Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzierungsmechanismus 2021-2028
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Der EWR-Finanzierungsmechanismus ist ein Fonds im Rahmen des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR), durch welchen die EWR/EFTA-Staaten (Island, Liechtenstein und Norwegen) finanziell zur Verringerung des wirtschaftlichen und sozialen Ungleichgewichts innerhalb des EWR beitragen. Mit dem Mechanismus sollen die wirtschaftlich schwächeren EU-Mitgliedstaaten unterstützt und gleichzeitig die bilateralen Beziehungen gestärkt werden. Der Erfolg des EU-Binnenmarktes hängt von der erfolgreichen Beteiligung aller seiner Mitgliedstaaten ab. Dieses Ziel soll - ähnlich wie mit den Kohäsionsgeldern in der EU selbst - im EWR über den Finanzierungsmechanismus erreicht werden. Damit wird die enge Verbindung zwischen Solidarität und Wohlstand in Europa verdeutlicht.
Beim Mechanismus für die Jahre 2021-2028 handelt sich um den sechsten Finanzierungsmechanismus seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens. Die Verhandlungen zum neuen Mechanismus haben jedoch erst im Juni 2022 mit grosser Verspätung gestartet und konnten am 30. November 2023 abgeschlossen werden. Aufgrund der Tatsache, dass die EWR-Finanzierungsmechanismen lückenlos verlaufen müssen, ist die eigentliche Implementierungsphase immer zeitversetzt. Dies erklärt den Bericht und Antrag zum aktuellen Zeitpunkt.
Das Übereinkommen über den EWR-Finanzierungsmechanismus 2021-2028 enthält die Verpflichtung der drei EWR/EFTA-Staaten, während der Periode vom 1. Mai 2021 bis zum 30. April 2028 einen Beitrag in der Höhe von EUR 1'805 Mio. zur Verfügung zu stellen. Dieser Beitrag beinhaltet EUR 100 Mio., die speziell Projekten mit Ukrainebezug gewidmet sind.
Das Verhandlungsergebnis entspricht einer Erhöhung des jährlichen Gesamtbeitrags der EWR/EFTA-Staaten im Vergleich zum letzten EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 um 16.6%, was leicht über der in der EU üblichen Indexierung von 2% pro Jahr (plus Zinseszins) oder knapp 15% (14.87%) über sieben Jahre liegt. Das zusätzliche Geld kommt vorwiegend Projekten mit Ukrainebezug zugute.
Die Aufteilung unter den EWR/EFTA-Staaten und somit die Höhe der jeweiligen nationalen Beiträge hängt von der künftigen relativen BIP-Entwicklung in den EWR/EFTA-Staaten ab. Es lässt sich daher vorab nicht genau bestimmen, wie hoch
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die Kosten für Liechtenstein ausfallen werden. Seit 2014 variierte der jährliche liechtensteinische Anteil am Finanzmechanismus zwischen 1.06% und 1.54%, was einem Mittelwert über die gesamte Periode von 1.3% entspricht. Aufgrund der Verfügbarkeit der BIP-Zahlen lässt sich der Anteil für 2021 bereits berechnen. Dieser wird sich auf 1.49% belaufen, was dem Trend der letzten Jahre entspricht. Es wird daher vorgeschlagen, einen liechtensteinischen Anteil von 1.49% am EWR/EFTA Gesamtbetrag von EUR 1'805 Mio. als Richtwert für die Höhe des Verpflichtungskredits wie auch als Referenz für die Indexierung anzuwenden. Entsprechend errechnet sich ein Verpflichtungsrahmen von EUR 26.9 Mio.
Mit dem neuen EWR-Finanzierungsmechanismus wird die Wettbewerbsfähigkeit der 15 Empfängerstaaten gestärkt, womit mittelfristig neue Handelspartner und Absatzmärkte für die EWR/EFTA-Staaten erschlossen werden können. Liechtenstein leistet somit einen Beitrag dazu, dass sich die wirtschaftlich schwächeren Regionen Europas rascher entwickeln. Zudem sollen die bilateralen Beziehungen mit den Empfängerstaaten gestärkt werden. Für diesen Zweck werden Liechtenstein spezifisch Gelder für bilaterale Projekte zur Verfügung gestellt.
Die praktische Umsetzung des EWR-Finanzierungsmechanismus 2021-2028 und die diesbezüglichen Beitragszahlungen werden Ende 2024 beginnen. Der neue EWR-Finanzierungsmechanismus wird sich auf drei Kernprioritäten fokussieren: grüner Wandel in Europa, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Menschenrechte sowie soziale Inklusion und Resilienz.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Bildung und Sport
Betroffene Stellen
Amt für Auswärtige Angelegenheiten
Liechtensteinische Mission in Brüssel
Stabsstelle EWR
Amt für Finanzen
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Vaduz, 3. September 2024
LNR 2024-1226
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Beteiligung des Fürstentums Liechtenstein am EWR-Finanzierungsmechanismus 2021-2028 zu unterbreiten.
Gemäss Artikel 1 des EWR-Abkommens (EWRA) ist dessen Ziel, "(...) eine beständige und ausgewogene Stärkung der Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zwischen den Vertragsparteien unter gleichen Wettbewerbsbedingungen und die Einhaltung gleicher Regeln zu fördern, um einen homogenen Europäischen Wirtschaftsraum zu schaffen." Diese Homogenität des EWR verlangt, dass sämtliche Mitglieder der EU und damit des EU-Binnenmarktes auch am EWR teilnehmen. Um gleiche Wettbewerbsbedingungen zu erzielen, sieht Artikel 115 des EWRA die Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten zwischen den Regionen dieses Binnenmarktes vor. Dazu wird laut Artikel 116 des EWRA ein Finanzierungsmechanismus eingerichtet.
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Der Erfolg des EU-Binnenmarktes hängt von der erfolgreichen Beteiligung aller seiner Mitgliedstaaten ab. Dieses Ziel soll - ähnlich wie mit den Kohäsionsgeldern in der EU selbst - im EWR über den Finanzierungsmechanismus erreicht werden. Damit wird die enge Verbindung zwischen Solidarität und Wohlstand in Europa verdeutlicht.
Beim Mechanismus für die Jahre 2021-2028 handelt sich um den sechsten Finanzierungsmechanismus seit Inkrafttreten des EWRA. Bei den für jede Periode stattfindenden Verhandlungen der EWR/EFTA-Staaten mit der EU geht es in erster Linie um die Höhe der Mittel, die in der neuen Periode des EWR-Finanzierungsmechanismus bereitgestellt werden.
In Anlehnung an den EU-internen Kohäsionsfonds werden im bisherigen Mechanismus 2014-2021
1 für die begünstigen EU-Staaten ("Empfängerstaaten") finanzielle Mittel für Programme bzw. Projekte in definierten Bereichen zur Verfügung gestellt. Mit dem Finanzierungsmechanismus verfolgt man seit Inkrafttreten des EWR-Abkommens das Ziel, wirtschaftlich schwächere EU-Mitgliedstaaten zu unterstützen und somit ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Mittelfristig sollen neue Handelspartner und Absatzmärkte für die EWR/EFTA-Staaten geschaffen werden.
Empfängerstaaten müssen ein Bruttonationaleinkommen (BNE) pro Kopf von unter 90% des EU-Durchschnitts haben. Dies war in der Periode 2014-2021 bei 15 EU-Mitgliedsstaaten
2 der Fall. Die bereitgestellten finanziellen Mittel betragen im Rahmen des Finanzierungsmechanismus 2014-2021 insgesamt EUR 1'548.1 Mio., -
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wobei sich der Beitrag Liechtensteins auf 1.32% der Gesamtsumme bzw. EUR 20.45 Mio. beläuft.
Die EFTA-interne Kostenaufteilung für den bisherigen EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 beruht auf dem Verhältnis der Bruttoinlandsprodukte (BIP) der EWR/EFTA-Staaten zueinander. Diese Verhältnisse werden jährlich anhand der aktuellen BIP-Zahlen neu berechnet.
Artikel 11 d von Protokoll 38C zum EWRA betreffend den EWR-Finanzierungsmechanismus 2014-2021 sieht vor, dass die Vertragsparteien nach Ende des Zeitraumes prüfen, ob weiterhin die Notwendigkeit besteht, den wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten im EWR entgegenzuwirken. Diese Überprüfung wurde im Hinblick auf die Periode nach 2021 im Juni 2021 abgeschlossen. Dabei wurde in den Schlussfolgerungen des Gemeinsamen EWR-Ausschusses durch die EU und die EWR/EFTA-Staaten festgehalten, dass die Notwendigkeit weiterhin besteht. Hintergrund hierfür bildeten die wirtschaftliche Lage und die relevanten Entwicklungen in der EU und in den EWR/EFTA-Staaten in den Jahren zuvor (beispielweise, die langfristigen Auswirkungen der Covid-19 Pandemie). Diese liessen es als notwendig erscheinen, den wirtschaftlichen und sozialen Ungleichheiten im EWR über das Jahr 2021 hinaus weiterhin entgegenzuwirken.
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1 | Der Förderungsfähigkeitszeitraum des EWR Finanzierungsmechanismus ist auf die im Protokoll 38C definierte Periode 2014-2021 plus drei Jahre beschränkt. Somit lief die Programmperiode am 30. April 2024 aus. |
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2 | Bulgarien, Estland, Griechenland, Kroatien, Lettland, Litauen, Malta, Polen, Portugal, Rumänien, Slowakei, Slowenien, Tschechische Republik, Ungarn, Zypern. |
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