Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Heimatschriftengesetzes (HschG), des Gesetzes über die Freizügigkeit für EWR- und Schweizer Staatsangehörige (Personenfreizügigkeitsgesetz; PFZG) sowie des Gesetzes über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG) zur Durchführung der Verordnung (EU) 2019/1157
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Die gegenständliche Vorlage befasst sich mit der Abänderung des Heimatschriftengesetzes (HSchG), des Personenfreizügigkeitsgesetzes (PFZG) und des Ausländergesetzes (AuG). Die Teilrevisionen dieser Gesetze sind im Hinblick auf die Durchführung der EU-Verordnung 2019/1157 notwendig, deren Übernahme ins EWR-Recht gegenwärtig noch nicht abgeschlossen ist.
Mit der Teilrevision des HSchG wird die Grundlage für die Einführung der biometrischen Identitätskarte gelegt. Mit dieser und weiteren Massnahmen werden die Personalausweise / Identitätskarten innerhalb des EWR vereinheitlicht. Auf diese Weise sollen unter anderem Fälschungen erschwert, die Sicherheit erhöht und damit das Reisen innerhalb Europas erleichtert werden.
Im PFZG werden die gesetzlichen Grundlagen für die Erfüllung einheitlicher Mindeststandards für die Aufenthaltsausweise, die an Staatsangehörige eines EWR-Mitgliedstaates herausgegeben werden, angepasst. Da das PFZG gemäss Art. 2 sowohl für Staatsangehörige eines anderen Mitgliedstaates des EWR als auch der Schweiz gilt und aus Kostenüberlegungen kein zusätzlicher Aufenthaltsausweistyp geschaffen werden soll, sollen diese Aufenthaltsausweise auch für Staatsangehörige der Schweiz Anwendung finden.
Im Ausländergesetz ist schliesslich der Adressatenkreis für den biometrischen Aufenthaltsausweis neu zu regeln. Heute erhalten Familienangehörige von Staatsangehörigen des EWR oder der Schweiz, die Drittstaatsangehörige sind, den gleichen Aufenthaltsausweis wie Staatsangehörige des EWR oder der Schweiz. Künftig muss zwingend allen Drittstaatsangehörigen ein biometrischer Aufenthaltsausweis ausgestellt werden. Diese Ausweise sind aber mit einheitlichen Codes resp. Bezeichnungen zu versehen, aus denen hervorgeht, dass ihre Inhaber Freizügigkeitsrechte ableiten.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
Betroffene Stellen
Ausländer- und Passamt
Amt für Informatik
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Vaduz, 31. Oktober 2022
LNR 2022-1535
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Heimatschriftengesetzes (HSchG), des Gesetzes über die Freizügigkeit für EWR- und Schweizer Staatsangehörige (Personenfreizügigkeitsgesetz, PFZG) sowie des Gesetzes über die Ausländer (Ausländergesetz; AuG) zur Vorabumsetzung der Verordnung (EU) 2019/1157
1 an den Landtag zu unterbreiten.
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1 | Verordnung (EU) 2019/1157 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltsdokumente, die Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, ABl. L 188 vom 12.7.2019, S. 67. |
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Die Europäische Union (EU) sieht sich seit Jahren mit einem Anstieg der irregulären Grenzübertritte und einer sich wandelnden, ständig präsenten Bedrohung der inneren Sicherheit konfrontiert. Um dieser Entwicklung zu begegnen, hat die EU eine Vielzahl an Massnahmen umgesetzt oder eingeleitet. Beispielhaft können hier die
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Einführung des Entry-Exit-Systems (EES), des Europäischen Reiseinformations- und -genehmigungssystems (ETIAS), die Herstellung der Interoperabilität zwischen den EU-Informationssystemen oder die Weiterentwicklung des Visa-Informationssystems (VIS) oder des Schengener-Informationssystems (SIS) genannt werden. Auch die Neuauflage des im Schengen-Raum standardisierten biometrischen Aufenthaltsausweises (EU-Verordnung 2017/1954
2) Ende 2020 stellte eine Massnahme zur Erhöhung der Sicherheit in Europa dar.
Bereits in ihrer Mitteilung vom 14. September 2016 unter dem Titel "Mehr Sicherheit in einer von Mobilität geprägten Welt: Besserer Informationsaustausch bei der Terrorismusbekämpfung und ein stärkerer Schutz der Aussengrenze"
3 hat die EU-Kommission auf die zentrale Bedeutung der Reise- und Identitätsdokumente verwiesen und einen Aktionsplan angekündigt, um gegen den Reisedokumentenbetrug vorzugehen. Dieser Aktionsplan ("Aktionsplan 2016") wurde von der EU-Kommission am 8. Dezember 2016 präsentiert. Dabei wurde festgestellt, dass es sich bei rund drei Vierteln der gefälschten Dokumente, die an den Schengen-Aussengrenzen, aber auch innerhalb des Schengen-Raums entdeckt werden, um Fälschungen von Dokumenten eines Mitgliedstaats oder eines assoziierten Schengen-Staates handelt. Bei den meisten Fälschungen handelt es sich um weniger sichere nationale Personalausweise (z.B. aus Papier, eingeklebtes Foto mit Prägung, ohne maschinenlesbaren Bereich). Die Sicherheitsstandards der von den Mitgliedstaaten ausgestellten nationalen Personalausweise und der Unionsbürgern mit Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat und ihren Familienangehörigen ausgestellten Aufenthaltstitel unterscheiden sich teils erheblich. Diese Unterschiede führen zu einem höheren Fälschungs- und Dokumentenbetrugsrisiko und auch zu -
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praktischen Schwierigkeiten für Personen, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben möchten. Gemäss den Statistiken des Europäischen Netzwerks für Risikoanalyse des Dokumentenbetrugs (EDF-RAN) gibt es inzwischen immer mehr gefälschte Personalausweise.
4Um diesen Risiken zu begegnen, hat die EU hat am 20. Juni 2019 die Verordnung (EU) 2019/1157 zur Erhöhung der Sicherheit der Personalausweise von Unionsbürgern und der Aufenthaltsdokumente, die Unionsbürgern und deren Familienangehörigen ausgestellt werden, die ihr Recht auf Freizügigkeit ausüben, erlassen. Diese Verordnung gibt neu verbindliche Vorgaben für:
Nationale Personalausweise (in Liechtenstein: Identitätskarte);
Aufenthaltsdokumente, die an Staatangehörige eines EU-Mitgliedstaates, welche sich länger als drei Monate in einem anderen Mitgliedstaat der EU aufhalten, ausgestellt werden; sowie
Aufenthaltskarten für Drittstaatsangehörige.
Die Verordnung (EU) 2019/1157 schreibt eine Umsetzungsfrist von zwei Jahren vor, weshalb die oben genannten Standards in der EU bereits seit Mitte 2021 verbindlich eingeführt wurden. Die Verordnung ist nicht Teil des Schengen-Besitzstandes, sondern wird über den EWR in nationales Recht übernommen. Das EWR-Übernahmeverfahren ist noch nicht abgeschlossen, weshalb die Verordnung (EU) 2019/1157 für Liechtenstein aktuell noch nicht verbindlich ist.
In Bezug auf die Identitätskarten und die Aufenthaltsausweise kann für Liechtenstein festgehalten werden, dass die Mindestsicherheitsstandards, die mit der Verordnung (EU) 2019/1157 eingeführt werden sollen, bereits seit 2009 weitgehend
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erfüllt werden. Dazu nachfolgend eine kurze Übersicht über die aktuelle Situation in den von der EU-Verordnung jeweils betroffenen Bereiche in Liechtenstein.
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2 | Verordnung (EU) 2017/1954 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Oktober 2017 zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1030/2002 des Rates zur einheitlichen Gestaltung des Aufenthaltstitels für Drittstaatenangehörige, ABl. L 286 vom 01.11.2017, S. 9-14. |
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3 | COM(2016) 602 final. |
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4 | Vgl. Verordnung (EU) 2019/1157, Erwägung 5. |
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