Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Eisenbahngesetzes (eBG; Umsetzung von EU-Richtlinien)
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Im Jahr 1967 wurde in Liechtenstein das Gesetz über das Eisenbahnwesen (LGBl. 1968 Nr. 3) geschaffen. Dieses Gesetz wurde in den Jahren 2010 und 2011 totalrevidiert und hat seither nur eine marginale Änderung erfahren.
Liechtenstein ist aufgrund seiner EWR-Mitgliedschaft verpflichtet, EWR-Recht im Eisenbahnbereich umzusetzen. Da sich das europäische Eisenbahnrecht seit der Totalrevision des Eisenbahngesetzes massiv weiterentwickelt hat, ist das bestehende Eisenbahngesetz entsprechend den in der Zwischenzeit ins EWR-Abkommen übernommenen bzw. sich im EWR-Übernahmeverfahren befindenden EU-Rechtsakte anzupassen.
Im EWR-Übernahmeprozess wurde aufgrund der speziellen Situation Liechtensteins im Eisenbahnbereich versucht, eine Komplettausnahme zur Richtlinie 2012/34/EU zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums und den künftig zu übernehmenden Eisenbahnrechtsakten zu verhandeln. Eine Komplettausnahme zur Richtlinie 2012/34/EU wurde aber seitens der EU-Kommission nach jahrelangen Verhandlungen mit Verweis auf eine etwaige Präjudizwirkung auf andere EU-Staaten insbesondere mit Verweis auf die konsistente Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union abgelehnt. Einzig eine Ausnahme zur Lieferung von Passagierzahlen wurde seitens der EU-Kommission im EWR-Übernahmebeschluss zur Richtlinie 2012/34/EU akzeptiert. Der entsprechende EWR-Übernahmebeschluss zum Neufassung-Eisenbahnpaket und die davon umfassten Rechtsakte wurde seitens Liechtensteins im März 2020 freigegeben. Am 24. September 2021 wurde der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 247/2021 zur Übernahme des Neufassung-Eisenbahnpakets ins EWR-Abkommen schliesslich unterzeichnet.
Das sogenannte 4. Eisenbahnpaket (Verordnung (EU) 2016/796 sowie Richtlinien (EU) 2016/797 und (EU) 2016/798) befand sich zusammen mit dem Neufassung-Eisenbahnpaket im EWR-Übernahmeprozess und wurden stets gemeinsam behandelt und geprüft. Der Beschluss des Gemeinsamen EWR-Ausschusses Nr. 248/2021 zur Übernahme des 4. Eisenbahnpakets ins EWR-Abkommen wurde ebenfalls am 24. September 2021 unterzeichnet. Aus Effizienzgründen werden die zwei Eisenbahnpakete gemeinsam im vorliegenden Bericht und Antrag behandelt werden.
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Die Umsetzung der Richtlinien 2012/34/EU, (EU) 2016/2370, (EU) 2016/797 und (EU) 2016/798 soll einerseits mit der gegenständlichen Revision des Eisenbahngesetzes sowie andererseits mit der Abänderung bzw. Neuschaffung verschiedener Verordnungen zum Eisenbahngesetz erfolgen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Infrastruktur und Justiz
Betroffene Stellen
Amt für Bau und Infrastruktur
Stabsstelle EWR
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Vaduz, 8. Februar 2022
LNR 2022-106
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Eisenbahngesetzes (EBG; Umsetzung von EU Richtlinien) zu unterbreiten.
Das Eisenbahnwesen im Fürstentum Liechtenstein ist durch die besondere Situation gekennzeichnet, dass mit der Strecke von der Staatsgrenze bei Schaanwald bis zur Staatsgrenze bei Schaan nur eine einzige, etwa neun Kilometer lange Eisenbahnlinie besteht. Diese dient als Teil der Verbindung von Feldkirch nach Buchs primär der Verknüpfung zwischen dem österreichischen und dem schweizerischen Eisenbahnnetz sowie dem grenzüberschreitenden Personennahverkehr der Region. Diese Eisenbahninfrastruktur wird seit jeher von einem ausländischen Unternehmen, nämlich der ÖBB-Infrastruktur AG bzw. deren Rechtsvorgängern, betrieben. Auch die Verkehrsleistungen auf dieser Strecke werden ausschliesslich von Eisenbahnverkehrsunternehmen mit Sitz im Ausland erbracht.
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Nebst dem internationalen Transitverkehr (Fernverkehrszüge und Güterzüge) verkehren derzeit auf der liechtensteinischen Eisenbahnstrecke in beschränkten Zeitfenstern auch einige wenige Nahverkehrszüge pro Tag. Von Buchs nach Feldkirch und von Feldkirch nach Buchs fahren täglich insgesamt neun Zugspaare, welche als sog. "Liechtenstein-Takt" von der ÖBB-Personenverkehr AG durchgeführt werden. Die Bestellung und Finanzierung des Nahverkehrsangebots erfolgen durch den Verkehrsbetrieb LIECHTENSTEINmobil gemeinsam mit dem Land Vorarlberg.
Aufgrund der EWR-Mitgliedschaft ist Liechtenstein verpflichtet, EWR-Recht im Eisenbahnbereich umzusetzen. Liechtenstein ist dieser Verpflichtung allerdings erst mit der Totalrevision des Eisenbahngesetzes in den Jahren 2010 und 2011 nachgekommen. Das totalrevidierte Eisenbahngesetz (EBG) vom 16. März 2011
1 ist seit dem 1. Januar 2012 in Kraft. Mit diesem Gesetz wurden zahlreiche, für den EWR und damit auch für das Fürstentum Liechtenstein verbindliche Richtlinien, die das Eisenbahnrecht betreffen, in nationales Recht umgesetzt.
2 Seither hat das europäische Eisenbahnrecht eine deutliche Weiterentwicklung erfahren, die auch im nationalen Recht abzubilden ist.
Aufgrund des engen infrastrukturellen sowie betrieblichen Zusammenhangs des im Fürstentum Liechtenstein gelegenen Streckenteils mit dem österreichischen Eisenbahnnetz - als Übergabebahnhof zwischen dem österreichischen und dem schweizerischen Schienennetz dient der Bahnhof Buchs SG - ist darauf zu achten, dass das Eisenbahngesetz keine unnötigen administrativen oder technischen Hürden schafft. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass der auf dem Gebiet
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des Fürstentums Liechtenstein gelegene Streckenteil bzw. die Eisenbahninfrastruktur bis zur ersten Einfahrtsweiche in Buchs nach den in Österreich geltenden Regeln (technische Normen und Betriebsvorschriften) betrieben wird.
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1 | LGBl. 2011 Nr. 182. |
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2 | Siehe hierzu Bericht und Antrag Nr. 120/2010 betreffend die Totalrevision des Eisenbahngesetzes sowie Stellungnahme Nr. 9/2011 zu den anlässlich der ersten Lesung betreffend die Totalrevision des Eisenbahngesetzes aufgeworfenen Fragen. |
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