Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2022 / 51
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkt der Vorlagen
4.Umset­zung
5.Ver­hältnis zur Schweiz
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit/Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II. Antrag der Regierung
Grüner Teil
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend den Beschluss Nr. 151/2022 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses
Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor und Verordnung (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088
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Mit Beschluss Nr. 151/2022 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses wurde am 29. April 2022 die Übernahme der Verordnung (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten im Finanzdienstleistungssektor und der Verordnung (EU)2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 in das EWR-Abkommen beschlossen. Liechtenstein hat einen Vorbehalt nach Art. 103 des EWR-Abkommens angemeldet, da die Durchführung der Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU) 2020/852 den Erlass von Gesetzesbestimmungen bedingt.
Die Verordnung (EU) 2019/2088 (Offenlegungsverordnung) dient der Harmonisierung der Anforderungen an Finanzmarktteilnehmer und Finanzberater im Hinblick auf deren nachhaltigkeitsbezogenen Offenlegungspflichten gegenüber den Anlegern bezogen auf deren Unternehmen und auf die angebotenen Finanzprodukte. Als Finanzmarktteilnehmer oder Finanzberater gelten Wertpapierfirmen, Banken, Verwalter von Organsimen für gemeinsame Anlagen (OGAW oder AIF), Versicherungsunternehmen, Einrichtungen der betrieblichen Altersversorgung, Hersteller von Altersvorsorgeprodukten bzw. Anbieter von Paneuropäischen Privaten Pensionsfonds, soweit entweder Portfolioverwaltung erbracht oder die relevanten Produkte oder Anlage- oder Versicherungsberatung angeboten werden. Die jeweiligen Offenlegungen haben auf den Internetseiten der Finanzmarktteilnehmer bzw. Finanzberater sowie in den vorvertraglichen Informationen (Prospekte, Anlegerinformationen) und periodischen Berichten zu erfolgen.
Das Ziel der Verordnung (EU) 2020/852 (Taxonomie-Verordnung) ist die Bereitstellung eines technisch robusten EWR-weiten Klassifikationssystems für ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeiten, das auf Wirtschaftstätigkeiten im Sinne des NACE-Codes (Europäisches Schlüsselverzeichnis von Wirtschaftszweigen) basiert. Um als ökologisch nachhaltige Wirtschaftstätigkeit zu gelten, sind verschiedene Bedingungen in Bezug auf die vorgesehenen sechs Umweltziele zu erfüllen, wobei spezifische Bewertungskriterien zur Bewertung des wesentlichen Beitrags oder der wesentlichen Beeinträchtigung der Ziele erfüllt sein müssen. Im Weiteren werden durch die Taxonomie-Verordnung die Offenlegungspflichten im Hinblick auf Art. 8
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und Art. 9 der Offenlegungsverordnung ergänzt. Damit ist zudem eine Abänderung der Offenlegungsverordnung verbunden. Auch im Hinblick auf die nichtfinanziellen Berichtspflichten von grossen Unternehmen nach der Richtlinie 2013/34/EU (Rechnungslegungs-Richtlinie) erfolgt eine Ergänzung, indem in die nichtfinanzielle Berichterstattung Angaben aufzunehmen sind, wie und in welchem Umfang die Tätigkeiten der betroffenen Unternehmen ökologisch nachhaltig im Sinne der Taxonomie-Verordnung sind.
Beide Rechtsakte dienen der Unterstützung der Erreichung der Ziele des Übereinkommens von Paris bzw. des Europäischen Grünen Deals. Damit wird der Einbezug des Finanzdienstleistungssektors zur Finanzierung des Wandels zu einer nachhaltigeren Realwirtschaft und zur Erreichung der CO2-Neutralität im Jahr 2050 näher geregelt. Im Weiteren verfolgen beide Verordnungen die Ziele, einerseits Anlegern, die nachhaltige Investitionen tätigen möchten, eine ausreichend klare Entscheidungsgrundlage zur Verfügung zu stellen und andererseits sogenanntes "Greenwashing" zu vemeiden. Es soll verhindert werden, dass Anlegern ein Produkt als nachhaltig angeboten wird, das in Wirklichkeit nicht nachhaltig ist.
Liechtenstein ist zur Übernahme der Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU)2020/852 aufgrund seiner EWR-Mitgliedschaft verpflichtet. Nach ihrer Übernahme in das EWR-Abkommen, werden die beiden Verordnungen unmittelbar anwendbar, bedürfen aber im Hinblick auf einige Bestimmungen einer Durchführung im liechtensteinischen Recht. Dabei handelt es sich insbesondere um die Klarstellung, wer die zuständige Aufsichtsbehörde ist, über welche Befugnisse sie verfügt und auf welche Strafbestimmungen sie den effektiven Vollzug der Rechtsakte stützen kann. Dafür dient das EWR-Finanzdienstleistungs-Nachhaltigkeits-Durchführungsgesetz (EWR-FNDG), das bereits vom Landtag am 11. März 2022 verabschiedet wurde (siehe BuA Nr. 90/2021 und Nr. 11/2022). Das EWR-FNDG sieht als Inkrafttretensdatum den 1. Mai 2022 vor. Gleichzeitig werden die Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU) 2020/852 sowie alle darauf basierenden Delegierten Verordnungen der EU-Kommission (Level II-Rechtsakte) in Folge einer gesetzlichen Vorabumsetzung im EWR-FNDG in Liechtenstein für anwendbar erklärt.
Der Beschluss Nr. 151/2022 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses vom 29. April 2022 bedarf zu seiner Gültigkeit der Zustimmung des Landtages, da es sich hierbei
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um einen Staatsvertrag handelt, durch welchen Verpflichtungen im Sinne von Art. 8 Abs. 2 der Landesverfassung eingegangen werden.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein, FMA
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Vaduz, 3. Mai 2022
LNR 2022-666
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident, Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag zum Beschluss Nr. 151/2022 vom 29. April 2022 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Am 29. April 2022 hat der Gemeinsame EWR-Ausschuss beschlossen, die Verordnungen (EU) 2019/2088 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. November 2019 über nachhaltigkeitsbezogene Offenlegungspflichten und (EU) 2020/852 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 18. Juni 2020 über die Einrichtung eines Rahmens zur Erleichterung nachhaltiger Investitionen und zur Änderung der Verordnung (EU) 2019/2088 in das EWR-Abkommen zu übernehmen (Beschluss Nr. 151/2022 des Gemeinsamen EWR-Ausschusses).
Die Verordnungen (EU) 2019/2088 (Offenlegungsverordnung) und (EU) 2020/852 (Taxonomie-Verordnung), ausgenommen im Hinblick auf die Umweltziele nach Art. 9 Bst. c bis f der Taxonomie-Verordnung, sind in der EU am 10. März 2021 bzw.
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am 1. Januar 2022 in Kraft getreten. Die Umweltziele nach Art. 9 Bst. c bis f. der Taxonomie-Verordnung werden am 1. Januar 2023 in Kraft treten (siehe Art. 27 Abs. 2 Bst. b der Taxonomie-Verordnung).
Die Delegierte Verordnung zur Offenlegungsverordnung, die auch die Offenlegungspflichten der Art. 5 und 6 der Taxonomie-Verordnung berücksichtigt (single rule book), liegt im Entwurf vor (letzte Fassung vom Oktober 2021) und ist ab 1. Januar 2023 anwendbar. Bis dahin findet entsprechend der Stellungnahme der drei Europäischen Aufsichtsbehörden (EBA, ESMA und EIOPA) vom 24. März 20221 eine prinzipienbasierte Anwendung der Offenlegungsverordnung auf Basis des Level I Rechtsaktes und des Entwurfs der Delegierten Verordnung statt. Die Delegierten Verordnungen (EU) 2021/2139 und (EU) 2021/2178 zur Taxonomieverordnung gelten seit 1. Januar 2022.
Für die EWR/EFTA-Staaten gelten die Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU) 2020/852 nach ihrer Übernahme in das EWR-Abkommen und der entsprechenden Durchführung bzw. Umsetzung im jeweils nationalen Recht. In Liechtenstein wird das EWR-Finanzdienstleistungs-Nachhaltigkeits-Durchführungsgesetz (EWR-FNDG), das der Umsetzung bzw. Durchführung der Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU) 2020/852 dient und bereits Gegenstand von Beratungen im Landtag am 6. Dezember 2021 und 11. März 2022 (Bericht und Antrag Nr. 90/2021 und Nr. 11/2022) war, am 1. Mai 2022 in Kraft treten. Gleichzeitig treten auch die Verordnungen (EU) 2019/2088 und (EU) 2020/852 sowie die darauf basierenden Delegierten Verordnungen der EU-Kommission (Level II Rechtsakte), soweit diese bereits in der EU in Kraft getreten sind, als liechtensteinisches Recht in Kraft treten.
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Das Inkrafttreten des Beschlusses Nr. 151/2022 erfordert den Abschluss der Zustimmungsverfahren durch die nationalen Gesetzgeber in den EWR/EFTA-Staaten Island, Norwegen und Liechtenstein.
Der vorliegende Bericht und Antrag und dessen Behandlung im Landtag dienen dazu, die Zustimmung des Landtags einzuholen.



 
1https://www.eba.europa.eu/sites/default/documents/files/document_library/Publications/Draft%20Technical%20Standards/2021/RTS%20on%20disclosure%20under%20SFDR/1028649/JC%202022%2012%20-%20Updated%20supervisory%20statement%20on%20the%20application%20of%20the%20SFDR.pdf.
 
LR-Systematik
0..1
0..11
LGBl-Nummern
2023 / 003
Landtagssitzungen
02. Juni 2022
Stichwörter
Durch­füh­rung VO (EU) 2019/2088
Durch­füh­rung VO (EU) 2022/852
Ein­bezug Finanzdienstsleistungssektor
Ergän­zung Offen­le­gungs­pflichten Offenlegungsverordnung
Erleich­te­rung nach­hal­tige Investitionen
Errei­chen CO2-Neutralität
Errei­chung Ziele Euro­päi­scher Grüner Deal
Errei­chung Ziele Übe­rein­kommen Paris
Finanz­dienst­lei­stungs­sektor
Har­mo­ni­sie­rung Anfor­de­rungen Finanzmarktberater
Har­mo­ni­sie­rung Anfor­de­rungen Finanzmarktteilnehmer
Klars­tel­lung Zustän­dig­keit Auf­sichts­be­hörde EWR-Finanz­dienst­lei­stungs-Nach­hal­tig­keits-Durchführungsgesetz
nach­hal­tig­keits­be­zo­gene Offenlegungspflichten
Nicht­fi­nan­zi­elle Berichtspflichten
Taxo­nomie-Verordnung
Über­nahme Ver­ord­nung (EU) 2019/2088
Über­nahme Ver­ord­nung (EU) 2022/852
Vor­be­halt nach Art. 103 EWR-Abkommen
Wandel nach­hal­ti­gere Realwirtschaft