Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2021 / 89
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Gesetz über die Abän­de­rung des Bankengesetzes
2.Gesetz über die Abän­de­rung des E-Geldgesetzes
3.Gesetz über die Abän­de­rung des Zahlungsdienstegesetzes
4.Gesetz über die Abän­de­rung des Ein­la­gen­si­che­rungs- und Anlegerentschädigungsgesetzes
5.Gesetz über die Abän­de­rung des Finanzmarktaufsichtsgesetzes
6.Gesetz über die Abän­de­rung der Insolvenzordnung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend  die Abänderung des Bankengesetzes (BankG) sowie weiterer Gesetze
 
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Die CRD IV1 und die CRR2 wurden als Reaktion auf die Finanzmarktkrise im Jahr 2008 erlassen. Trotz ihrer umfangreichen Regelungen und der dadurch erreichten Steigerung der Widerstandsfähigkeit von Banken und Wertpapierfirmen zeigte sich, dass einige Schwachstellen noch nicht ausreichend behoben wurden oder aber durch die Entwicklungen der letzten Jahre neu hervorgekommen sind. Bis zum Erlass der CRD IV und der CRR war ausserdem die Standardsetzung durch den Basler Ausschuss und den Rat für Finanzstabilität (FSB) für bestimmte festgestellte Probleme noch nicht abgeschlossen; in der Zwischenzeit wurden entsprechende Reformvorschläge ausgearbeitet. Auch haben sich einzelne Regelungen der CRD IV als zu unbestimmt herausgestellt, sodass eine Präzisierung notwendig war. Die Stärkung des Fokus auf die gemeinsame Bekämpfung von Geldwäscherei und Terrorismusfinanzierung und die ersten praktischen Erfahrungen mit dem Abwicklungsregime für Banken auf der Ebene der Europäischen Union (EU) rief schliesslich ebenfalls nach Anpassungen, um das Zusammenspiel zwischen der 5. Geldwäsche-Richtlinie3, der BRRD4 und der CRD IV zu optimieren. Aus den vorgenannten Gründen hat die EU die folgenden Rechtsakte erlassen, welche in das Gesetz über die Banken und Wertpapierfirmen (Bankengesetz; BankG) mit ihren Ausführungsbestimmungen (Bankenverordnung; BankV) und damit in den Rechtsbestand von Liechtenstein übernommen werden sollen:
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Richtlinie (EU) 2019/878 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Richtlinie 2013/36/EU im Hinblick auf von der Anwendung ausgenommene Unternehmen, Finanzholdinggesellschaften, gemischte Finanzholdinggesellschaften, Vergütung, Aufsichtsmassnahmen und -befugnisse und Kapitalerhaltungsmassnahmen [im Folgenden: CRD V]
Verordnung (EU) 2019/876 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 2019 zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 575/2013 in Bezug auf die Verschuldungsquote, die strukturelle Liquiditätsquote, Anforderungen an Eigenmittel und berücksichtigungsfähige Verbindlichkeiten, das Gegenparteiausfallrisiko, das Marktrisiko, Risikopositionen gegenüber zentralen Gegenparteien, Risikopositionen gegenüber Organismen für gemeinsame Anlagen, Grosskredite, Melde- und Offenlegungspflichten und der Verordnung (EU) Nr. 648/2012 [im Folgenden: CRR II]
Verordnung (EU) 2020/873 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. Juni 2020 zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 575/2013 und (EU) 2019/876 aufgrund bestimmter Anpassungen infolge der COVID-19-Pandemie
Die CRD V war von den EU-Staaten bis zum 28. Dezember 2020 umzusetzen. Im EWR befindet sich die Richtlinie derzeit im Übernahmeverfahren in das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR-Abkommen). Das Inkrafttreten der gegenständlichen Vorlage ist auf den 1. Mai 2022 geplant. Aufgrund ihrer Bedeutung für die betroffenen Marktteilnehmer gelten die CRD V, die CRR II und die Verordnung (EU) 2020/873 als nationale Rechtsvorschriften, sofern das EWR-Übernahmeverfahren bis zu diesem Zeitpunkt nicht abgeschlossen ist.
Die CRD V besteht zu einem Teil aus einer Überarbeitung der CRD IV. In diesem Zusammenhang sind etwa die Anpassungen des Kapitalpufferregimes, insbesondere des Systemrisikopuffers, die Berücksichtigung des Proportionalitätsgedankens im Bereich der Vergütung sowie der weitere Ausbau des behördlichen Informationsaustausches besonders erwähnenswert.
Neu hinzu tritt etwa die Stärkung der Rolle von Finanzholdinggesellschaften. Einerseits wird eine Bewilligungspflicht für (gemischte) Finanzholdinggesellschaften eingeführt, andererseits wird die Verantwortlichkeit für die Aufsicht auf konsolidierter
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Basis auf die Stufe der Finanzholdinggesellschaft gehoben. Weiters kann die FMA neben verbindlichen zusätzlichen Säule-2-Anforderungen zukünftig auch Empfehlungen für zusätzliche Eigenmittel vorschreiben, um sicherzustellen, dass Banken und Wertpapierfirmen ausreichend gegen Stressszenarien gewappnet sind.
Die Umsetzung der CRD V bedingt Abänderungen im BankG, Anpassungen der BankV sowie einiger Nebengesetze. Im Zuge der Implementierung der CRD V werden auch andere erforderliche Änderungen im BankG vollzogen. Unter anderem werden gewisse Bestimmungen, die sich bislang in der BankV befanden, zukünftig im BankG verankert. Insbesondere handelt es sich dabei um die Bestimmungen zu den Bankgeschäften, den Kapitalpuffern sowie die Bestimmungen zur Eigentümerkontrolle. Auch erfolgt eine Angleichung von Bestimmungen an Europäische Aufsichtsstandards wie etwa im Bereich der internen Unternehmensführung ("Governance"), insbesondere hinsichtlich Organgeschäften und Vorgaben für die interne Revision sowie den Regelungen zur Auslagerung.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
 
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Vaduz, 2. November 2021
LNR 2021-1527
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Bankengesetzes (BankG) sowie weiterer Gesetze an den Landtag zu unterbreiten.



 
1Richtlinie 2013/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über den Zugang zur Tätigkeit von Kreditinstituten und die Beaufsichtigung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen, zur Änderung der Richtlinie 2002/87/EG und zur Aufhebung der Richtlinien 2006/48/EG und 2006/49/EG (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 338-436).
 
2Verordnung (EU) Nr. 575/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 über Aufsichtsanforderungen an Kreditinstitute und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Verordnung (EU) Nr. 646/2012 (ABl. L 176 vom 27.6.2013, S. 1-337).
 
3Richtlinie (EU) 2018/843 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 30. Mai 2018 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2015/849 zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems zum Zwecke der Geldwäsche und der Terrorismusfinanzierung und zur Änderung der Richtlinien 2009/138/EG und 2013/36/EU (ABl. L 156 vom 19.6.2018, S. 43-74).
 
4Richtlinie 2014/59/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Mai 2014 zur Festlegung eines Rahmens für die Sanierung und Abwicklung von Kreditinstituten und Wertpapierfirmen und zur Änderung der Richtlinie 82/891/EWG des Rates, der Richtlinien 2001/24/EG, 2002/47/EG, 2004/25/EG, 2005/56/EG, 2007/36/EG, 2011/35/EU, 2012/30/EU und 2013/36/EU sowie der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 648/2012 des Europäischen Parlaments und des Rates (ABl. L 173 vom 12.6.2014, S. 190-348).
 
1.Ausgangslage
Seit dem Beitritt Liechtensteins zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) finden sich die Grundlagen für das Bankenaufsichtsrecht sowohl im EWR-Recht als auch im liechtensteinischen Recht. Als Reaktion auf die Finanzkrise im Jahr 2008 wurde der Rechtsrahmen für die Bankenaufsicht innerhalb des EWR grundlegend überarbeitet. Die CRD IV und die CRR bilden seit deren Inkrafttreten in der EU bzw. im EWR das Fundament für den einheitlichen Rechtsrahmen im Bereich der Bankenaufsicht im Binnenmarkt.
Fünf Jahre nach dem Inkrafttreten dieser beiden Rechtsakte haben die Europäischen Gesetzgeber eine Überarbeitung der CRD IV und der CRR beschlossen. Diese Überarbeitung erfolgte durch zwei als sog. Bankenpaket bekannte Rechtsakte,
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nämlich die CRD V und die CRR II. Das Ziel der Überarbeitungen ist, Schwachstellen in der Regulierung von Banken und Wertpapierfirmen zu beseitigen, Bestimmungen klar genug zu formulieren, um eine einheitliche Auslegung sicherzustellen, übermässige regulatorische Belastungen für bestimmte Banken oder Wertpapierfirmen zu vermindern und den bestehenden EWR-Rechtsrahmen an die internationalen Entwicklungen anzupassen.
Die CRD V bringt einige Neuerungen. So werden z.B. bestimmte Finanzholdinggesellschaften, die Mutterunternehmen einer Bank oder Wertpapierfirma sind, eine Bewilligung der zuständigen Behörde benötigen, damit sichergestellt ist, dass sie ihre Verpflichtungen zur Einhaltung der bankenaufsichtsrechtlichen Bestimmungen auf konsolidierter Basis einhalten und deren Einhaltung durch die zu ihrer Gruppe gehörenden Banken oder Wertpapierfirmen gewährleisten. Die zuständigen Behörden werden zukünftig auch direkt gegenüber solchen Finanzholdinggesellschaften behördliche Befugnisse ergreifen können. Ebenfalls neu ist, dass Banken aus Drittstaaten, die zwei oder mehrere Tochterunternehmen mit Sitz im EWR haben, zukünftig ein sog. zwischengeschaltetes EWR-Mutterunternehmen gründen müssen, damit garantiert wird, dass eine Aufsicht der Aktivitäten innerhalb des EWR auf (teil-)konsolidierter Basis möglich ist. Neu gestaltet wird auch das System zur Vorschreibung zusätzlicher Eigenmittelanforderungen im Rahmen der sog. Säule 2. Die zuständigen Behörden können zukünftig nicht nur eine verpflichtende Quote an zusätzlichen Eigenmitteln als Resultat der aufsichtlichen Überprüfung und Bewertung verbindlich vorschreiben, sondern darüber hinaus eine Empfehlung für weitere zusätzliche Eigenmittelanforderungen abgeben, die ein individuelles Eigenkapitalziel zum Schutz gegen Stressszenarien für die jeweilige Bank oder Wertpapierfirma darstellt. Das Kapitalpufferregime wird überarbeitet und insbesondere der Systemrisikopuffer flexibler ausgestaltet, um ihn treffsicherer zu machen.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2022 / 114
2022 / 113
2022 / 112
2022 / 111
2022 / 110
2022 / 109
Stichwörter
Abän­de­rung Bankengesetz
Abän­de­rung E-Geldgesetz
Abän­de­rung Insolvenzordnung
Abän­de­rung Zahlungsdienstegesetz
Bekämp­fung von Geld­wä­scherei und Terrorismusfinanzierung
CRD IV
CRR
Finanz­sta­bi­lität