Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2022 / 131
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
5.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.ANTRAG DER REGIERUNG
III.REGIE­RUNGS­VOR­LAGE
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Genehmigung eines Verpflichtungskredits und von Nachtragskrediten für die Realisierung von Wohnraum für die Unterbringung von Schutzbedürftigen 
 
4
 
In Liechtenstein wurden im Jahr 2022 bis zum 7. November 435 Gesuche um vorübergehende Schutzgewährung gestellt. Die Geflüchteten sind derzeit in über 30 Liegenschaften des Landes sowie von Gemeinden, Vereinen und Privaten untergebracht. Die Auslastung lag per 8. November 2022 bei 85 % mit noch 54 bezugsbereiten Betten. Bis zum Jahresende werden noch rund 80 weitere Betten dazukommen.
Aufgrund der hohen Auslastung des Wohnraums und der Prognose der noch zu erwartenden Gesuche ist zur Sicherstellung der Unterbringung von Schutzbedürftigen in geeigneten Unterkünften die Schaffung von zusätzlichem Wohnraum notwendig. Zusätzlicher Wohnraum kann durch den Ausbau einer Mehrzweckhalle mit Holzbaumodulen "Haus-in-Haus" geschaffen werden. Die Unterbringung in einer bestehenden Infrastruktur unter Nutzung derselben wurde für das Spoerry-Areal in Vaduz ausgearbeitet.
Für die Realisierung von Wohnraum für die Unterbringung von Schutzbedürftigen wird ein Verpflichtungskredit von CHF 2'000'000 und Nachtragskredite in entsprechender Höhe beantragt. Des Weiteren umfasst der Antrag Nachtragskredite für das Jahr 2023 in Höhe von CHF 300'000 für allfällige Mieten und Betriebskosten.
Die Unterbringung von Schutzbedürftigen in geeigneten Unterkünften gehört zu den völkerrechtlichen Verpflichtungen des Landes Liechtenstein. Damit die Unterbringung der Schutzbedürftigen sichergestellt werden kann, wird beantragt, den Finanzbeschluss betreffend die Realisierung von Wohnraum als dringlich zu erklären.
ZUSTÄNDIGE MINISTERIEN
Ministerium für Infrastruktur und Justiz
Ministerium für Inneres, Wirtschaft und Umwelt
BETROFFENE STELLEN
Stabsstelle für staatliche Liegenschaften
Ausländer- und Passamt
5
Vaduz, 15. November 2022
LNR 2022-1724
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Genehmigung eines Verpflichtungskredits und von Nachtragskrediten für das Jahr 2023 zur Realisierung von Wohnraum für die Unterbringung von Schutzbedürftigen an den Landtag zu unterbreiten.
1.1Wohnraumstrategie
Umgehend nach der russischen Invasion der Ukraine am 24. Februar 2022 wurden durch die 2015 eingerichtete Task Force Asyl die notwendigen Abklärungen zur Unterbringung grösserer Gruppen von Geflüchteten eingeleitet. Diese Arbeiten zeigten innert kürzester Zeit, dass die bestehenden Pläne und Konzepte zur Unterbringung grösserer Gruppen von Personen für die Herausforderungen aufgrund des Ukraine-Krieges nicht geeignet waren.
Eine Unterbringung in Zivilschutzanlagen wurde für die Geflüchteten, bei denen es sich grösstenteils um Frauen und Kinder bzw. Familien und ältere Menschen
6
handelte, als nicht angemessen beurteilt. Aus diesem Grund wurde eine "Unterbringungsgruppe", bestehend aus dem Ausländer- und Passamt (APA), der Stabsstelle für staatliche Liegenschaften (SSL), dem Amt für Tiefbau und Geoinformation (ATG), dem Verein Flüchtlingshilfe Liechtenstein (FHL) sowie einem Vertreter des Ministeriums für Äusseres, Bildung und Sport (MA) ins Leben gerufen, die zusammen mit einem externen Berater eine Unterbringungsstrategie für diese Krisensituation erarbeitete.
Die erarbeitete Wohnraumstrategie enthält eine dreistufige Szenarienplanung. Diese geht davon aus, dass in einer ersten Stufe zuerst grössere, öffentliche und kostengünstige bzw. kostenlose Liegenschaften gesucht werden. In einer zweiten Stufe sollen auch kleinere, private und kostenpflichtige Liegenschaften zur Unterbringung genutzt werden. In einer dritten Stufe ist die Umnutzung öffentlicher Gebäude und die Anmietung grösserer privater Liegenschaften vorgesehen. Die Platzierung von Geflüchteten in Privathaushalten (das heisst in einzelnen Zimmern in Wohnungen oder Häusern) wurde von staatlicher Seite nicht gefördert, da dies nur als kurzfristige Lösung beurteilt wurde.
Abgeleitet aus den Prognosen in der Schweiz, die für das das Jahr 2022 von zwischen 150'000 - 300'000 Schutzgesuchen ausgegangen sind, bedeutete dies bei Szenario 1 eine Zielgrösse von 450 Betten, bei Szenario 2 bis zu insgesamt 900 Betten und bei Szenario 3 über 900 bis ca. 1400 Betten. Am 5. Juli 2022 nahm die Regierung diese Wohnraumstrategie im Zusammenhang mit dem Krieg in der Ukraine und den dadurch ausgelösten Fluchtbewegungen zur Kenntnis.
In den ersten Wochen und Monaten wurden im Sinne der Strategie hauptsächlich Landesliegenschaften sowie von Gemeinden, Vereinen und Privaten kostenlos zur Verfügung gestellte Liegenschaften für eine Nutzung durch die aus der Ukraine geflüchteten Menschen aktiviert und eingerichtet. Gerade die Nutzung grösserer, umgehend nutzbarer Gemeindeliegenschaften, u.a. des Vereinshauses in Ruggell
7
sowie Wohnungen in Triesenberg, Balzers, Eschen-Nendeln und Vaduz, sowie die Zurverfügungstellung des Kinderheims Gamander ermöglichte eine schnelle Entlastung des Aufnahmezentrums, welches als Erstaufnahmestelle für alle neuankommenden Personen genutzt wird. Gleichzeitig wurden Verhandlungen zur Anmietung eines früheren Hotelgebäudes geführt, die Ende April zu einem Abschluss gebracht werden konnten. Mit dem Bezug der Liegenschaft Meierhof Mitte Mai konnten innert weniger Monate nach Ausbruch des Krieges 90 zusätzliche Unterbringungsplätze geschaffen werden.
Nach Abarbeitung der in den ersten Monaten durch Privatpersonen gemeldeten Liegenschaften wurden entsprechende Mietverträge zwischen dem Land und den privaten Vermietern abgeschlossen. Zuvor wurde jede Wohnung durch Vertreter der Unterbringungsgruppe geprüft und gemäss Vorgaben, wie Lage, Kosten, Ausstattung, Kapazitäten und notwendigen Nebenbedingungen, beurteilt.
Zusätzlich klärte die Unterbringungsgruppe weitere Optionen, darunter u.a. die Jugendherberge in Schaan, das LAK in Mauren, Aufstellen von Container-Wohnraum, das Hotel Deutscher Rhein und das Kurhaus Silum, ab. Diese Optionen wurden als derzeit nicht umsetzbar oder ungeeignet eingestuft. Gründe hierfür waren z.B. eine zu kurze Nutzungsmöglichkeit, anderweitige Verwendungen, zu hohe Investitionskosten oder nicht verhältnismässige Kosten-Nutzen-Verhältnisse.
Derzeit werden zur Unterbringung der Geflüchteten über 30 Liegenschaften genutzt. Dabei handelt es sich um Landesliegenschaften, Gemeindeliegenschaften, von Privaten und Vereinen kostenlos zur Verfügung gestellter Wohnraum sowie die Anmietung der Liegenschaft Meierhof und weiterer Mietwohnungen und Einfamilienhäuser. Per 8. November 2022 lag die Auslastung bei 85 % mit noch 54 bezugsbereiten Betten. Bis Jahresende sind aufgrund von im September erfolgten Aufrufen in den Medien noch ca. 80 Betten durch den Abschluss von Mietverträgen mit Privaten und den Umbau des Haus Gutenberg in Balzers zu erwarten. Nach
8
einer Information im Rahmen der Vorsteherkonferenz über den aktuellen Stand der Unterbringung sowie Vorstellung der Prognosen befinden sich einige weitere Liegenschaften in Abklärung, die bisher einer anderen Nutzung zugeführt sind. Die Kapazitäten für direkt verfügbare, unbenutzte Landes- und Gemeindeliegenschaften sind nach aktuellem Kenntnisstand ausgeschöpft. Einzelne Abklärungen zu leerstehenden Gebäuden der Gemeinden laufen noch, wie bereits ausgeführt. Zudem sind die Meldungen von privatem Wohnraum, welcher vom Land angemietet werden könnte, rückläufig und kann darum nur beschränkt für die weitere Planung vorgesehen werden.
Damit wurde klar, dass die in Szenario 1 und 2 ursprünglich anvisierte Bettenzahl nicht erreicht werden kann und Unterbringungsmöglichkeiten gemäss Szenario 3 vorbereitet respektive realisiert werden müssen.
LR-Systematik
6
61
612
LGBl-Nummern
2022 / 409
Landtagssitzungen
01. Dezember 2022
Stichwörter
Schutz­ge­wäh­rung Geflüchteter
Sichers­tel­lung Unter­brin­gung Schutzbedürftiger