Berichte und Anträge
Regierungskanzlei (RK)
BuA - Nummer
2010 / 79
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Ein­lei­tung
I.Bericht der Regierung
1.Aus­gangs­lage
2.Anlass / Not­wen­dig­keit der Vor­lage / Begrün­dung der Vorlage
3.Schwer­punkte der Vorlage
4.Ver­nehm­las­sung
5.Erläu­te­rungen zu den ein­zelnen Bes­tim­mungen unter Berück­sich­ti­gung der Vernehmlassung
6.Ver­fas­sungs­mäs­sig­keit / Rechtliches
7.Per­so­nelle, finan­zi­elle, orga­ni­sa­to­ri­sche und räum­liche Auswirkungen
II.Antrag der Regierung
III.Regie­rungs­vor­lagen
1.Gesetz über die Schaf­fung des Ausserstreitgesetzes
2.Gesetz über die Abän­de­rung der Zivilprozessordnung
3.Gesetz über die Abän­de­rung der Jurisdiktionsnorm
4.Gesetz über die Abän­de­rung des All­ge­meinen bür­ger­li­chen Gesetzbuches
5.Gesetz über die Abän­de­rung des Per­sonen- und Gesellschaftsrechts
6.Gesetz über die Abän­de­rung des Ehegesetzes
7.Gesetz über die Abän­de­rung des Sachenrechts
8.Gesetz über die Abän­de­rung des Rechtspflegergesetzes
9.Gesetz über die Abän­de­rung der Rechts­si­che­rungs-Ordnung
10.Gesetz über die Abän­de­rung des Gerichtsgebührengesetzes
 
Bericht und Antrag der Regierung an den Landtag des Fürstentums Liechtenstein
betreffend die Schaffung eines Ausserstreitgesetzes
(samt Begleitgesetze: ZPO, JN, ABGB, PGR, EheG, SR, RechtspflegerG, RSO und GGG)
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Das im Jahr 2012 bevorstehende Jubiläum "200 Jahre ABGB in Liechtenstein" veranlasste die Regierung im Sommer 2007 dazu, zwecks Aktualisierung der in Liechtenstein seit 1812 in Geltung stehenden Zivilrechtskodifikation die Projektgruppe "200 Jahre ABGB" ins Leben zu rufen. In einem ersten Schritt legt die Regierung nach dem Sachwalterrecht nun ein neues Ausserstreitgesetzes vor.
Die meisten Gerichtsangelegenheiten werden im "streitigen Verfahren", dem Zivilprozess, behandelt. Daneben steht für besondere Materien das "Ausserstreitverfahren" zur Verfügung. Es handelt sich somit um die Materien, die "ausser(halb) des Streitverfahrens" behandelt werden sollen. Dabei geht es regelmässig um Belange, in denen die Parteien besonders schützenswürdig und die Rolle des Richters als "Begleiter" und nicht nur als "Entscheider" zu sehen ist.
Die heutigen gesetzlichen Regelungen sind unübersichtlich und zum Teil widersprüchlich. Mit der gegenständlichen Gesetzesvorlage wird ein zeitgemässes Gesetz geschaffen. Als Rezeptionsgrundlage diente das österreichische Ausserstreitgesetz.
In einem ausführlichen Allgemeinen Teil werden die Grundsätze des ausserstreitigen Verfahrens zusammengefasst. Der Allgemeine Teil zeichnet sich durch eine klare Gliederung, eine einfache Sprache und ausreichende Flexibilität in den Vorgaben für die Richter aus. Zwecks Übersichtlichkeit und besserer Verständlichkeit wird - abweichend von der österreichischen Rezeptionsvorlage - jeder Artikel mit einer Sachüberschrift versehen; Zwischenüberschriften gruppieren die Artikel nach Themen und erleichtern das Finden von Bestimmungen.
Die allgemeinen Bestimmungen regeln ein Verfahren mit amtswegiger Sachverhaltsfeststellung (Untersuchungsprinzip), rechtlichem Gehör sowie einer unformalistischen Behandlung der Anträge. Dabei wird ebenso viel Augenmerk auf die Unterstützung der Verfahrensbeteiligten im Verfahren wie auch auf die Effizienz des Verfahrens gelegt.
Zudem klären das neue Gesetz und die notwendigen Begleitgesetze, was im Zivilprozess und was im Ausserstreitverfahren behandelt werden soll. Neu sollen zum Beispiel alle Unterhaltsfragen zwischen Grosseltern, Eltern und Kinder in diesem
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Verfahren abgewickelt und entschieden werden. Auch die Abstammungsverfahren (Vaterschaftsfragen) sollen einheitlich in dieser Verfahrensart behandelt werden. All diesen Verfahren ist gemeinsam, dass der Richter bei der Sachverhaltsfeststellung besonders mitwirken muss (Untersuchungsgrundsatz), und dass öfters mehrere Parteien involviert sind, wofür das flexiblere Ausserstreitverfahren geeigneter ist als der Zivilprozess.
Das Verfahren bei Scheidungen im Einvernehmen wird ebenfalls im Ausserstreitgesetz geregelt. Neu sollen in jedem Fall (auch bei streitigen Scheidungen) die Nebenfolgen im Ausserstreitverfahren behandelt werden.
Das Verlassenschaftsverfahren (Erbschaftsverfahren) wird auf neue Beine gestellt. Die heute formell geltende gesetzliche Grundlage stammt aus der Mitte des 19. Jahrhunderts und ist zum grössten Teil überholt. Das Ausserstreitgesetz legiferiert daher das, was sich in den letzten Jahrzehnten in der Praxis als bewährt erwiesen hat und systematisiert dies. Neu wird zudem der Erbrechtsstreit - also der Streit, wer das bessere Erbrecht hat - in das Verlassenschaftsverfahren integriert. Dies beschleunigt das Verfahren und macht es für alle Beteiligten kostengünstiger.
Zuständiges Ressort
Ressort Justiz
Betroffene Stellen
Landgericht, Obergericht, Oberster Gerichtshof, Gemeinden, Staatsanwaltschaft
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Vaduz, 8. Juni 2010
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Sehr geehrter Herr Landtagspräsident,
Sehr geehrte Frauen und Herren Abgeordnete
Die Regierung gestattet sich, dem Hohen Landtag nachstehenden Bericht und Antrag betreffend die Schaffung eines Ausserstreitgesetzes sowie die Abänderung weiterer Nebengesetze zu unterbreiten.
1.1Projekt "200 Jahre ABGB"
Im Fürstentum Liechtenstein hat die Rezeption ausländischen Rechts eine lange Tradition. Die Rezeption österreichischen Rechts setzte offiziell mit der Fürstlichen Verordnung vom 18. Februar 1812 ein, mit welcher - nebst einer Reihe anderer Gesetze - auch das österreichische Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (öABGB) in Liechtenstein in Kraft gesetzt wurde.
Das im Jahr 2012 bevorstehende Jubiläum "200 Jahre ABGB in Liechtenstein" veranlasste die Regierung im Sommer 2007 dazu, zeitgerecht ein umfassendes und aufwendiges Projekt in Angriff zu nehmen: die Aktualisierung der in Liech-
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tenstein seit 1812 in Geltung stehenden Zivilrechtskodifikation unter Einschluss des Verfahrensrechts und etwaiger Nebengesetze.
Aufgrund der Entscheidung der Regierung vom 12. Juni 2007 wurde die Projektgruppe "200 Jahre ABGB" ins Leben gerufen, welche sich aus externen wissenschaftlichen Experten der Universität Wien sowie Vertretern des Landgerichtes und der Liechtensteinischen Rechtsanwaltskammer zusammensetzt. Die Projektgruppe nahm bereits im August 2007 die Arbeit auf. Im April 2009 hat Justizministerin Dr. Aurelia Frick die Leitung dieser Projektgruppe übernommen. Die Aufgabe der Projektgruppe besteht darin, das gesamte Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (ABGB), mithin also der grössere Teil des Zivilrechts, und soweit nötig auch andere betroffene Gesetze (Ehegesetz, teilweise PGR etc.) einer Aktualisierung und Modernisierung zu unterziehen. Dabei ist auf die Rechtslage in den Herkunftsländern des rezipierten Rechts Bedacht zu nehmen und zu prüfen, ob und inwieweit Rechtsänderungen nachzuvollziehen und Anpassungen vorzunehmen sind. Die Vorgehensweise wurde dahingehend festgelegt, dass einer Reform in Etappen gegenüber einer Gesamtrevision der Vorzug eingeräumt wurde. Darüber hinaus hat die Projektgruppe eine vollständige Rückschau auf sämtliche Rechtsänderungen vollzogen, welche von den beiden Nachbarstaaten Österreich und der Schweiz in der Vergangenheit vorgenommen wurden. Es wurde dabei insbesondere geprüft, ob und in welcher Form eine Übernahme für Liechtenstein sinnvoll erscheint. Dabei wurden auch die Auswirkungen auf die übrige Rechtsordnung berücksichtigt.
Da zwischen den Mitgliedern der Projektgruppe Einigkeit darüber erzielt wurde, dass prioritär eine Revision des ABGB im Bereich des Sachwalterrechts angezeigt ist und damit die Schaffung der entsprechenden verfahrensrechtlichen Bestimmungen im Ausserstreitgesetz einhergeht, werden die entsprechenden Gesetzesvorlagen in zeitlichem Zusammenhang dem Landtag unterbreitet. Dies er-
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scheint aus Gründen der engen rechtlichen Verknüpfung der Vorlagen jedenfalls angebracht und zweckmässig. Die Gesetzesvorlagen im Sachwalterrecht sowie dem Ausserstreitgesetz stellen den ersten Abschnitt der Arbeit der Projektgruppe dar. In einem zweiten Schritt sollen - sofern der Landtag diesen Anträgen folgt - das Mietrecht novelliert und die Patientenverfügung eingeführt werden. Die diesbezüglichen Arbeiten sind bereits angelaufen, und es werden voraussichtlich noch im Laufe dieses Jahres konkrete Ergebnisse präsentiert werden können.
Aufgrund der Zusammensetzung der Arbeitsgruppe und der erfolgten Vernehmlassung bei interessierten Kreisen konnten die wesentlichen Aspekte der Praxis sowie der Wissenschaft miteingebunden werden. Somit kann von einem aktuellen und zeitgemässen Standard ausgegangen werden, welcher die entsprechende Rechtssicherheit garantiert.
LR-Systematik
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LGBl-Nummern
2010 / 463
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2010 / 457
2010 / 456
2010 / 455
2010 / 454
Landtagssitzungen
22. September 2010
Stichwörter
Abstam­mungs­ver­fahren (Vater­schafts­fragen), Ausserstreitverfahren
Aus­ser­streit­ge­setz, Schaffung
Aus­ser­streit­ver­fahren
Ver­fahren bei Schei­dungen im Ein­ver­nehmen, Ausserstreitverfahren
Ver­las­sen­schafts­ver­fahren (Erb­schafts­ver­fahren), , Ausserstreitverfahren
Zivil­ge­richt­li­ches Verfahren
Zivil­pro­zess