Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2022 / 73
Zurück Druckansicht Dokument als PDF Navigation anzeigen
Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bestimmungen
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lage
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Gesetzes betreffend die Aufsicht über Personen nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts  
 
4
Das Gesetz betreffend die Aufsicht über Personen nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts (in der Folge: "180a-G") trat am 1. Januar 2014 in Kraft.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2021, StGH 2021/017, hat der Liechtensteinische Staatsgerichtshof (StGH) Art. 4 Abs. 1 Bst. e 180a-G als verfassungswidrig aufgehoben. Nach dieser Bestimmung konnten nur Personen, die das liechtensteinische Landesbürgerrecht oder das Staatsbürgerrecht eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA-Vertragsstaat) besitzen oder aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt sind, eine Bewilligung zur Ausübung von Tätigkeiten nach Art. 180a PGR erlangen. Gemäss Kundmachung vom 7. Dezember 2021 (LGBl. 2021 Nr. 393) wird die Aufhebung ein Jahr nach dieser Kundmachung rechtswirksam.
Damit keine Lücke im Gesetz entsteht, ist Art. 4 Abs. 1 Bst. e 180a-G vor dem Inkrafttreten der Aufhebung neu zu fassen. Neu sollen Schweizer Staatsangehörige explizit aufgeführt werden, um eine verfassungskonforme Bestimmung zu schaffen. Mit der Übernahme der bisherigen Formulierung "aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt" wird erreicht, dass Staatsangehörige eines Drittstaates ohne entsprechendem Staatsvertrag mit dem Fürstentum Liechtenstein von der Erteilung einer Bewilligung zur Ausübung von Tätigkeiten nach Art. 180a PGR ausgeschlossen sind, sofern sie über keine inländische Niederlassungsbewilligung verfügen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stelle
Finanzmarktaufsicht Liechtenstein (FMA)
5
Vaduz, 12. Juli 2022
LNR 2022-1092
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Gesetzes betreffend die Aufsicht über Personen nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts an den Landtag zu unterbreiten.
1.Ausgangslage
Der Landtag genehmigte am 8. November 2013 das Gesetz betreffend die Aufsicht über Personen nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts, LGBl. 2013 Nr. 426. Dieses Gesetz trat am 1. Januar 2014 in Kraft.
Art. 4 180a-G umschreibt die Voraussetzungen, bei deren Vorliegen einem Antragsteller eine Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit nach Art. 180a PGR erteilt wird. Die Erteilung einer Bewilligung hängt insbesondere davon ab, dass ein Antragsteller fachlich qualifiziert und persönlich integer ist. Bst. e leg. cit. setzt das liechtensteinische Landesbürgerrecht, das Staatsbürgerrecht eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA--
6
Vertragsstaat) oder eines aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellten Staates voraus. Schweizer Staatsangehörigen ohne Niederlassungsbewilligung im Inland wird bislang unter Verweis auf den Vorbehalt Liechtensteins zum EFTA-Übereinkommen (sog. Vaduzer Konvention) eine Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit nach Art. 180a PGR versagt.
Die Vaduzer Konvention regelt grundsätzlich die Gleichstellung von natürlichen Personen, nicht aber die von juristischen Personen. Die Übernahme von Organfunktionen nach Art. 180a PGR ist nach der Konzeption der Vaduzer Konvention nicht im Rahmen der Regelungen des freien Personenverkehrs, sondern im Zusammenhang mit der Zulassung und Geschäftstätigkeit von Gesellschaften zu beantworten. Dies deshalb, da die Bewilligungserteilung an eine natürliche Person deren Berechtigung zur Übernahme von Organfunktionen nach Art. 180a PGR nach sich zieht und damit zugleich und untrennbar damit verbunden das Recht zur Leitung von Unternehmen betrifft.
Schweizer Staatsangehörige sind aufgrund des liechtensteinischen Vorbehalts in Anhang M zur Vaduzer Konvention mit bestimmten Einschränkungen zur Berufsausübung in Liechtenstein gegenüber EWR-Staatsangehörigen konfrontiert. Eine Gleichstellung kann nur insofern erreicht werden, als dass eine inländische Niederlassungsbewilligung vorliegt. Ein schweizerischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in der Schweiz kann daher keine Bewilligung zur Ausübung von Tätigkeiten nach Art. 180a PGR erlangen.
Mit Urteil vom 26. Oktober 2021, StGH 2021/017, hat der Liechtensteinische Staatsgerichtshof (StGH) Art. 4 Abs. 1 Bst. e 180a-G, wonach eine Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit nach Art. 180a PGR nur an Personen, die das liechtensteinische Landesbürgerrecht oder das Staatsbürgerrecht eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWRA-Vertragsstaat) besitzen oder aufgrund staatsvertraglicher Vereinbarung gleichgestellt sind,
7
erteilt wird, aufgehoben. Entsprechend dem Vorbehalt in Anhang M der Vaduzer Konvention konnten schweizerische Staatsangehörige gemäss Art. 4 Abs. 2 180a-G nur dann eine Bewilligung zur Ausübung einer Tätigkeit nach Art. 180a PGR erhalten, wenn sie im Inland über eine Niederlassungsbewilligung verfügten.
Der StGH setzte sich im eingangs erwähnten Fall mit dieser Problematik auseinander. Dabei stellte er fest, dass eine von Liechtenstein im Zuge der Verhandlungen zur Vaduzer Konvention durchgesetzte Schlechterstellung von ausländischen Staatsangehörigen das innerstaatliche Gleichheitsgebot der Landesverfassung verletzen könne, wenn unter den ausländischen Staatsangehörigen Unterscheidungen getroffen werden, welche sich auf keine sachlichen Gründe stützen können. In diesem Zusammenhang sei der Grössenschluss (argumentum a maiore ad minus) zu beachten: Wenn es Schweizer Staatsangehörigen ohne Wohnsitz in Liechtenstein erlaubt sei, eine uneingeschränkte Treuhändertätigkeit in Liechtenstein auszuüben, dann sei es ihnen umso mehr zu erlauben, eine gegenüber der Treuhändertätigkeit stark eingeschränkte Tätigkeit gemäss Art. 180a Abs. 2 PGR im Angestelltenverhältnis auszuüben. Es sei kein sachlicher Grund ersichtlich, warum es Schweizer Staatsangehörigen ohne Wohnsitz in Liechtenstein im Angestelltenverhältnis gestattet sein soll, einer vollumfänglichen Treuhändertätigkeit nachzugehen, sie jedoch von der entsprechend eingeschränkten Tätigkeit gemäss Art. 180a Abs. 2 PGR ausgeschlossen sein sollen.
Aus diesem Grund hat der StGH Art. 4 Abs. 1 Bst. e des Gesetzes vom 8. November 2013 betreffend die Aufsicht über Personen nach Art. 180a des Personen- und Gesellschaftsrechts, LGBI. 2013 Nr. 426, als verfassungswidrig aufgehoben. Diese Aufhebung wird gemäss Kundmachung vom 7. Dezember 2021, LGBl. 2021 Nr. 393, ein Jahr nach dieser Kundmachung rechtswirksam.
LR-Systematik
1
17
173
LGBl-Nummern
2022 / 297
Landtagssitzungen
02. September 2022
Stichwörter
Abän­de­rung Auf­sicht über Personen
Aus­übung von Tätigkeiten
Gleichs­tel­lung Schweizer Staatsangehörige
Ver­fas­sungs­widri­keit 180a-G