Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2020 / 17
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage und Begrün­dung der Vorlage
2.Schwer­punkte der Vorlage
3.Ver­nehm­las­sung
4.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
5.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
6.Aus­wir­kungen auf Ver­wal­tungstä­tig­keit und Ressourceneinsatz
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.1Abän­de­rung des Rechtshilfegesetzes
1.2Abän­de­rung des Gesetzes über das Straf­re­gister und die Til­gung gericht­li­cher Verurteilungen
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Abänderung des Rechtshilfegesetzes und des Gesetzes über das Strafregister und die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen
(Vollstreckung von ausländischen vermögensrechtlichen Anordnungen in Fiskalstrafsachen und Tilgung von vorbeugenden Massnahmen)
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Liechtenstein hat mit der Revision des Rechtshilfegesetzes im Jahr 2015 bei der Fiskalrechtshilfe eine Ausweitung der Rechtshilfe vorgenommen. Seit dem Inkrafttreten des geänderten Rechtshilfegesetzes am 1. Januar 2016 sind Steuerdelikte, die auch in Liechtenstein gerichtlich strafbar sind, grundsätzlich rechtshilfefähig.
Nicht angepasst wurde mit der damaligen Revision Art. 64 des Rechtshilfegesetzes, der die Vollstreckung von ausländischen Gerichtsentscheidungen, mit denen eine Geld- oder Freiheitsstrafe, eine mit Freiheitsentziehung verbundene vorbeugende Massnahme oder eine vermögensrechtliche Anordnung rechtskräftig ausgesprochen worden ist, zum Inhalt hat. Um auch für eine ausländische Strafbehörde Rechtshilfe durch die Vollstreckung einer vermögensrechtlichen Anordnung, wie beispielsweise einer Verfallsentscheidung in einem Steuerbetrugsverfahren, ermöglichen zu können, soll Art. 64 Abs. 1 Ziff. 3 RHG entsprechend angepasst werden. Die Rechtshilfeleistung für die ausländische Justizbehörde ist zulässig, wenn bei sinngemässer Umlegung des im Rechtshilfeersuchen geschilderten Sachverhalts nach liechtensteinischem Recht eine gerichtlich strafbare Fiskalstraftat vorliegt. Diese Anpassung entspricht einer Empfehlung von Moneyval aus der letzten Länderevaluationsrunde 2014 und ist auch im Hinblick auf die anstehende erneute Moneyval Evaluation notwendig.
Aufgrund einer bestehenden Gesetzeslücke soll zudem das Gesetz vom 2. Juli 1974 über das Strafregister und die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen angepasst werden. Analog der österreichischen Rezeptionsvorlage sollen konkrete gesetzliche Regelungen geschaffen werden, welche die Eintragung und Tilgung von vorbeugenden Massnahmen nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches - das sind vom Gericht angeordnete Unterbringungen in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher - ermöglichen.
Zuständiges Ministerium
Ministerium für Äusseres, Justiz und Kultur
Betroffene Stellen
Gerichte
Staatsanwaltschaft
Amt für Justiz
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Vaduz, 3. März 2020
LNR 2020-115 P
Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Abänderung des Rechtshilfegesetzes und des Gesetzes über das Strafregister und die Tilgung gerichtlicher Verurteilungen (Vollstreckung von ausländischen vermögensrechtlichen Anordnungen in Fiskalstrafsachen und Tilgung von vorbeugenden Massnahmen) zu unterbreiten.
1.1Abänderung des Rechtshilfegesetzes
Durch die Revision des Rechtshilfegesetzes (RHG1), welche am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist (LGBl. 2015 Nr. 367), wurde die Rechtshilfe in Fiskalstrafsachen im Einklang mit den internationalen Standards ausgeweitet. Der generelle Fiskalvorbehalt in Art. 51 Abs. 1 Ziff. 1 RHG wurde aufgegeben. Das Prinzip der beider-
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seitigen Strafbarkeit2 wurde somit auch für den Fiskalbereich anwendbar und gerichtlich strafbare Fiskaldelikte wie Steuerbetrug wurden bei Vorliegen der übrigen Voraussetzungen rechtshilfefähig.
Für die "kleine" Rechtshilfe3 in Fiskalstrafsachen gelten die gleichen Regeln wie bei der sonstigen Rechtshilfe in Strafsachen. Voraussetzung ist demnach u.a. die beiderseitige Strafbarkeit: Rechtshilfe wird nur geleistet, wenn bei sinngemässer Umlegung des im Rechtshilfeersuchen geschilderten Sachverhalts nach liechtensteinischem Recht eine gerichtlich strafbare (Fiskal-)Straftat vorliegt. Die in Liechtenstein gerichtlich strafbaren Handlungen im Steuerstrafrecht sind: Das Vergehen des Steuerbetruges nach Art. 140 des Steuergesetzes (SteG4), das Vergehen der Veruntreuung von an der Quelle abzuziehenden Steuern nach Art. 141 SteG, das Vergehen des Steuerbetrugs nach Art. 88 des Mehrwertsteuergesetzes (MWSTG5), das Vergehen der qualifizierten Steuerhinterziehung nach Art. 89 MWSTG und das Vergehen der Steuerhehlerei nach Art. 90 MWSTG.
Die Leistung der Rechtshilfe wegen fiskalisch strafbarer Handlungen nach Art. 15 Ziff. 2 RHG wurde ab dem 1. Januar 2016 möglich bei Rechtshilfeersuchen der ausländischen Justizbehörde, welche sich auf Steuerjahre oder Veranlagungszeiträume beziehen, die am oder nach dem 1. Januar 2016 beginnen.
Während also durch eine Anpassung von Art. 51 Abs. 1 Ziff. 1 RHG der generelle Fiskalvorbehalt aufgehoben worden ist und die Leistung der Rechtshilfe für Fis-
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kalstraftaten nach den vorgenannten Kriterien seit dem 1. Januar 2016 möglich ist, wurde Art. 64 RHG, der die Vollstreckung einer Entscheidung eines ausländischen Gerichts, mit der eine Geld- oder Freiheitsstrafe, eine vorbeugende Massnahme oder eine vermögensrechtliche Anordnung rechtskräftig ausgesprochen worden ist, zum Inhalt hat, nicht angepasst. Um auch hier Rechtshilfe durch die Vollstreckung einer ausländischen vermögensrechtlichen Anordnung - beispielsweise eine Verfallsentscheidung - zu ermöglichen, wird Art. 64 Abs. 1 Ziff. 3 RHG entsprechend angepasst. Weiterhin nicht vollstreckbar sind ausländische Entscheidungen in Fiskalstrafsachen, mit denen eine Geld- oder Freiheitsstrafe sowie eine vorbeugende Massnahme rechtskräftig ausgesprochen worden sind.
Die vorgesehene Anpassung entspricht einer Empfehlung von Moneyval aus der letzten Länderevaluationsrunde 2014 und ist auch im Hinblick auf die anstehende erneute Moneyval Evaluation notwendig. Die Empfehlung aus 20146 bezieht sich ausdrücklich auf FATF Empfehlung 38, die explizit auch "repatriation" und "sharing of confiscated assets" beinhaltet. Im Hinblick auf die anstehende erneute Moneyval Evaluation ist zudem festzuhalten, dass neben der "technical compliance" auch die "effectiveness" der Umsetzung der FATF-Standards geprüft wird. Diese Prüfung der Effektivität der Massnahmen erfolgt auf der Grundlage von sogenannten "Immediate Outcomes". In "Immediate Outcome 8" (Proceeds and instrumentalities of crime are confiscated) wird Folgendes explizit festgehalten:
"Criminals are deprived (through timely use of provisional and confiscation measures) of the proceeds and instrumentalities of their crimes (both domestic and foreign) or of property of an equivalent value. Confiscation includes proceeds recovered through criminal, civil or administrative processes; confiscation arising
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from false cross-border disclosures or declarations; and restitution to victims (through court proceedings). The country manages seized or confiscated
assets, and repatriates or shares confiscated assets with other countries. Ultimately, this makes crime unprofitable and reduces both predicate crimes and money laundering."7
Damit ergibt sich die Notwendigkeit der gegenständlichen Anpassung sowohl aus der Moneyval Evaluation von 2014, dem entsprechenden technischen FATF-Standard als auch im Hinblick auf die anstehende Moneyval Evaluation aus Immediate Outcome 8.



 
1LGBl. 2000 Nr. 215.
 
2Das Prinzip der beiderseitigen Strafbarkeit bedeutet, dass für die Rechtshilfeleistung die dem Ersuchen zugrunde liegende Straftat sowohl nach dem Recht des ersuchenden Staates als auch nach dem Recht des ersuchten Staates mit gerichtlicher Strafe bedroht ist.
 
3Unter kleiner Rechtshilfe wird die Unterstützung des ersuchten Staates für den ersuchenden Staat durch die Befragung von Zeugen, Auskunftspersonen oder Beschuldigten, die Herausgabe oder Sicherstellung von Beweismitteln oder anderen Schriftstücken, die Hausdurchsuchung und Beschlagnahme, die Herausgabe oder Sicherstellung von Vermögenswerten und die Zustellung von Vorladungen, Urteilen und anderen Gerichtsakten verstanden.
 
4LGBl. 2010 Nr. 340.
 
5LGBl. 2009 Nr. 330.
 
6Siehe unter https://rm.coe.int/report-on-fourth-assessment-visit-anti-money-laundering-and-combating-/1680716b84, Recommended Action Plan, S. 365, Punkt 6.3.
 
7Nicht offizielle Übersetzung der englischen Textpassage: "Kriminellen werden (durch rechtzeitige Anwendung vorläufiger Massnahmen und von Einziehungsmassnahmen) die Erträge und die Tatwerkzeuge ihrer Verbrechen (im In- und Ausland) oder das Eigentum von gleichem Wert entzogen. Die Einziehung umfasst Erlöse, die durch strafrechtliche, zivilrechtliche oder administrative Verfahren eingezogen werden; Einziehungen aufgrund falscher grenzüberschreitender Angabepflichten oder Meldungen; und Rückerstattung an die Opfer (durch Gerichtsverfahren). Der Staat verwaltet beschlagnahmte oder eingezogene Vermögenswerte und führt diese in den Herkunftsstaat zurück oder teilt sie mit anderen Staaten. Dies macht Kriminalität letztendlich unrentabel und reduziert sowohl Vortaten als auch Geldwäsche."
 
LR-Systematik
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3
33
LGBl-Nummern
2020 / 311
2020 / 310
Landtagssitzungen
08. Mai 2020
Stichwörter
Ein­tra­gung und Til­gung von vor­beu­genden Mass­nahmen nach § 21 Abs. 1 des Strafgesetzbuches
Rechts­hil­fe­ge­setz
Rechts­hil­fe­lei­stung für die aus­län­di­sche Justizbehörde
Straf­re­gister
Til­gung gericht­li­cher Verurteilungen
Ver­falls­ent­schei­dung in einem Steuerbetrugsverfahren
Voll­streckung von aus­län­di­schen Gerichtsentscheidungen