Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Gesetzes über befristete Sofortmassnahmen im Spielbankenmarkt (Bewilligungsmoratorium)
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Nach geltender Rechtslage hat jeder Gesuchsteller, der die gesetzlich vorgeschriebenen sachlichen und persönlichen Voraussetzungen erfüllt, Anspruch auf eine Spielbankenbewilligung (sog. Polizeibewilligungssystem). Die Prognose aus dem Jahr 2015 ging davon aus, dass das Marktpotential bei ein bis zwei Spielbanken liegt. Per Ende September 2022 sind fünf Spielbanken in Liechtenstein tätig und drei Gesuche beim Amt für Volkswirtschaft (AVW) hängig. Trotz der hohen Spielbankendichte scheint das Marktpotential in Liechtenstein sechs Jahre nach Inkrafttreten des revidierten Geldspielgesetzes noch nicht ausgeschöpft zu sein.
Aufgrund dieser Marktentwicklung hat die Regierung bereits verschiedene Massnahmen ergriffen, um die Eintrittshürden und Anforderungen für Spielbanken zu erhöhen. Weitere Massnahmen zur Begrenzung des Casino-Wachstums, wie die Erhöhung der Geldspielabgabe und der Austausch der Sperrlisten zwischen Liechtenstein und der Schweiz, sind in Planung. Solche Massnahmen können jedoch nicht kurzfristig umgesetzt werden. Zudem zeigt die Erfahrung, dass regulatorische Massnahmen erst zeitverzögert wirken. Die Regierung ist deshalb der Ansicht, dass ein Bewilligungsmoratorium erforderlich ist, um zusätzliche Massnahmen in Kraft zu setzen, deren Wirkung zu evaluieren und allfällige Korrekturen am Bewilligungssystem vorzunehmen. Der Zulassungsstopp soll bis zum 31. Dezember 2025 befristet sein. Bereits hängige Gesuche sind davon nicht betroffen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Betroffene Stellen
Amt für Volkswirtschaft
Stabsstelle EWR
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Vaduz, 4. Oktober 2022
LNR 2022-1468
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Gesetzes über befristete Sofortmassnahmen im Spielbankenmarkt zu unterbreiten.
Seit Inkrafttreten des revidierten Geldspielgesetzes (GSG)
1 per 1. Oktober 2016 gilt für die Zulassung von Spielbanken in Liechtenstein ein sog. Polizeibewilligungssystem. Demnach wird jedem Gesuchsteller, der die gesetzlich vorgeschriebenen persönlichen und sachlichen Voraussetzungen erfüllt, eine Bewilligung zum Betreiben einer Spielbank erteilt. Das heisst, Gesuchsteller haben einen Rechtsanspruch auf Bewilligungserteilung, wenn sie die im GSG und in der dazugehörigen Spielbankenverordnung
2 festgelegten Bewilligungsvoraussetzungen erfüllen. Das Polizeibewilligungsverfahren ersetzte das mit Erlass des GSG am 1. Januar 2011 -
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eingeführte Konzessionssystem. In der gestützt auf das GSG erlassenen Verordnung war eine einzige Konzession vorgesehen, welche jedoch infolge eines mehrjährigen Rechtsstreits nicht vergeben wurde.
Der Gesetzgeber war bei der Abänderung des Zulassungssystems der Meinung, dass der freie Wettbewerb - und nicht der Staat - über den wirtschaftlichen Erfolg und letztlich über die Anzahl tätiger Spielbanken in Liechtenstein entscheiden solle. Die unternehmerische Tätigkeit von Spielbanken in Liechtenstein sollte damit grundsätzlich zulässig sein und der Staat seine Tätigkeit auf die Kernaufgabe der Gefahrenabwehr reduzieren, indem er vor allem die Aufsicht und Kontrolle übernimmt.
Bei der Erarbeitung der Vorlage stützte sich die Regierung auf die Markteinschätzung, die 2015 mit Experten ausgearbeitet worden war. Aufgrund der Erfahrungen des Schweizer Casinomarktes wurde ein Marktpotential von CHF 21 Mio. Bruttospielertrag errechnet.
3 Dieses Marktpotential hätte den wirtschaftlichen Bestand von ein bis zwei Spielbanken ermöglicht. Seit Inkrafttreten des Bewilligungssystems am 1. Oktober 2016 haben sechs Spielbanken in Liechtenstein eine Bewilligung erhalten. Die ersten zwei Spielbanken haben ihren Betrieb im August bzw. Oktober 2017 aufgenommen. Darauf folgten drei weitere im November und Dezember 2019 sowie im September 2020. Eine weitere Spielbank hat ihren Betrieb im Mai 2022 aufgenommen. Zum 10. Juli 2022 hat eine Spielbank den Betrieb eingestellt und schriftlich auf ihre Bewilligung verzichtet. Somit sind zurzeit fünf Spielbanken in Liechtenstein tätig. Beim Amt für Volkswirtschaft (AVW) sind derzeit drei Gesuche anhängig. Im Vergleich zur Prognose aus 2015 ist somit inzwischen ein deutlich höheres Marktpotential realisiert worden. Im Jahr 2019 wurde ein Bruttospielertrag von ca. CHF 80 Mio. erreicht. In den Jahren 2020 und 2021 lag -
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das Marktpotential bei gut CHF 78 Mio. und CHF 82 Mio. Bruttospielertrag bzw. unter Berücksichtigung der Covid-19-bedingten Schliessungen hochgerechnet sogar bei rund CHF 100 Mio. im 2020 und CHF 119.65 Mio. im 2021. Als Gründe gelten das weitaus grössere Einzugsgebiet, die vergleichsweise höhere regionale Kaufkraft (höhere Einsätze pro Gast im Vergleich zu zahlreichen Schweizer Casinos) und ein breites Spielangebot (z.B. Pokerturniere, die Gäste aus ganz Europa anziehen).
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1 | Geldspielgesetz (GSG) vom 30. Juni 2010, LGBl. 2010 Nr. 235 idgF. |
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2 | Spielbankenverordnung (SPBV) vom 21. Dezember 2010, LGBl. 2010 Nr. 439 idgF. |
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3 | vgl. BuA Nr. 137/2015. |
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