Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2022 / 125
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Gesetz über die Abän­de­rung des All­ge­meinen bür­ger­li­chen Gesetzbuches
2.Gesetz über die Abän­de­rung des Partnerschaftsgesetzes
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches und des Partnerschaftsgesetzes
(Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare im Adoptionsrecht)
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Der Staatsgerichtshof hat mit Urteil vom 10. Mai 2021 zu StGH 2020/097 entschieden, dass die Unzulässigkeit der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare gegen Art. 8 i.V.m. Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstösst. Deshalb hob der Staatsgerichtshof Art. 25 des Partnerschaftsgesetzes - kundgemacht in LGBl. 2021 Nr. 237 am 13. Juli 2021 - als EMRK- und verfassungswidrig auf. Die Rechtswirksamkeit der Aufhebung dieser Bestimmung wurde um ein Jahr nach Kundmachung aufgeschoben.
Die Regierung hat mit einer entsprechenden Vorlage (Bericht und Antrag Nr. 19/2022 sowie Nr. 41/2022) vorgeschlagen, die Stiefkindadoption für eingetragene Partner/innen und Lebensgefährt/innen durch Anpassungen im Partnerschaftsgesetz sowie im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB) rechtlich zu verankern, damit die vom Staatsgerichtshof gerügte Ungleichheit beseitigt wird.
Der Landtag hat im Mai dieses Jahres zwar der neu geschaffenen Bestimmung im Partnerschaftsgesetz zur Stiefkindadoption durch eingetragene Partner/innen (Art. 24a) zugestimmt, die Abänderung in Art. 25 des Partnerschaftsgesetzes, wonach die gemeinsame Adoption und der Einsatz von fortpflanzungsmedizinischen Verfahren für eingetragene Partner/innen weiterhin ausgeschlossen sein sollte, hingegen abgelehnt.
Aufgrund dessen ist Art. 25 des Partnerschaftsgesetzes mangels Ersatzregelung am 13. Juli 2022 ausser Kraft getreten und wurde das Verbot der gemeinsamen Adoption und des Einsatzes von fortpflanzungsmedizinischen Verfahren im Partnerschaftsgesetz somit infolge des erwähnten Urteils des Staatsgerichtshofes ersatzlos aufgehoben. Damit steht das Partnerschaftsgesetz nun jedoch im Widerspruch zum ABGB, welches die gemeinsame Adoption nur Ehegatten ermöglicht.
Da die vom Landtag intendierte Gleichstellung von heterosexuellen und homosexuellen Paaren im Adoptionsrecht somit nicht gesetzlich verankert ist, ergibt sich ein gesetzgeberischer Handlungsbedarf. Mit der gegenständlichen Vorlage soll Rechtssicherheit geschaffen werden, indem das ABGB und das Partnerschaftsgesetz dahingehend angepasst werden, dass im Adoptionsrecht eine völlige Gleichstellung zwischen gleich- und verschiedengeschlechtlichen Paaren erreicht wird.
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Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur und Justiz
Betroffene Stellen
Landgericht
Obergericht
Oberster Gerichtshof
Staatsgerichtshof
Amt für Justiz
Zivilstandsamt
Amt für Soziale Dienste
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Vaduz, 31. Oktober 2022
LNR 2022-1530
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches und des Partnerschaftsgesetzes zu unterbreiten.
1.1Zusammenfassung der letzten Entwicklungen im liechtensteinischen Adoptionsrecht
Der Staatsgerichtshof hat mit Urteil vom 10. Mai 2021 zu StGH 2020/097 ent-schieden, dass die Unzulässigkeit der Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Paare gegen Art. 8 i.V.m. Art. 14 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verstösst, weil die Stiefkindadoption nur für heterosexuelle, nicht aber für gleichgeschlechtliche Paare möglich ist.
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Aufgrund dessen hob der Staatsgerichtshof Art. 25 des Partnerschaftsgesetzes (PartG1) - kundgemacht in LGBl. 2021 Nr. 237 am 13. Juli 2021 - als EMRK- und verfassungswidrig auf. Die Rechtswirksamkeit der Aufhebung dieser Bestimmung wurde um ein Jahr nach Kundmachung und somit bis zum 13. Juli 2022 aufgeschoben.
Mit Bericht und Antrag Nr. 19/2022 sowie der Stellungnahme Nr. 41/2022 wurde in verfassungskonformer Umsetzung des oben erwähnten StGH-Urteils die Stiefkindadoption für eingetragene Partner/innen und Lebensgefährt/innen durch entsprechende Anpassungen im Partnerschaftsgesetz sowie im Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB2) vorgesehen.
Im Zuge der 2. Lesung der Vorlage in der Landtagssitzung vom 6. Mai 2022 wurde der neu geschaffenen Bestimmung im Partnerschaftsgesetz zur Stiefkindadoption gleichgeschlechtlicher Paare (Art. 24a) zugestimmt, nicht aber dem abgeänderten Art. 25 PartG, wonach die gemeinsame Adoption und der Einsatz von fortpflanzungsmedizinischen Verfahren für eingetragene Partner/innen weiterhin ausgeschlossen sein sollten. Die Mehrheit des Landtages hat damit zum Ausdruck gebracht, dass eine komplette Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Paare im Rahmen der Adoption und Fortpflanzungsmedizin gewünscht ist.
Aufgrund der nunmehr gegebenen Rechtslage ergibt sich eine Rechtsunsicher-heit, da Art. 25 PartG am 13. Juli 2022 aufgrund des genannten StGH-Urteils ersatzlos aufgehoben wurde und somit die gemeinsame Adoption und der Einsatz von fortpflanzungsmedizinischen Verfahren für eingetragene Partner/innen im Partnerschaftsgesetz nicht mehr ausgeschlossen sind. Damit steht das Partnerschaftsgesetz jedoch im Widerspruch zum ABGB: § 179 Abs. 2 ABGB sieht nämlich
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vor, dass die gemeinsame Adoption (sowie die Sukzessivadoption3) nur Ehegatten möglich ist. Da die von der Mehrheit des Landtages gewünschte Gleichstellung im Adoptionsrecht somit nicht entsprechend normiert ist, ergibt sich normativer Handlungsbedarf.



 
1LGBl. 2011 Nr. 350, LR-Nr. 212.41.
 
2LGBl. 1967 Nr. 34, publiziert im ASW, LR-Nr. 210.0.
 
3Die Sukzessivadoption bedeutet, dass ein Partner/eine Partnerin das bereits zuvor adoptierte Kind des/der anderen annimmt. Die Partner/Partnerinnen adoptieren ein Kind "sukzessiv", also einer/eine nach dem/der anderen.
 
LR-Systematik
2
21
210
2
21
212
LGBl-Nummern
2023 / 164
2023 / 163
Landtagssitzungen
02. Dezember 2022
Stichwörter
Anpas­sung Partnerschaftsgesetz
Gleichs­tel­lung Adoptionsrecht
Stief­kin­dad­op­tion