Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Token- und VT-Dienstleister-Gesetzes (TVTG) und weiterer Gesetze
4
2020 hat Liechtenstein mit der Einführung des Token- und VT-Dienstleister-Gesetzes (TVTG) rechtliche Massstäbe gesetzt. Die innovative Regulierung hat einerseits verschiedensten VT-Dienstleistern die Möglichkeit gegeben, in einem regulierten Umfeld ihre Dienstleistungen anzubieten und andererseits für Nutzer dieser Dienstleistungen einen Schutz in Bezug auf ihre rechtliche Verfügung über Token und die Inanspruchnahme professioneller Dienstleister etabliert. Dass die Token-Ökonomie zu diesem Zeitpunkt noch viele Entwicklungen vor sich hat, war absehbar; die kontrollierte Entfaltung innerhalb eines Regelungsrahmens daher umso erforderlicher. Die vorliegende Gesetzesvorlage berücksichtigt nun diese Weiterentwicklungen und nimmt die praktischen Erfahrungen der letzten zwei Jahre in den Blick und schärft darauf basierend die gesetzlichen Bedingungen punktuell nach.
Daneben haben auch auf europäischer Ebene regulative Überlegungen stattgefunden. Mit dem Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte hat die EU-Kommission dies aufgegriffen und den Weg zu einem harmonisierten EWR-Binnenmarkt angestossen. Der Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene konnte im Juni 2023 finalisiert werden. Um die liechtensteinischen VT-Dienstleister möglichst frühzeitig auf dieses neue Regime vorzubereiten, werden zusätzliche Anpassungen im TVTG vorgenommen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Präsidiales und Finanzen
Betroffene Stellen
Finanzmarktaufsicht (FMA) Liechtenstein
Stabsstelle für Finanzplatzinnovation und Digitalisierung (SFID)-
5
6
Vaduz, 11. Juli 2023
LNR 2023-1099
P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Token- und VT-Dienstleister-Gesetzes (TVTG) und weiterer Gesetze an den Landtag zu unterbreiten.
Ende 2019 hat Liechtenstein mit seinem Token- und VT-Dienstleister-Gesetz (TVTG) einen der weltweit ersten umfassenden Rechtsrahmen für die Token-Ökonomie geschaffen. Seit seinem Inkrafttreten am 1. Januar 2020 haben sich mehrere Unternehmen mit den verschiedensten Rollen als VT-Dienstleister in Liechtenstein registrieren lassen (Stand per 19.6.2023: 27 Unternehmen). Zudem hat sich auch ausserhalb Liechtensteins die Token-Landschaft kontinuierlich entwickelt und insbesondere die Europäische Union (EU) hat mit ihrem Regulierungsprojekt zu Kryptowerten weitreichende Massstäbe für die finanzmarktrechtliche Behandlung von Token resp. Kryptowerten für den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gesetzt. Im September 2020 hat die Europäische Kommission den Vorschlag für eine Verordnung über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie
7
(EU) 2019/1937 ("MiCAR")
1 veröffentlicht. Die MiCAR bezweckt einen harmonisierten Rechtsrahmen für die Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten. Kryptowerte sind dabei nicht als Finanzinstrumente anzusehen, die Systematik der MiCAR ist aber der Finanzmarktregulierung angeglichen. Ein zentrales Regelungsziel der MiCAR besteht darin, Risiken für Verbraucher zu begegnen, Marktmissbrauch und Finanzkriminalität zu verhindern und das Vertrauen der Marktteilnehmer in die Funktionsfähigkeit der Märkte und Dienstleistungen über Kryptowerte zu stärken.
Zu diesem Zweck soll mit der MiCAR auch das Passporting im EWR und damit die grenzüberschreitende Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Kryptowerten ermöglicht werden. Dieses europäische Regelwerk orientiert sich an der bestehenden Finanzmarktregulierung, anerkennt jedoch die nationalstaatlichen Regulierungen, indem sie einen geordneten Übergang vom nationalen in den EWR-Bereich vorsieht. Das Europäische Gesetzgebungsverfahren zur MiCAR ist mittlerweile abgeschlossen.
2 Daher ist es wichtig, das nationale Recht - das TVTG - und die unter diesem Gesetz registrierten VT-Dienstleister frühzeitig auf dieses neue Regelwerk einzustellen und durch punktuelle Anpassungen der Rollen und des Aufsichtsprozesses den Übergang möglichst reibungsfrei zu gestalten. Die konkreten Anpassungen des TVTG auf das neue EU-Regelwerk erfolgen dann in einem zweiten Schritt, im Rahmen der Übernahme ins EWR-Abkommen.
Darüber hinaus hat die Praxis der letzten zwei Jahre verschiedenste Erkenntnisse gebracht, die im Zuge eines ständigen Optimierungsprozesses aufgegriffen
8
werden sollen, um die Aufsicht und damit den Kundenschutz zu stärken und dennoch eine effiziente Handhabung des Gesetzes für die Unternehmen zu gewährleisten.
| |
1 | Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937, KOM(2020) 593. |
| |
2 | Der Vernehmlassungsbericht referenzierte noch auf den Entwurf der Kommission. Nunmehr liegt bereits die finale veröffentlichte Version der MiCAR vor, weshalb Verweise in den Erläuterungen entsprechend angepasst werden. Siehe Verordnung (EU) 2023/1114 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. Mai 2023 über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Verordnungen (EU) Nr. 1093/2010 und (EU) Nr. 1095/2010 sowie der Richtlinien 2013/36/EU und (EU) 2019/1937, ABl. 2023 L 150/40. |
| |