzabkommen am 6. November 2020 genehmigt. Es ist am
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1. Januar 2021 in Kraft getreten. Weitere vom Handelsabkommen Schweiz-UK erfasste Abkommen namentlich das Abkommen über Zollerleichterungen und Zollsicherheit , das Abkommen über die gegenseitige Anerkennung von Konformitätsbewertungen und das Gegenseitigkeitsabkommen sind über den Zollvertrag auf Liechtenstein anwendbar.
LR-Systematik
0..6
0..63
0..63.2
LGBl-Nummern
2021 / 426
Landtagssitzungen
05. November 2021
Stichwörter
Dienst­lei­stungs­handel
Finanz­dienst­lei­stungen
Frei­han­dels­ab­kommen
Island
Liech­tens­tein
Nor­wegen
Verei­nigtes Königreich
Waren­ver­kehr